Try a Little Tenderness

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Was für ein rabenschwarzer Tag dieser 20. September für die Cottbuser Musiker- und Kunstszene doch war. Während Uli Perske, einer der nettesten und angenehmsten Menschen und Punk der ersten Stunde in Cottbus, zu Grabe getragen wurde, machte unter den fast 300 Trauergästen die traurige Nachricht die Runde, dass uns auch Soulman Honeymelone, Ex-Frontmann von Jack & the Soulrippers, Russ and the Velvets oder Big Bud Rockets, Peter „Russ“ Marasus für immer verlassen hat. Was für ein Verlust. Inzwischen haben unter anderem ehemalige Mitstreiter wie Frank „Schmidte“ Schmidt (WK 13 und MMC) zum Beispiel Ausschnitte aus 20-Jahre-Soulrippers im Bebel auf Facebook und YouTube gepostet. Hier kann man sich gern noch einmal anschauen, wie tief der Soul in Peti saß. Wenn er nicht gar selbst Soul war.

Uli Perske, der schon am 24. August einer Krebserkrankung erlag, kam aus einer ganz anderen Richtung, aber auch wieder nicht, denn wenn Punk keinen Soul hat, dann weiß ich auch nicht. Er tauchte Anfang der 80er-Jahre in Cottbus auf und brachte einen Stil in die Stadt, der von den damaligen Oberen nicht gern gelitten war. Schmidte erzählt: „Mit Uli, Daniel (Sambo-Richter, Bruder von Tobias, dem WK13-Gitarrist und Sänger Anm. d. Red.) und Harriet kam der Punk nach Cottbus.

Uli Perske mit 18 (1983).    Foto: Daniel Sambo-Richter

Sie kleideten sich sehr auffällig, _waren klamottentechnisch sehr kreativ und waren bekannt, wie die sprichwörtlichen bunten Hunde.  Rasierklingen, Sicherheitsnadeln, was man heute so kennt. Und vor allem Harriet mit  hochtoupierten, bunten Haaren. Die drei waren die Vorreiter der Szene, die sich dann später erst manifestierte. Diese Leute kamen zu unseren Konzerten. Wir, also WK13, waren ja keine Punkband, sondern wollten New Wave machen, die Blueswelle, die Anfang der 80er auch in unserer Gegend hochschwappte, mit Bands wie Engerling und Monokel, wollten wir nicht mitmachen. Wir haben ja in den Anfangszeiten eher Songs nachgespielt. So richtig viel eigenes Material hatten wir nicht. Nun kamen Leute, wie Uli zu unseren Konzerten und, wer die Bilder, die derzeit auch in den sozialen Medien geteilt werden, betrachtet, bekommt eine leichte Ahnung, wie das damals abging. Auch Uli wurde mehrfach von den Sicherheitskräften einkassiert. Legendär sicher unser Auftritt 1983 beim Pfingsttreffen der FDJ, als WK13 vor der „Jenny Marx“ spielte (lange Heronplatz, heute Hugendubel, Anm. d. Red.) und sich unter anderem mit Uli schnell ein ziemlich heißer Pogo-Mob bildete. Ich glaube, wie die meisten unserer Konzerte wurde auch das abgebrochen. Danach kam dann auch die neue, junge Band Sandow ins Spiel, die wir recht schnell als Vorband mit zu unseren Konzerten nahmen. Uli war ein treuer Fan und ist zu vielen Konzerten mitgereist, vor allem nach Lugau, was damals eine Hochburg für Avantgarde-Musik und -Kultur im damaligen Bezirk Cottbus war. WK13 wurde nie aufgelöst, wir waren aber doch recht schnell wieder weg und wurden quasi zu Legenden. Wir waren wie die Leute in Lugau der Zeit voraus. Uli blieb in unserem Freundeskreis.“ Später ging er ans Staatstheater, wo er lange Jahre als Bühnenbauer arbeitete. Beim Theatertreff im Juni 2011 bekamen er und Mario Angerer doch einmal eine große Bühne. Hier erzählte er vom Alltag im Staatstheater, von getapten Knien, Bandscheibenvorfällen und kaputten Schultern, vom Zweischichtsystem und der Wahl zwischen arbeitslos oder einem Job am Theater. Geblieben ist seine Liebe zur Musik, immer wieder Neues entdecken und die vielen (beinahe) endlosen Abende in der Marie, seiner Lieblingskneipe. Dort gab es dann auch die Begräbnisfeier am 20. September, mit runtergelassenen Jalousien und im Freundeskreis.

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Die Marie war auch der Geburtsort der bekanntesten Cottbuser Soulband, Jack & the Soulrippers. 1996, erzählten Peti und Frieder Friedersdorf beim 20-jährigen Jubiläum der Kapelle auf der Bühne des Bebel: Wir saßen in der Marie haben getrunken und gekifft und uns gesagt, wir machen eine Band auf! Zack, da war sie. Soul musste es sein. Peti sagte mal bei einem Interview: „Soul habe ich schon zu tiefsten Ost-Zeiten gehört: Otis Redding, Arthur Conlay, Wilson Pickett waren meine Idole. Während andere diese Hippie-Musik gehört haben, hab ich mir gesagt, die Musik ist zwar nicht schlecht, aber Soul ist kraftvoller. Mir haben die Bläser gut gefallen. So ein Saxophon, eine schöne Trompete und ein guter Groove, das hat was. Auch die oft gesellschaftskritischen Texte gerade der schwarzen Musiker fand ich gut.   Aus dem Soul entstanden viele gute Sachen. Ohne Soul gäbe es heute keinen Rap, Funk oder R‘n‘B.“

Ohne Peti ist die Cottbuser Musikszene um ein Original ärmer. Danke für alles.

Macht’s gut, ihr Beiden!

Heiko Portale

 

 

 

 

 

 

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