Clubarbeit im LC Cottbus läuft angebremst weiter

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Wohl hatten wir in der Dezember-Ausgabe in aller Vorfreude einen Beitrag zum bevorstehenden 19. Internationalen Springermeeting von Cottbus veröffentlicht, doch holten die Tagesaktualitäten sowohl die Veranstalter als auch die begleitenden Medienpartner ein. Die neuerlichen Vorgaben der Politik machten die Durchführung der Traditionsveranstaltung absolut unmöglich. Ob und wann das Springermeeting im neuen Jahr nachgeholt werden kann, ist derzeit unvorhersehbar. Dagegen wird der Trainingsbetrieb im LC Cottbus, wenn auch in anderer Form, weitergeführt. Wir baten Vizepräsident Ulrich Hobeck zum Gespräch …

 Uli Hobeck, man kann Sie wirklich nicht beneiden. Erst müssen Sie die Absage des 19. Springermeetings bekannt geben, Tage später meldet sich mit der Hindernisläuferin Blanka Dörfel eine der beiden großen Hoffnungen vom LCC ab und schließt sich dem SC Charlottenburg an. Was hat man bei Ihrem Club nur falsch gemacht, was die 18-Jährige veranlasst hat, nach Berlin abzuwandern?

Constantin Schulz lief bei der U 20-EM in Grosseto ins 800-m-Halbfinale. Hier beim 2020er-Oktoberlauf des LCC  Foto: Frank Hammerschmidt

Zunächst muss ich grundsätzlich feststellen, dass sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen aktuell immer weiter verändern. Was bezüglich Blanca Dörfel heißt, dass wir sie vielleicht außerhalb von Training und Wettkampf hätten noch besser begleiten müssen. Aber ihr neuer Club in Charlottenburg und damit das „Events Pro Team“ dürfte auch finanziell besser aufgestellt sein, wogegen unser wirtschaftliches Potential in Cottbus nicht ausreicht, um da mitzuhalten. Außerdem stammt Bianca ja aus Bernau, auch diese Tatsache hat bei ihrem Vereinswechsel bestimmt eine recht große Rolle gespielt.

 Was trauen Sie Bianca sportlich zu? Werden wir das bisherige Mitglied des LC Cottbus in ein paar Jahren vielleicht sogar bei Olympia sehen?

Sie hat ein Riesenpotential und eine unglaubliche Willenskraft. Aber sie muss daneben auch körperlich stabil bleiben. Für sie wird wichtig sein, ihr Gewicht stets über 40 Kilo zu halten, Darauf wird mit Sicherheit auch ihr Verbandstrainer achten und sie dabei unterstützen. Wenn alles passt, wird sie zweifellos auch international in Erscheinung treten. Bis Olympia ist es für Bianca dennoch ein weiter Weg.

 So bleibt dem Cottbuser Leichtathletik-Traditionsclub auch nach dem leistungssportlichen Abschied der Europameisterin Antje Möldner-Schmidt im Januar 2020 nur noch die 400-m-Spezialistin Marie Scheppan als Hoffnungsträger für internationale Erfolge.

 Marie Scheppan und ihr Trainer Rainer Kruk. Foto: Frank Hammerschmidt

 Sie ist tatsächlich unsere große Hoffnung, was auch internationale Erfolge betrifft. In den jüngsten Jahren hat sie eine recht gradlinige Entwicklung genommen, wie ihre Erfolge zeigen. Inzwischen gehört sie zu den talentiertesten deutschen 400-Meter-Läuferinnen. Nachgewiesen hat sie dies erstmals so richtig bei den Olympischen Jugendspielen 2018 und der U-18-Europameisterschaft im selben Jahr, wo sie jeweils Silber gewann. Ein Jahr später wurde sie Deutsche Meisterin in der Altersklasse U 20. Sie ist Mitglied in der Gruppe des DLV-Kaders der 400-Meter-Läuferinnen und darf sich darum berechtigte Hoffnungen machen, in den Olympiakader für Tokio berufen zu werden. Ich persönlich glaube, dass ein Start mindestens in der deutschen 4×400-Meter-Staffel absolut realistisch für Marie ist.

Neben ihrer täglichen Trainingsarbeit befindet sich Marie, die im Mai 20 Jahre jung wird, bekanntlich derzeit in der Ausbildung. Bremst die Doppelbelastung bei ihr die optimale Trainingsarbeit aus?

Marie durchläuft ja seit September in Kienbaum eine Ausbildung bei der Bundespolizei. Sie lernt und trainiert also von Montag bei Freitag dort und ist an den Wochenenden daheim in Cottbus unter den Fittichen ihres Trainers Rainer Kruk, der ihr auch die Pläne für die Trainingseinheiten von Kienbaum mitgibt. So sind nun also nur die Trainingsorte unterschiedlich, die Inhalte sind geblieben.

Kann die derzeit beste Sportlerin des Clubs trotz ihrer Ausbildung und damit längeren Abwesenheiten ein Aushängeschild des Clubs und Motivator für die rund 160 jungen LCC-Sportler sein?

Natürlich wird sie, wenn sie bei uns trainiert, von den anderen Jungen und Mädchen sehr genau beobachtet. Uns ist diese Verschmelzung der unterschiedlichen Leistungsbereiche auch sehr wichtig. Darum besucht Marie immer wieder mal Trainingsgruppen, um nach ihren Erfolgen oder vor großen Wettkämpfen zu unserem Nachwuchs zu sprechen.

 Wir haben jetzt von den hoffnungsvollen Läuferinnen Bianca Dörfel und Marie Scheppan geredet, gibt es auch junge Burschen, die mit den Ergebnissen der Damen mithalten können?

Die 2020er-Ausgabe des Springermeetings war noch ein voller Erfolg. 2021 muss der sportliche Höhepunkt für die Lausitz pausieren.  Foto: Frank Hammerschmidt

Darauf wäre ich ohnehin zu sprechen gekommen, weil wir im männlichen Bereich auch einen Sportler in den letzten Jahren entwickelt haben, der zumindest in der nationalen Spitze angekommen ist. Ich rede von Constantin Schulz, unserem derzeit Besten im Mittelstreckenbereich der Männer. Bei seinem ersten Start bei den Deutschen Hallenmeisterschaften der Männer hat er mit nur vier Hundertsteln Rückstand auf den Zweiten die Bronzemedaille gewonnen. Constantin hat übrigens seine Lehre beim Bundesvermögensamt abgeschlossen. Dort hatte er während seiner Ausbildung eine großzügige Unterstützung für seinen Sport erfahren dürfen, was ihm für seine Trainingsarbeit sehr wichtig war. Von daher ist er seiner Ausbildungs-Einrichtung noch immer ausgesprochen dankbar.

 Welche Sportler sind denn derzeit leistungsmäßig am „dichtesten dran“ an den Ergebnissen von Marie Scheppan und Constantin Schulz?

Haben Sie bitte Verständnis, dass ich an dieser Stelle keine Namen nennen möchte. Nur so viel: Wir haben wirklich viele sehr talentierte Athleten in den verschiedenen Altersklassen, die uns hoffen lassen, dass sich da weitere Spitzenkräfte entwickeln. Allein, wenn ich an die Gruppe „Mittel/Langstrecke“ von Trainer Rainer Kruk denke.

 Der Trainingsbetrieb kommt unter den derzeitigen Corona-Bedingungen erschwert daher. Wie versuchen die Übungsleiter, trotz der eingeschränkten Möglichkeiten, die Leistungen der jungen Sportler wenigstens auf dem bisherigen Niveau zu halten?

Die Kinder bis Schulklasse sechs trainieren mit ihren Trainingsplänen individuell daheim. Unsere Sportschüler sind ja als Elitesportler eingestuft, darum dürfen die auch weiterhin in der Halle trainieren. Übrigens bin ich speziell unseren zwölf Übungsleitern, die mit den Jüngeren unter den besonderen, eben eingeschränkten Möglichkeiten arbeiten, sehr, sehr dankbar, weil auch sie stets ihr Bestes geben.

 Sie sprachen dankbar von den Leuten, die ihre Sportler betreuen. Ihr Trainerteam ist inzwischen in die Jahre gekommen, wie steht es um den Nachwuchs?

Da muss ich ehrlich sein und sagen, es sieht nicht gut aus. Was aber kein Wunder ist. So ein Lehrertrainer ist zum Beispiel in den Sommerferien, im Gegensatz zu manch anderen seiner Kollegen, stark beschäftigt. Weiterbildungsmaßnahmen, Trainingslager und viele Wettkämpfe – all das passiert während der Ferien. Wer das vorab weiß, wird sich verständlicherweise nicht unbedingt für den Lehrertrainer-Job entscheiden.

 Sie führen schon über Jahre den LC Cottbus als Vizepräsident. Dulden Sie als 73-Jähriger keine Vorgesetzten über sich im Ehrenamt oder will keiner diese Funktion annehmen?

Es wird immer dringender, dass wir schon recht bald da jemanden finden, der die Leitung des Clubs übernimmt. Sie sprechen richtigerweise mein Alter an. Eben deshalb ist es wichtig, dass ich unseren künftigen Präsidenten noch in dieses schwierige Amt einarbeiten kann, darum wird es hohe Zeit. Aber auch hier bremst Corona, denn die kompetenten Leute aus der Wirtschaft haben in ihren Unternehmen gerade selbst so viel zu tun, dass sie für Vereinsarbeit derzeit kein Ohr haben.

Interview: Georg Zielonkowski

 

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