Wer Mifa fährt…

0

1990. Fotografische Positionen aus einem Jahr, über ein Jahr.

Die Scorpions veröffentlichen ihre Singe Wind of Change, Verdammt ich lieb‘ dich von Matthias Reim wird zum Massenohrwurm. Julia Robert in Pretty Women und der beinharte Rocker Werner flimmern über die Kinoleinwände, und auf dem Gamboy wird das erste Mal Tetris gezockt. 

Irgendwo, im Osten des Landes, fährt ein kleiner Junge mit seinem Minifahrrad. „Wer Mifa fährt, fährt nie verkehrt…“. Wie geht es weiter? Weil Mifa einfach gar nicht fährt? Ein Überbleibsel aus der Deutschen Demokratischen Republik. Seine Altersgenossen fahren bereits Räder aus dem Westen. Aber immerhin musste er samstags nicht mehr zur Schule gehen. Dafür wurde die Note 6 eingeführt.

Das Jahr 1990 war ein außergewöhnliches Jahr. Besonders für die Menschen aus der DDR gab es unzählige Neuerungen. Politisch, gesellschaftlich und natürlich auch persönlich. Einige nutzen diese Chance für sich, eröffnen kleine Läden mit Lebensmitteln aus dem Westen. Der erste Quelleshop entsteht,  und es wird mit Westmark bezahlt.  Ein voller Erfolg. Die Menschen stehen zu hunderten und warten begierig auf die Eröffnung. Mitten auf der Straße versucht ein Mann einem anderen einen Videorekorder anzudrehen. Eine faszinierende neue Gerätschaft,  der man nur schwerlich entsagen kann. .

Das Jahr nach dem Mauerfall
Jürgen Matschie: Wahlplakat, Pigmentdruck ©Jürgen Matschie

Irgendwo in Leipzig stehen zwei Burschen mit Deutschlandfahnen in der Hand. Einer von ihnen trägt ein Batman Cappy, der andere hält eine Tüte der CDU in der Hand. Etwas weiter findet man ganze Menschenmassen, mit wehenden Fahnen. Es ist die CDU-Kundgebung des Jahres 1990 auf dem Leipziger Karl-Marx-Platz. Ihre Gesichter zeigen Zuversicht, Freude, aber auch Angst.

Auch Bilder aus dem Frauengefängnis Hoheneck kann man hier finden. Viele ernste Gesichter, eine Mischung aus Resignation und Verzweiflung. Einige andere Werke zeigen zerfallene Gebäude. Plakate, die von den Wänden gerissen wurden, und wütende Demonstranten.

Die Ausstellung „1990. Fotografische Positionen aus einem Jahr, über ein Jahr“ spiegelt ganz wunderbar die die Ambivalenz dieser Zeit wieder. Sie zeigt Neuanfang und Ende, Aufbruch und Ernüchterung und Menschen und ihre Art,  all das zu verarbeiten.

Die 15 Künstlerinnen und Künstler entführen den Betrachter mit ihren Werken in längst vergangene Tage und das damals vorherrschende Stimmungsbild. Eine wunderbare Werkschau, die dazu einlädt zu verharren und nochmal durch das Jahr 1990 zu wandeln und es aus einem ganz neuen Blickwinkel zu betrachten. .

Noch bis zum 16.August 2020 kann man sich die Fotografien und Filme dieser Ausstellung ansehen.

Mehr Infos:

www.blmk.de

 

Eljotta

 

 

 

Teilen.

Hinterlasse eine Antwort