Die Geheimnisse meiner Frau

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Das Geheimnis der Namen      

Schatz, kannst Du mal kommen?” – Die Sprache eines Paares formt sich mit den Jahren des Zusammenseins. Die Heimelichkeit auf der zu zweit bewohnten Sprachinsel lässt Worte erfinden, Codewörter entstehen, die sich nur dem Paar selbst erschließen, Kosewörter sagen, die anderen albern vorkommen mögen, wenn sie unbeabsichtigt zum Zuhörer geworden sind.  “Schatz”, “Schatzi”, “Schatzilein” – in mir zieht sich alles zusammen, wenn ich höre, dass sich in der Öffentlichkeit Partner so rufen. In diesem Punkt herrscht zwischen meiner geheimnisvollen Frau und mir Einigkeit : Schatz ist ein No-Go, eine Bestrafung der härtesten Sorte, ein Grund, sich von den besten Freunden zu trennen, wenn diese einander ungeschützt so rufen.

Wir haben andere Namen füreinander und weil meine Frau platzt, wenn es gilt, ein Geheimnis zu bewahren, muss ich stündlich mit Enttarnung rechnen.

Ich habe mit meinem Vornamen übrigens abgeschlossen, ich komme mir in meiner Generation ziemlich alleine vor mit ihm, er ist von einem Großvater auf mich übergangen, hatte mir meine Mutter erklärt, ohne Erinnerung daran, wer für die unsinnige Schreibweise zu belangen wäre, die mich zwingt, wo es darauf ankommt, den Namen buchstabieren zu müssen.

Zu den  Familienmythen in meiner jungen Ehe gehört die Sage von der monatlichen Zuwendung, die ich von meinen Schwiegereltern erhalte, damit ich ihre Tochter dauerhaft von ihnen fernhalte. Auch beim vergangenen gemeinsamen Weihnachtsessen erkundigte sich die mit Ironie beschenkte Schwiegermutter traditionsgemäß nach dem Führungszeugnis für ihre einzige Tochter: “Und, wie hat sich der Besen benommen in diesem Jahr?”, fragte sie, worauf ich erklärte, dass es immer schlimmer wird und im Grunde nicht mehr auszuhalten ist und wenn das so weitergeht, muss ich sie doch zu ihren Eltern zurückbringen. Daraufhin verdoppelte mein Schwiegervater spontan die imaginäre monatliche Rate. Meine geheimnisvolle Frau strahlte mich an und sprach es aus: “Nun ist die Welt wieder in Ordnung, nicht, Purzelbärchen?”

 

                                                                                              Hellmuth Henneberg

 

“Die Geheimnisse meiner Frau”  (mit Illustrationen von Antje Püpke) erscheint im März 2021 bei copyworxx

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