Alle stehen in einem großen Kreis. Eine Person gibt eine Bewegung, ein Geräusch, eine Melodie vor und die gesamte Gruppe wiederholt es. Dabei wird Tennis gespielt, geduscht und ein Affe kommt auch mal vor. Es wird gelacht und es herrscht eine freudige, spielerische Stimmung.
Wir befinden uns inmitten des Cottbuser A-cappella-Chors „PopKon“, der sich gerade im sogenannten „Improvisationskreis“ aufwärmt. Er dient dem Körperbewusstsein, Atmen und Aufwachen. Danach folgt das Einsingen, in drei Kreisen finden sich Sopran, Alt und die Männer im Tenor und Bass zusammen. Die Tonleitern werden hinauf und hinunter gesungen, alle schnipsen und wiegen sich im Rhythmus. Der sympathische Chorleiter, Ilja Panzer, begleitet sie am Flügel, mit geschlossenen Augen und zufriedenem Lächeln auf den Lippen, während sein Fuß, in notenbeschrifteten Socken, das Pedal bedient. Dann werden die Lieder geprobt. Dabei steht Ilja Panzer vorne, tanzt, reimt, dirigiert, auf eine lebendige, humorvolle und ruhige Art und Weise. Chor und Chorleiter sind im ständigen Feedback miteinander, es wird ehrlich kommuniziert, was funktioniert und welche Unsicherheiten noch geklärt werden müssen. Sie haben ein vielfältiges Repertoire, auf Deutsch, Englisch und sogar Afrikanisch, jedes mit einer eigenen Choreografie, von sanft, zu vital, zu freudig, zu berührend. Alles a cappella, ohne instrumentale oder musikalische Begleitung, nur die Stimmen. Und sie treffen mitten ins Herz. Bei einem Song stehen sich alle paarweise gegenüber und in dem Moment, wo sie „Ich seh dich“ singen, drehen sie sich zum Publikum, das momentan nur aus mir besteht. Und das Publikum ist zutiefst berührt. Dieser Chor, ganz pur und authentisch, singt sich einfach mit seiner glasklaren Stimme in mein Herz hinein. Bei ihrem afrikanischen Lied beginnen sie mit Body Percussion und mein Fuß wippt ununterbrochen im Rhythmus mit und ich werde von einer Welle aus Lebensfreude überschwemmt. Dieser Chor ist hoch professionell und tritt souverän auf, alle singen frei und selbstsicher, ohne Notenblatt, alle haben sie strahlende Gesichter und gemeinsam eine umwerfende Energie und Ausstrahlung. Dann stellen sich alle wieder in einem großen Kreis auf, zuletzt das Aussingen. Ich darf in der Mitte stehen, schließe die Augen, und könnte schwören, dass jede Zelle meines Körpers, wie die Saite eines Klaviers angeschlagen und in Schwingung versetzt wird, alles in mir vibriert und resoniert. Danach setzen sich alle zum Stammtisch zusammen, essen, reden und singen weiter. Ich muss zugeben, ich möchte nicht gehen, eine magnetische Anziehung geht von diesem Chor aus.
So bunt wie ihr Programm, ist auch der Chor selbst, etwa 30 Menschen, von 18 bis 60 Jahren, mit unterschiedlichen Berufen, individuellen Einstellungen und doch eint sie alle, die Leidenschaft am Singen und der Genuss, das in einer familiären Gemeinschaft zu tun. Es wird Pop- und Weltmusik gesungen, auch mal Jazz und Swing, mal 4-, mal 8-stimmig. Zuletzt auch auf Niedersorbisch „Śi wiźim“, eine Übersetzung von Werner Meschkank des deutschen Titels „Ich seh dich“ vom Komponisten Oliver Gies. Gregor Kliem vom rbb verhalf „PopKon“ bei der richtigen Aussprache, denn niemand konnte vorher sorbisch. Bei ihrem Auftritt in der rbb Musikvideoproduktion mit den Schiesko-Filmbrüdern haben sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Neulich haben sie am 12. Juni bei der 8. Landes-Chorbegegnung in Angermünde teilgenommen und mit einer hohen Punktzahl von 21,6 „sehr gut“ abgeschnitten. Somit dürfen sie das Land Brandenburg beim Deutschen Chorwettbewerb 2023 in Hannover in ihrer Kategorie vertreten. Auch zuvor haben sie sich schon bei zahlreichen Chorwettbewerben erfolgreich präsentiert.
Seit über 20 Jahren gibt es den Chor bereits, gegründet von der Musiklehrerin Waltraud Richter am Heinrich-Heine-Gymnasium. Vor 2001 hieß er Swing-Chor, doch als sie von der Schule in das Konservatorium umzog, um den Chor für alle Interessierten zu öffnen, wurde er umbenannt zu „PopKon“, um „Pop“ularmusik am „Kon“servatorium anzubieten. Nach ihrem Tod übernahm 2005 Ilja Panzer die Leitung. 2011 hat sich der Chor als gemeinnütziger Verein selbstständig gemacht und seine eigene CD „Tiny Wings (still take you high)“ herausgebracht. Manche Teilnehmer sind bereits seit Anbeginn dabei, singen seit ihrer Schulzeit mit und haben dem Chor stets Treue gehalten, selbst, wenn sie nicht mehr in Cottbus leben.
Für alle ist der Chor eine Herzens-Sache, eine „Energietankstelle“, vielmehr als der Anspruch gut zu singen. „Ich bin froh, um jeden der kommt und jeden der den Mut hat, sein Herz in der Probe aufzumachen. Das hat ja ganz viel mit verletzlich sein zu tun.“ Sagt Chorleiter Ilja Panzer, der einen Schutzraum kreiert, indem sich jeder einzelne zeigen darf, gesehen und gehört wird. Es fällt leichter, den Schritt aus der Komfortzone herauszuwagen, wenn du darauf vertrauen kannst, gehalten zu werden. Und eben das bietet der Chor. Die Gruppe fängt jeden einzelnen auf und unterstützt sich darin, gemeinsam zu fliegen. Denn Musik verbindet: „Egal wer du bist, wenn du mit uns singst, sind wir eine Einheit.“ So Annika Unger, die seit Anbeginn dabei ist und ich kann bezeugen, genau das ist spür- und erlebbar. Ilja Panzer: „Mein Ziel ist, dass für den Zuhörer die Welt nach dem Lied ein Stückchen besser oder anders ist. Es muss einen Unterschied machen. Mein Anspruch ist, dass wir die Menschen berühren.“ Und genau das gelingt ihnen ganz hervorragend!
Wer sich auch verzaubern lassen oder teilnehmen möchte, findet den Chor jeden Freitag von 17:30 bis 20 Uhr im Pückler-Gymnasium, insbesondere werden Männer zur Verstärkung für den Bass gesucht. Sie geben Sommer- und Weihnachtskonzerte, treten bei Feiern, Hochzeiten und weiteren unterschiedlichen Anlässen auf, immer mit „Taschentuch-verbrauchs-Garantie“!
Tracy Neumann
Kontakt, Buchung & weitere Infos:
Ilja Panzer
Chorleiter und Chordoktor
Tel.: 0179/9512264
Mail: info@popkon.info
Website: www.popkon.info