Auf den Spuren der Lubina

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Das 30. FilmFestival Cottbus ist Geschichte, die Preisträger sind gekürt. HERMANN-kunststoff macht sich auf, um Beate Bolender, die Schöpferin der Preisfigur „Lubina“ kennenzulernen.

Wir besuchen die Künstlerin in Kasel-Golzig. An einer Holzwand hängen gläserne Gesichter, großäugig und körperlos scheinen sie uns nachzusehen, als wir den verwunschenen Garten betreten. Farbige Figurinen leuchten in der Wintersonne. Im lichtdurchfluteten Atelier erwartet uns Frau Bolender.

Wie sind Sie zur Glaskunst gekommen?

Meditationsstuhl. Beitrag zur Aquamediale 2010.

Bolender: Nach meinem Studium an der Pädagogischen Hochschule und der Kunsthochschule in Dresden habe ich erstmal als Kunstlehrerin am Gymnasium gearbeitet. Das ging einige Jahre gut, doch dann reichte es mir. Das Problem: Zu Ostzeiten kam man nicht raus aus diesem Beruf. Nun, irgendwie habe ich es dann doch geschafft und absolvierte in Dresden ein Volontariat als Kunstglaserin und Glasmalerin in einer Firma, die Kirchenfenster restaurierte. Und in diesem zweieinhalb Jahren habe ich so Blut geleckt, ich merkte, dass ich unbedingt weiter mit Glas arbeiten wollte. Nach dem Abschluss habe ich peu à peu daran gearbeitet, mich selbstständig zu machen. […] Ich machte meine Meisterausbildung zur Glasmalerin auf Burg Giebichenstein. Mit dem Meisterbrief in der Tasche durfte ich mich dann als Restaurateurin selbstständig machen. In den ersten Jahren hatte ich ganz viele Aufträge, um Kirchenfenster zu restaurieren. Ich arbeitete mit Künstlern zusammen, die Kirchenfenster entworfen haben. Und ich begann selbst, Fenster neu zu gestalten.

Heute zieren die unverwechselbaren Arbeiten von Frau Bolender viele öffentliche Gebäude in der Region. Sie designt auch wundervolle Gebrauchsgegenstände. Und ihre Glaskunst wurde seit 1981 vielfach ausgestellt. 2010 war die Künstlerin Stipendiatin der Aquamediale. Charakteristisch für ihre Werke ist eine erstaunliche Lebendigkeit. Die zeigt sich nicht zuletzt in den starken, leuchtenden Farben und im Ausdruck der Figuren. Viele der Arbeiten wirken verspielt. Und wenngleich manche Motive immer wieder vorkommen – die sprechenden Köpfe, die Spirale als Symbol des Lebens – scheinen der Formenreichtum und die Experimentierfreude der Glaskünstlerin schier unerschöpflich.

Wie arbeiten Sie: aus dem Bauch heraus oder eher konzeptionell und mit detaillierten Entwürfen?

Die Künstlerin in ihrer Werkstatt.

Bolender: Ich fertige meistens ganz viele Entwürfe an. Und ich notiere mir Ideen – gekritzelt wird immer, wo ich gehe und stehe.

Inwiefern prägt ihre vielseitige handwerkliche Ausbildung Ihre Kunst?

Bolender: Um eine künstlerische Vision umzusetzen, kombiniere ich gerne die verschiedensten handwerklichen Fertigkeiten, die ich mir im Lauf meines Lebens angeeignet habe.

Was fasziniert Sie derzeit besonders, an welchen Projekten arbeiten Sie?

Bolender: Derzeit beschäftige ich mich vor allem mit der Kombination aus Gemälden und Glas. Dafür male ich zunächst ein Bild und lege dann ein speziell geformtes Glasraster darüber. Wenn nun Licht darauf scheint, fallen die Schatten des Rasters auf das Papier und werden ein Teil des Bildes.

Sie haben 2001 eine ausgedehnte Studienreise nach China unternommen. Wie hat diese Reise Ihre Kunst beeinflusst?

Im Atelier steht heute eine Schar Lubinas.

Bolender: Grundsätzlich interessieren mich Menschen. Daher sind auch die Köpfe ein immer wiederkehrendes Motiv in meiner Arbeit. Und entsprechend interessieren mich die Menschen in anderen Kulturen, gerade in China, wo das Leben so sehr anders ist als hier.

Sehr beeindruckt hat mich die Verbotene Stadt in Peking. Die Architektur dort ist unbeschreiblich. Und die Farben! Ein ganz besonderes Rot, mit Gold gemischt, das ist wunderbar. […]

Im Süden bin ich auch der Pekingoper begegnet, die ist für mich das komplexeste Kunstwerk überhaupt – was das Bühnenbild betrifft und diese Kombination aus Farben, Klängen, fantastischer tänzerischer Bewegung – und Klamauk. Diese Erfahrung hat mich dazu inspiriert, Miniaturbühnen zu gestalten. Dabei arbeitet man auf verschiedenen Ebenen, kombiniert eine gestaltete Rückwand mit szenisch angeordneten Figuren im Vordergrund.

Die „Köpfe“ sind ein wiederkehrendes Motiv

In China spielt ja die Emaillearbeit eine große Rolle. Und auch wenn ich selbst nicht mit Emaille arbeite, habe ich mir doch die intensive Farbigkeit abgeguckt, die ich sehr liebe. Auch meine Formensprache ist durch all die Eindrücke noch reicher geworden.

Überhaupt bringe ich von meinen Reisen vielfältige Inspirationen mit. Und außerdem muss ich gelegentlich von meinem Wald hier Abstand kriegen, damit ich mich nicht festfahre mit irgendeiner Wut. Befindlichkeiten haben keinen Platz in der Kunst.

Erwähnenswert sind auch die Kasel-Golziger Werkstatttreffen, zu denen die Künstlerin zwischen 1992 und 2011 jährlich ausgewählte Musiker, Wissenschaftler und bildende Künstler einlud.

Doch was ist eigentlich mit der Lubina? Die war ja der Ausgangspunkt unserer Reise. Und just an dem Tag, an dem wir Frau Bolender besuchen, steht eine kleine Schar von Lubinas im Atelier, bereit, von André Stein abgeholt zu werden.

Was macht Ihre Lubina aus?

Bolender: Die Ruhe, die sie ausstrahlt, die Stabilität ihres Körpers – und ihre große Freude über das Gewinnen, gepaart mit einem Hauch Arroganz. Das dunkle Blau steht für das Bodenständige, Schwere. Und auf ihrem Kleid sehen Sie meine Geheimschrift, die kommt auch in einigen meiner Bilder vor.

Ihr Beitrag zur FFC-Kunstaktion #LubinaLove zeigt ja eine Vielzahl an Figuren. Was ist der Hintergrund, hat die Lubina etwa eine Wahlfamilie?

Bolender: Das sind alles Lubinas und die feiern 30 Jahre Filmfestival! Das ist die ganze Erklärung.Interview:

Jasper Backer

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