Lausitz bekommt Anschluss an Europa

Es gibt Hoffnung für die Zukunft der Lausitz. Die vier vom Kohleausstieg betroffenen Länder haben sich auf die wichtigsten Verkehrsprojekte geeinigt. Lange wurde darüber gestritten – jetzt liegt das Ergebnis vor. Für die Lausitz bedeutet das den Anschluss an innereuropäische Güterverkehrs-Magistralen und damit an die Metropolregionen in Deutschland und Polen.

Die Bundesregierung hatte bereits signalisiert, die Projekte zu finanzieren, allerdings die Zahl der Vorhaben begrenzt. So waren die Länder gefragt, den Bedarf zu hinterfragen und zehn notwendigste Verkehrsprojekte zu listen. Darunter befinden sich Vorhaben, welche für regionale Wirtschaftsentscheider bereits seit langem als dringlich gelten. Dazu gehört der Ausbau der Eisenbahnverbindung Berlin- Cottbus-Görlitz zur ICE- Trasse. Wenn die Fahrzeit zwischen Berlin und Cottbus dann nur noch geschätzte 45 Minuten dauert, könnte das Unternehmen veranlassen, ihren Sitz von der Hauptstadt in die Lausitz zu verlagern. Zudem würden die Wohnstandorte in Südbrandenburg interessanter und auch mehr Fachkräfte anziehen. Außerdem sollen die Schienenwege Cottbus-Forst sowie Görlitz-Zittau, Görlitz-Bautzen-Dresden elektrifiziert und Cottbus-Leipzig wie auch Cottbus-Dresden über Senftenberg als auch Hoyerswerda zu Hochgeschwindigkeitsstrecken entwickelt werden.

Der seit langem geforderte Ausbau der Autobahn A 13 zwischen Dreieck Spreewald und Kreuz Schönefeld soll kommen, die Mitteldeutschland-Lausitz Trasse (Milau) als dreistreifige Bundesstraße erweitert werden und die Lausitz damit an einen weiteren Flughafen, Halle-Leipzig, anschließen. Auch der Ausbau der B 97 Cottbus-Hoyerswerda-Dresden steht im Plan. Bislang scheiterte die Umsetzung dieser bekannten Themen immer daran, dass Bund erst dann aufrüsten wollte, wenn industrielle Großprojekte in der Region tatsächlich feststehen. Die Verantwortlichen der Kohleregion hielten jedoch immer dagegen, dass keine neuen Investoren gewonnen werden können, wenn die Verkehrsstruktur nicht stimmt. Diese Meinungsverschiedenheit scheint jetzt vom Tisch.

Mehr noch – der Fokus auf diese Projekte erlaubt eine beschleunigte Umsetzung und gesicherte Finanzierung. Denn für die Umsetzung sind sogenannte Maßnahmegesetze angedacht. Dahinter verbirgt sich ein gesetzgeberischer Sonderweg, der ein erheblich schnelleres Planen und Beschließen ermöglicht.  Im herkömmlichen Bundesverkehrswegeplan würden die vorliegenden Projekte sonst nicht als dringlich betrachtet werden. Die Folge: Wartezeiten bis zum Startschuss von bis zu zehn Jahren und länger. Dr. Jens Krause, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus, fordert deshalb: „Alles muss in den nächsten zehn Jahren umgesetzt sein. Bislang dauerte alles viel, viel zu lange. Die Maßnahmen müssen nun fest in ein Gesetz zum Strukturwandel integriert werden, damit daran bis zum Kohleausstieg 2038 nicht mehr gerüttelt werden kann.“

ICE, Autobahn und Bundesstraßen für die Lausitz

Dr. Klaus Freytag bestätigt das und fügt hinzu: „Dann sind die Bundestagsabgeordneten dran. Die müssen das beschließen.“ Der Lausitz-Beauftragte zeigt sich hier optimistisch: „Das Glas ist halbvoll.“
Für den Hoyerswerdaer Oberbürgermeister Stefan Skora ist die Einigung zu den Verkehrsprojekten „ein positives Zeichen.“ Er wünscht sich jedoch zukünftig auch die Berücksichtigung weiterer lokaler Projekte „Auch die waren Bestandteil eingereichter Strategiepapiere.“
Skoras Amtskollege in Weißwasser, Torsten Pötzsch, Sprecher der Lausitzrunde, findet es gut, „das auch in der Corona-Zeit weiter daran gearbeitet wird. Aber es gibt noch viel Gesprächsbedarf.“ Befremdlich ist für ihn, dass beim ICE-Ausbau Weißwasser als Haltepunkt fehlt: „Das muss klargestellt werden.“
Die Spremberger Bürgermeisterin Christine Herntier, ebenfalls Sprecherin der Lausitzrunde, meint, dass noch nachgebessert werden muss: „Wir brauchen noch eine Verbindung zwischen den Oberzentren Cottbus und Zielona Gora. Die Wiederbelebung der Strecke Leipzig-Cottbus-Poznań muss zu den Flaggschiffprojekten gehören.“ Sie fordert zudem ein Gesamtkonzept für den Strukturwandel im Zusammenhang mit dem Kohleausstieg: „Wir brauchen weitere Investitionsanreize.“
Rainer Schubert, Geschäftsführer der CIT GmbH, der Wirtschaftsförderung des Landkreises Spree-Neiße, sagt: „Immer wieder wurden die Verhandlungsergebnisse der Kohlekommission in Frage gestellt. Es sind endlich Taten gefragt.“ Seine Erwartungen sieht er erst erfüllt, wenn das Bundesgesetz vorliegt.
Aus der Sicht von Heiko Jahn, Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Lausitz GmbH, ist alles berücksichtigt: „Ich bin mit der Einigung sehr einverstanden. “
Auch der Landrat von Bautzen, Michael Harig, ist optimistisch, was die Umsetzung betrifft. Er geht allerdings davon aus, dass die Projektübersichten „noch nicht abschließend sind“.
Für Dr. Markus Binder, Vorsitzender der Wirtschaftsinitiative Lausitz (WiL), wurde „ein wichtiger Schritt“ vollzogen. Gewünscht hätte er sich jedoch einen Ausbau der B178 entlang der Grenze zu Polen.
Marietta Tzschoppe ,  Bürgermeisterin in Cottbus begrüßt die Einigung – „wenn die Verabredungen verbindlich sind.“  Die Stadt profitiert sehr von der Stärkung des Bahnknotens, obendrein plant die Deutsche Bahn hier die ICE-Instandhaltung. Marietta Tzschoppe fehlt jedoch die Anbindung des TIP-Geländes an Autobahn und die Gleisstrecke.
Roland Peine, technischer Geschäftsführer der ASG Spremberg GmbH, sagt: „Die beschlossenen Projekte stärken die Rolle des Industrieparks Schwarze Pumpe als industrielles Herz der Lausitz.“  Damit werde Zukunftsfähigkeit an Investoren ausgestrahlt.

C.M.Schwab

 

 

 

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