Grand Hand Ouvert

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Eine Reise zur Skatstadt Altenburg

„Wir haben hier öfter solche Leute wie euch!“ lacht die Kellnerin des Restaurants, „Wenn ihr irgendwo Skat spielen könnt, dann in Altenburg!“ Aber hallo, deswegen sind wir hier, das wollen wir hören! Der Cottbuser Skatklub „Morgenröte“ nimmt Platz und bestellt vier große Bier.

Altenburger Skatbrunnen

Altenburg – das ist bekannt – ist die Wiege des Skatspiels und so gehört es für alle passionierten Spielenden dazu, einmal im Leben in die alte Residenzstadt zu pilgern. Seit 1990 gehört Altenburg zum Freistaat Thüringen, und das, obwohl bei einer Volksbefragung die Mehrheit sich knapp für Sachsen entschieden hatten. Die Politik bestimmte anders und so ist dieser Punkt bis heute ein Reizthema.

Die Stadt schaut auf eine lange Historie zurück, angefangen vom Stauferkaiser Barbarossa der im 12. Jahrhundert in Altenburg Hof hielt, über Martin Luther der hier 1519 vom päpstlichen Gesandten vergeblich zum Schweigen gebracht werden sollte, oder Johann Sebastian Bach, der 1739 die neue herausragende Orgel in der Schlosskirche begutachtete, bis hin zum großen Thema Spielkarten und Erfindung des Skatspiels. Das Altenburg kaum zerstört wurde, erfreut das Auge des Besuchers, denn der geschlossene Altstadtkern bietet viele architektonische Kleinode aus unterschiedlichen Epochen. Aber, auch das sieht man sofort, Altenburg hat einst bessere Tage gehabt. Ganze Straßenzüge müssten dringend restauriert werden. Ein Bild, das wir auch aus anderen ostdeutschen Städten kennen.

Im Spielkartenmuseum

Wie ist das nun mit dem populärsten Kartenspiel der Deutschen? Schließlich wurde 2016 das Skatspiel von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe aufgenommen und gehört damit, zum Beispiel neben der Deutschen Brotkultur oder dem Märchenerzählen, zu den rund neunzig immateriellen Kulturgütern Deutschlands. Für alle Antworten besuchen wir das Spielkartenmuseum im Schloss Altenburg.

Die Verwendung und Herstellung von Spielkarten ist auch in Altenburg viel älter als der Erfolgsknüller Skat. Die Ausstellung beginnt mit der historischen Entwicklung von Spielkarten und zeigt alte Exponate und Druckerplatten. Amüsant ist das Regelwerk aus dem Jahre 1583: „Newe Straffordnung – Wer denen fleißigen Spielern über die Achseln gucket / also daß ine eyn heiße Angst wurt / den soll man bald verjagen und heißt ihn ein Kiebitz. Wer aber die Karte von zween Spielern beglotzert hat und kommt im eyn Lüftleyn / eynem etwas kundzuthun durch Klappern mit den Augen oder er schwatzet mit dem Maul / den soll man pönitiren um 30 pfennige in guter Müntz oder eyn Krügelein voll Märtzbier zu gemeynem Besten / dann verjag ihn. Wer aber bedünktet / so voll Weisheit zu seyn / das Er den Spielern will Rat geben / oder sagen es habe eynes nicht recht gespielet / den soll man auf seyn Maul schlagen / auch ime das Käpplein über die Ohren treyben / denn er ist eyn Esel / dazu soll man ihn verstäupen und werffe ihn auf die Gaß.“ Oha…

Glückwunsch: Grand Hand Ouvert

Skat wird erstmalig in Altenburger Salons im Jahre 1813 datiert. Gleich vier Kartenspiele standen Pate: Aus dem alten italienischen „Tarock“ wurde der Spielname „Skat“ abgeleitet (ital. scatare = weglegen), die vier Buben lieferte das erzgebirgische Spiel „Schafskopf“, vom süddeutschen „Solospiel“ stammten die Karten zu 32 Blatt und aus dem spanischen „L´hombre“ wurde das Reizen übernommen. Schnell verdrängte Skat die geläufigen Spiele und begann seinen Siegeszug durch Deutschland. Das führte natürlicherweise dazu, dass allerorten nach unterschiedlichen Regeln gespielt wurde. Im Jahre 1886 fand in Altenburg der 1. Deutsche Skatkongress mit mehr als tausend Teilnehmern statt. Ziel war es, ein allgemeines Regelwerk zu formulieren. Man einigte sich auf die vom Leipziger Amtsgerichtsarzt Karl Buhle entworfenen Skatordnung. 1899 wurde in Altenburg der Deutsche Skatverband gegründet, der nach der Teilung Deutschlands in Bielefeld saß, bis er 2001 nach Altenburg zurückkehrte. Außerdem tagt in Altenburg das Internationale Skatgericht. 

Im Spielkartenmuseum gibt es viel Wissen rund um das Thema Karten. Leider ist die Ausstellung nicht wirklich für Familien zu empfehlen. Obwohl das Thema „Kartenspiel“ vielerlei tolle Ansätze bietet, kommen die Räume über Schaukasten und Infotafel nicht hinaus. Old-Style in Altenburg.

Residenzschloss Altenburg

Dafür gibt es großen Spaß am Skatbrunnen in der Altstadt. Das einzige Denkmal weltweit, welches für ein Kartenspiel gebaut wurde. 1903 wurde der Brunnen aus privaten Spenden errichtet. Auf dem Sockel kämpfen die vier Wenzel um die Vorherrschaft, wobei der „Eichel Unter“ gewinnt. Wer hierherkommt und seine Spielkarten im Wasser des Brunnens tauft, so sagt die Legende, hat immer Glück im Spiel. Das ließen wir uns nicht nehmen und weihten unsere Altenburger Spielkarten mit großem Tamtam und siehe da, unserem Skatbruder Michael wird am Abend das höchste Spiel beim Skat ausgeteilt: ein Grand Hand Ouvert!

Daniel Ratthei

Mein Tipp: Wer nach Altenburg reist, sollte unbedingt den Historischen Friseursalon in der Altstadt besuchen. Als der Friseurmeister Artur Grosse 1966 seinen Salon abschloss, in den Ruhestand ging und irgendwann verstarb, wurde das Geschäft erst 2001 von den Erben wieder „entdeckt“. Der gesamte Salon stammt original aus den 20er Jahren und verfügt über eine komplett erhaltene und funktionsfähige Ausstattung. Ein echter Geheimtipp.      

   

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