Trittfest – Teil 8: von Kappadokien nach Mersin mit dem Fahrrad

0

Über das Hochland zurück ans Meer. Ja ihr habt richtig gehört: wir sind nicht weiter in Richtung Osten gefahren, um unsere Iran Visas abzuholen und zittern auch nicht mehr bei kühlen Herbsttemperaturen im Zelt. Auch wenn es eine für uns sehr schwierige Entscheidung war, so haben wir doch unsere Pläne etwas abgeändert und fahren – trotz Visa – so viel steht zumindest schon einmal fest, jetzt noch nicht in den Iran. Aufgrund der politischen Ausnahmesituation ist unser Sicherheitsbedürfniss dahingehend ein wenig gestört. Zwei für uns sehr angenehme Vorteile hat das Ganze: wir müssen uns keine Gedanken mehr darüber machen, ob wir kleidungstechnisch genügend für kalte Temperaturen ausgestattet sind und ohne den Winter im Nacken haben wir auch sehr viel mehr Zeit, weshalb wir die Reise auch in den letzten Tagen etwas langsamer angegangen sind (freiwillig sowie unfreiwillig).

 

Als wir uns das letzte Mal von euch verabschiedet hatten, fanden wir noch Unterschlupf in einer kleinen familiengeführten Herberge in Göreme. Die Unterkunft war für uns kein besonders großes Highlight aber sie sollte dazu dienen, unsere Wäsche zu waschen und die Gegend erkunden zu können. Letzteres haben wir auch ausführlich gemacht – besonders in den Morgen- oder Abendstunden haben wir uns die unterschiedlichen Valleys (Täler) entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad angesehen. Dabei konnten wir auch zweimal das touristische Spektakel der steigenden Heißluftballons von unten miterleben und mit der Kamera festhalten. 

 

Da wir in der genannten Unterkunft nicht vom warmen Wasser profitieren konnten, entschlossen wir uns dazu unseren Aufenthalt nicht zu verlängern, sondern einfach in der Gegend unser Zelt aufzuschlagen. So erklommen wir den nächsten Hügel und parkten unser Zelt in der Nähe des Red Valleys sowie des Sword Valleys und ruhten dort unsere Müden Beine aus. 

 

Noch hatten wir allerdings noch nicht genug von Kappadokien gesehen und vollends ausgeruht waren wir auch noch nicht. Plus uns fehlte ja immernoch eine warme Dusche, sodass wir unseren Aufenthalt in einem anderen Hotel, diesmal in Uchisar ausdehnten. 

 

Apropos „Dehnen“ – das spielt sicherlich auch eine große Rolle für unsere neuen sportlichen Freunde, die ihr Zimmer direkt gegenüber von uns hatten. Das Paar läuft nämlich gut und gerne Mal die Strecken, die wir ungefähr mit dem Fahrrad an einem Tag zurücklegen (also ca. 60km). Das finden wir immer noch beeindruckend aber auch ein bisschen verrückt. Dass uns die Liebe zum Sport und zum Reisen verbindet, bemerkten wir schnell.  So überwunden wir den langen Weg über den Flur und hofften inständig, dass die beiden noch keine Pläne für den Abend hatten. Jackpot – wir hatten sogar das gleiche Restaurant im Kopf. So kam eins zum anderen und wir fanden uns nach einem vortrefflichen Abendessen in der Küche des Kochs zu einem spontanen exklusiven Pottery Kebab Kochkurs (ein Gericht was hier sehr verbreitet ist und üblicherweise in Tontöpfen zubereitet wird) wieder. Wir waren seine letzten Gäste und die Gerichte für den nächsten Tag mussten vorbereitet werden. Das Restaurant heißt unserer Meinung nach zurecht „House of Memories“ (Haus der Erinnerungen).

 

Da wir uns am nächsten Tag noch an ein paar Aufgaben erinnerten, erledigen wir diese noch schnell mit einem Cay in der Hand auf der Terasse unseres Hotels und zogen dann frohen Mutes los. Mutig waren wir zu glauben, dass das Reifen-Drama schon vorbei war. Pustekuchen, der Spaß geht natürlich weiter und weil das noch nicht genug war, warteten auch noch 30 Extrakilometer auf uns, da die App meines türkischen Telefonanbieters doch nicht so funktioniert hat, wie versprochen. Nun gut, wir haben ja keinen Zeitdruck mehr. Nur die schneebedeckten Berge (über 3600 m), die wir nun zum ersten Mal zu Gesicht bekamen, „machten uns Beine“ auch wenn diese wunderschön anzusehen waren, war die Luft oben auf dem Nachbarpass auf 2000 m schon schon spürbar dünner und kühler.

 

Um aber die Aussicht noch ein wenig zu genießen und den angesagten Regen zu umgehen, machten wir in der nächstgrößeren Stadt halt und organisierten uns eine Unterkunft.

 

Trotz beschränkter Kapazitäten hatte ein Hotel noch die Möglichkeit Gäste auf der Terrasse/Loggia unterzubringen. So haben wir diese Möglichkeit ergriffen und kamen halbwegs trocken durch die Nacht. Halbwegs, da auch die Loggia an der einen oder anderen Stelle nicht ganz dicht war und somit sammelten sich ein paar Regentropfen auf dem Boden unseres Zimmer zu einer Fütze zusammen. 

 

Rückblickend muss ich leider auch zugeben, dass ich auch nicht ganz dicht war, als ich im T-Shirt auf den zuvor erklommenen Anstieg geradelt bin, denn das hatte selbstverständlich eine saftige Erkältung zur Folge, die wir dann zwei Tage in der Wildnis ausgessen hatten. Leider hat die Aufzählung der undichten Dinge noch nicht ganz ein Ende, denn wie sollte es anders sein – mein Reifen war natürlich auch nochmal platt. So langsam werden wir das vermutlich nicht mehr jedes Mal erwähnen. 😀

 

Eine Sache sei noch gesagt: das Hotel mit der Loggia gehört übrigens zwei Brüdern, die nebenbei noch einen Warmshowers Account haben – so sind wir erst richtig auf die Stadt und das Hotel aufmerksam geworden. Wir wurden auch ausdrücklich eingeladen und darauf hingewiesen, dass wir mit Freunden und oder der Familie wiederkommen sollen, um eine, von ihnen organisierte, Wander- oder Skitour im Aladag Gebirge zu erleben. Den Bildern nach zu urteilen, kann man sich da auf ein Abenteuer freuen. Leider war zu unserem Aufenthalt gerade weder Wander- noch Skisaison. Dafür war da gerade Apfelerntezeit und überall konnte man fleißige Leutchen beim Bäume abräumen beobachten.

 

Als ich dann den schlimmsten Teil der Erkältung irgendwo zwischen Nadelbaum und Autobahn hinter mich gebracht hatte, ging es für uns weiter in Richtung Millionenstadt Mersin. Leichter gesagt als getan – denn mit verstopfter Nase und Halsschmerzen werden die vielen Höhenmeter auch nicht leichter. Gut dass wir auf dem Weg endlich eine Eczane (Apotheke) mit überteuerten Halsbonbons finden. 

 

So wie Medizin bitter sein muss, kamen wir auf unserem Weg an die Küste „in den Genuss“ unsere Fahrräder zunächst einen steinigen, sandigen und steilen Feldberg hinauf zu schieben, um dann im Folgenden stadteinwärts zwischen LKWs ein Gefühl dafür zu bekommen, was uns vermutlich verkehrstechnisch noch so erwarten könnte auf unserer Reise. Das ist aber kein Drama – wir haben es uns ja so ausgesucht und fühlen uns selbst auf sehr stark befahrenen Straßen schon deutlich abgeklärter.

 

Drama hat auch die Wolfsspinne (siehe Bild), die wir am Morgen vor Mersin auf unserem Wildcampingspot entdeckt haben, nicht gemacht. Denn hätte sie sich von uns angegriffen gefühlt, hätte sie uns, neben eines schmerzhaften Bisses, schlagartig, zum Schutz ihrer Jünglinge, diese von ihrem Rücken abgeworfen und überall hin katapultiert. Wir müssen zugeben, dass wir uns Schöneres vorstellen können.

 

Deutlich angenehmer ist da für uns der Tausch der Temperaturen von hochlandkühl nach mediterranwarm sowie von Apfel und Kartoffel hin zu Olive, Kaktusfeige, Zitrone, Orange und Granatapfel. 

Cheers aus dem warmen Mersin am Mittelmeer und bis zum nächsten Mal!

Teilen.

Hinterlasse eine Antwort