Nino Paula Bulling. Lichtpause

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25.04. – 25.7.2021 (unter Vorbehalt)

Gerade noch werden die feinen Farbstiftzeichnungen vor dem Lichteinfall der weiter aufkeimenden Jahressonne geschützt, doch bald schon sollen die Zeichnungen im Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst dem Publikum zugänglich sein.

Graphic Novel – künstlerisches Bild-Text-Medium

Ausschnitt aus der Graphic Novel „Lichtpause“, 13. Seite. © Nino Paula Bulling

Es ist ein zweifelnder, tastender Ton, den die Zeichnerin Nino Paula Bulling im Comic „Lichtpause“ anschlägt. Er ist während zweier Aufenthalte im Kunstraum „Les Ateliers Sauvages“ in Algier zwischen September 2016 und April 2017 entstanden. Dessen 36 Farbstiftzeichnungen werden nach Wiedereröffnung erstmals in Gänze im Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst (BLMK) in Cottbus ausgestellt. Bereits 2019 war die Arbeit von Nino Paula Bulling „Bruchlinien. Der Drei Episoden zum NSU“ in einer Kooperationsausstellung in Zielona Góra (PL) zu sehen.

Freundschaft bleibt

Das „grafische Gedicht“ mit dem Titel „Lichtpause“ adressiert sie in Briefform anfangs an einen Freund. Dieser sind viele: Nawel, Ali, Kamal und Rima. „Das Thema des Buches ist für mich Freundschaft. Der intensive Zustand, einen Ort durch die Augen von Freunden zu erfahren, im Wissen, dass es sich um einen Moment handelt, der vorbei gehen wird“, so die Zeichnerin. Zu sehen ist eine noch ruhige Stadt vor den Massenprotesten von 2019, in der die Spuren des kolonialen Erbes, die sich in Architektur und in der Kunst, in den Museen, festgesetzt haben und weiterhin zu sehen sind.

Licht als Akteur

Portrait der Künstlerin Nino Paula Bulling. © Michael Ebert-Hanke

Die Künstlerin mit ihrem poetischen Blick geleitet uns durch Algier, durch das warme Licht der Hauptstadt vom Morgen bis hin zum Abend. Dieses Licht in der Stadt wird zum Akteur der Bilderzählung: Es verleiht Dingen, Architekturen und Menschen Kontur, lenkt die Wahrnehmung, definiert Atmosphären und ein Gefühl für die versickernde Zeit. Lücken im Bild der Stadt zeigen sich, die Erinnerung ist ebenso porös. Zeitweilig verstummt und pausiert die Sprache zugunsten der konsequent in Blau, Gelb, Orange und Rottönen gehaltenen Bildfolgen.

Es ist die eindringliche und untersuchende Arbeitsweise von Nino Paula Bulling, die bezeichnend für die Künstlerin ist. Die zeichnerische Annäherung an ein Thema, das Tastende dieses Prozesses mitauszustellen und in die Erzählung mit einzuflechten, gilt als elementares Stilelement ihres künstlerischen Schaffens. So gerät im Laufe des Stadtspaziergangs scheinbar Beiläufiges in ihren/unseren Blick – sodass die diffuse, zufällige Wahrnehmung während des Durchstreifens einer fremden Stadt spürbar wird.

Im Zeichen des Mondes

Und dann wäre da noch das wiederholt aufscheinende Motiv des Mondes als schwarze und gelbe Scheibe in der Graphic Novel: So baden die Oberkörper der Angestellten von Algérie Téléphonique im Licht, wohingegen deren Beine in der Schwärze eines kreisrunden Lochs verschwinden. In der Darstellung des Mondzyklus‘ kurz vor Schluss der Geschichte thematisiert sie noch einmal anschaulich den Zusammenhang von vergehender Zeit mit Licht und Dunkelheit, Tag und Nacht, Sonne und Mond und schlägt damit auch den Bogen zurück an den Anfang der „Lichtpause“:

„Lieber Freund, es gibt in deiner Stadt 1000 Sonnen, 1000 Schichten, 1000 Löcher. Je länger ich hier bin, desto weniger verstehe ich. Ich will mich an alles erinnern, aber vielleicht reicht es, durch ein kleines Loch zu gucken, auf einen Tag.“

BLMK

Hintergrund:

Nino Paula Bulling (geb. 1986 in West-Berlin) lebt und arbeitet nach ihrem Studium des Kommunikationsdesigns (bei Georg Barber/ aka ATAK) und der Bildhauerei an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle als freischaffende Illustratorin und Comiczeichnerin seit 2011 wieder in Berlin. Internationale Anerkennung erfuhr sie durch zahlreiche Stipendien (Goethe-Institut Paris, Rosa-Luxemburg-Stiftung New York), Preise (Förderpreis Comic des Berliner Senats) und Ausstellungen    (f-stop festival für Fotografie, Leipzig; Comic Festival Helsinki). Ab Oktober 2021 wird sie Stipendiatin der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart sein.

 

 

 

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