Trittfest – Teil 3: Von Budapest nach Belgrad mit dem Fahrrad

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Wir melden uns zurück mit dem ersten Stempel im Reisepass obwohl wir uns momentan noch in Europa befinden. Na wo sind wir? Richtig, wir sind gerade in Serbien. Die Landschaft hat sich zwar kaum verändert (manchmal trockener, Steppe), aber ansonsten fallen uns schon ein paar Unterschiede zu den bisher bereisten Ländern auf, aber dazu kommen wir gleich.

Der Campingplatz in Budapest hatte uns jedenfalls so gut gefallen, dass wir kurzer Hand noch eine Nacht länger da geblieben sind. Darüber wunderten sich auch unsere Campingplatz-Nachbarn aus Süddeutschland, denn eigentlich hatten wir schon alle unsere „7-Sachen“ zusammen gepackt. Nach einem kurzen Austausch über das was wir noch so vor haben, kamen wir dann auch in den Genuss das Trauensteiner Bier zu verkosten – ganz unser Geschmack entschieden wir. Die Entscheidung welchen Grenzübergang nach Serbien wir nutzen stand noch an, in Belgrad wollten wir auch wieder die Plattform Warmshowers in Anspruch nehmen und wir haben, ein für uns zu dem Zeitpunkt noch unbekanntes Lebewesen kennengelernt – den Spinnenläufer.

Am nächsten Tag verzögerte sich unsere Abreise um einen geschenkten Kaffee unserer anderen Campingplatz Nachbarn aus dem Westen Deutschlands. Der Grund dafür: wir fallen einfach auf mit unseren vollgepackten Rädern. So blieb es nicht nur bei der einen erstaunten Aussage „Was da alles so drauf passt“ im Zusammenhang mit der Frage wo es denn hinginge, vielmehr weckten unsere Antworten ein noch stärkeres Interesse an unserer Reise – cool!

Aufgrund Justins charmanter Art und dem Kompliment, dass es uns dort wirklich gut gefallen hatte, beschenkte uns der Campingplatz dann auch mit einer Flasche Wein eines ungarischen Winzers. Diese nutzen wir dann zwei Tage später, um auf die erfolgreiche Grenzüberfahrt anzustoßen.

An dem Tag der Abreise aus Budapest kamen wir jedoch nicht weit – gerade einmal zu unserem Mittagsplätzchen – da ereilte uns nach insgesamt 1050 km der erste Platten.

Doch langweilig blieb es danach nicht. Wir begneten zwei weiteren deutschen und einem niederländischen Radreisenden und tauschten bisherige Erfahrungen aus. Unseren wildcampingspot erreichten wir dann gerade noch so, um zu kochen und unser Lager einzurichten. Dann begann es bereits zu regnen und ein Gewitter zog auf – damit hatten wir trotz der Beobachtung der Wettervorhersagen nicht gerechnet. Wir wandten die zuvor gelesenen Tipps bezüglich des Verhaltens im Zelt an und zitterten jeder für sich mit den Händen über dem Kopf – jeder in seiner Zeltecke und zählten die Sekunden zwischen Blitz und Donner. Wobei man den Plural hier weglassen kann, denn einmal verging nicht einmal eine ganze Sekunde zwischen dem visuellen und dem akustischen Signal des Gewitters. Gruselig! Und das zweimal in einer Nacht – während sich das zweite Mal schon fast wie eine Routine anfühlte.

Die Angst der vergangenen Nacht noch nicht ganz überwunden, stellten wir uns dann am nächsten morgen bei einem noch nicht fertiggestellten Haus in einer Regenpause unter und warteten den Regen und das Gewitter ab. Da für die kommende Nacht wieder Unwetter angesagt war, entschieden wir uns dazu ein Restaurant mit „Campingplatz“ zu nutzen, um die Möglichkeit zu haben uns unterzustellen (sollte es wieder so ausarten wie die letzte Nacht). Das war natürlich nicht der Fall und wenn wir gerade bei „Fall“ sind – der Campingplatz war auch ein Reinfall und die ganze Aktion ist dann dennoch – aufgrund eines tükischen Rasensprengers – ins Wasser gefallen. Eine Ameisenplage hatte nämlich dazu geführt, dass wir im Dunkeln auf ein anderes Rasenstück umziehen mussten und uns dabei der Rasensprenger nicht aufgefallen war. Normalerweise wäre das kein Problem, da unser Zelt darauf ausgerichtet ist auch einen Regentag zu überstehen. Jedoch stand der Rasensprenger nicht weit entfernt und in einem unpassenden Winkel zu unserem Zeltfenster, sodass ich mitten in der Nacht samt meines Schlafsacks, der Isomatte und jeglicher anderer Dinge in dem Bereich des Zeltes geduscht wurde.

Was für eine Nacht! In anbetracht der misslichen Lage nutze ich dann mein Verhandlungsgeschick und handelte zumindest eine kostenlose Nacht auf dem Campingplatz heraus. Besonders ausgeruht waren wir nicht und es war ja trotzdem alles irgendwie nass. Nagut weiter geht’s.

86 km später erreichten wir dann unsere Unterkunft in Subotica (Serbien), nachdem wir uns kurz vorher ganz unkompliziert den ersten Stempel für den Reisepass abgeholt hatten. Auf der anderen Seite der Grenze ging der Vorgang nur schleppend voran und die Autos standen sehr lange an, während wir nur wenige Sekunden benötigten, um die Grenze zu passieren. Unsere Unterkunft war wirklich sehr schön und wir nutzten sogar den kleinen Pool im Innenhof.

Wir verbachten eine erholsame Nacht und fast den gesamten Vormittag in der Unterkunft bis wir am nächsten Tag quasi von der Putzkraft „vertrieben“ wurden. Verkehrt war das nicht, denn es standen ein paar Besorgungen auf dem Plan. Aufgrund der Sprachbarriere am Geldautomat, die wir ohne den Zugriff auf eine Internetverbindung nicht überwinden konnten, entschlossen wir uns dazu erst eine Prepaidkarte im nächsten Kiosk zu besorgen. Dieser nahm jedoch nur serbisches Bargeld an, welches wir zu dem Zeitpunkt noch nicht besaßen. Deshalb suchten wir die nächste Wechselstube auf, durch die wir dann zumindest die „Internet-Herausforderung“ überwinden konnten. Bei der nächsten Pekara/dem nächsten serbischen Bäcker gab es dann Nervennährung, die nicht nur die Weiterfahrt erleichterte, sondern so gut schmeckte, dass wir in Serbien immer wieder nach ähnlichen Köstlichkeiten Ausschau gehalten haben.

Obwohl der Tag mittlerweile schon sehr weit fortgeschritten war, standen am Ende des Tages trotzdem 60 km auf unserem Tacho – mit dem Ergebnis waren wir zufrieden. Unser Campingplatz war auch nicht einsehbar – außer für die vielen Mäuse die sich in der Nacht quietschvergnügt über unsere Obst- und Gemüseabfälle hermachten. Gequietscht haben sie wirklich viel und die Nacht blieb wieder für eine Person schlafloser als für die andere.

Mit der „besten“ Laune verloren wir dann kurzzeitig auf losem Untergrund auch noch ein wichtiges Werkzeug – welches sich aber nach einer gewissenhaften Suche wieder anfand. Suchen ist ein gutes Stichwort, denn in Serbien schien die Wasserversorgung etwas schwieriger zu laufen, als in Ungarn und der Geschmack des Wassers verändert sich nun auch allmählich. Komoot lotste uns letztlich dann zu einem Brunnen, welcher besonderes Wasser enthielt, an dem auch ein paar Locals teilweise flaschenweise Wasser abfüllten. Das Wasser wurde als besonders gesund für viele innere Organe beschrieben, so füllten wir auch unsere Flaschen damit voll. Es stellte sich nach dem ersten Schluck heraus, dass es sich um salziges Mineralstoffreiches Wasser handelte, welches etwas gewöhnungsbedürftig für unseren deutschen Gaumen wirkte. Nagut, was tut man nicht alles für die Gesundheit.

Apropos deutsch, tatsächlich hat uns unsere Muttersprache bislang weitergebracht als Englisch, denn viele ältere Menschen verstehen hier brockenweise immer noch deutsch. Ab dem Ende des 18. Jahrhunderts siedelten sich hier nämlich im Rahmen der Schwabenzüge viele deutsche an, die bis zum Ende des zweiten Weltkrieges, bis auf ein paar wenige, vertrieben worden sind.

Diesmal hatten wir Glück mit dem wildcampingspot und konnten sogar einen wirklich schönen Sonnenuntergang beobachten. Nur das jaulen mehrerer Hunde? Oder Wölfe? verunsicherte uns für einen kurzen Moment. Dies hielt allerdings nicht lange an, da uns die 92 km des Tages in den Knochen saß und wir dadurch nicht lange wach blieben.

Die Freude auf eine richtige Dusche war am nächsten Tag sehr groß, so machten wir uns auf einer sehr stark befahrenen Straße auf zu unserem zweiten Warmshower-Host. Den Ort erreichten wir schnell, denn wir hatten am Tag vorher gut durchgezogen. Angekommen in Borca machen wir unsere erste kurze Erfahrung mit einer Gruppe von wilden Hunden. Allerdings ließen diese schnell davon ab uns hinterher zu rennen. Nach einem kurzen Schock genossen wir in einer Bar ein paar kühle Getränke, auf die wir zur Hälfte von Locals mit einem „Welcome to Serbia“ eingeladen wurden. Diese gaben uns dann auch noch eine Restaurant Empfehlung mit auf den Weg, in der wir dann ein serbisches Nationalgericht verköstigten (Pljeskavica) durften. Noch überrascht von der Gastfreundschaft wurden wir dann von unserem Host abgeholt und zu seiner Wohnung geleitet, wo er zusammen mit seinem Bruder, seinem Vater und 3 Katzen wohnt. Geteilt wurde hier wirklich alles mit uns – sogar das Bett. Eine spannende Erfahrung, die wir so schnell nicht vergessen werden!

Am nächsten Morgen wurden wir dann von einem kleinen Gitarrenkonzert von unserem Host geweckt und später von seinem Bruder bekocht – nice.

Das Bedürfnis nach Zweisamkeit und ein wenig Ruhe war dann aber doch da und wir waren glücklich die nächsten Nächte in einem Airbnb in Belgrad verbringen zu können. Weiterhin macht sich eine solche Unterkunft immer gut, um mit den Liebsten aus der Heimat in Kontakt zu treten, die dreckige Wäsche durchzuwaschen und erholsam zu schlafen. Das haben wir gut genutzt.

Immernoch müde gingen wir dann heute eine kurze Besichtigung der Stadt und der Burg in Belgrad an, gönnten uns einen Restaurantbesuch und holten uns Tipps und Tricks von zwei anderen Radreisenden ein, die sich bereits auf dem asiatischen Kontinent befinden.

Achso und Justin bekam seinen ersten Haarschnitt von mir allein: gut, dass ich noch ein bisschen Zeit zum üben habe – die Friseurprüfung hätte ich damit vermutlich nicht bestanden. Aber jetzt ist auch langsam mal gut und wir verabschieden uns dann mal von euch. Doviđenja!

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