Trittfest – Teil 5: von Pirot nach Plowdiw mit dem Fahrrad

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Ausgeschlafen und mit besserer Laune als in Niš, starteten wir in unserer Unterkunft in Pirot in den Tag. Beim verlassen der Unterkunft bekommen wir bei der Verabschiedung dann auch noch zwei Magnete von unserer Gastgeberin geschenkt. Eine kleine Geste – doch für uns von großer Bedeutung. In Serbien verdienen die Menschen im Durchschnitt nicht einmal die Hälfte von dem, was wir in Deutschland als Gehalt ausgezahlt bekommen. Dennoch geben sie von dem Wenigen, was sie besitzen und helfen, wo sie nur können.

Schweren Herzens verließen wir Serbien aber an dem Tag und bereiteten uns auf die Grenzüberfahrt nach Bulgarien vor. Vorbereiten hieß in dem Fall: Nervennahrung shoppen, denn nicht nur die Grenze stand uns bevor, auch den bisher höchsten Punkt unserer Reise sollten wir an dem Tag kurz hinter der Grenze erreichen. Das war nicht ohne, denn der Anstieg war nicht nur steil, sondern auch der Weg war unbefestigt. So durften wir auch mehrmals das Fahrrad den Berg hinauf schieben.

Auf der Hälfte der Höhenmeter angekommen, wurden wir von der Grenzpolizei nach unserer Nationalität gefragt und im Anschluss darauf hingewiesen, dass es für uns in der Region nicht sicher sei. Es seien afghanische Flüchtlinge hinter den Büschen versteckt. Tatsächlich wurden wir Zeugen davon, denn kurze Zeit später wurde eine Gruppe von jungen Männern durch die Beamten aus dem Wald geholt und in ein Transporter der Grenzpolizei verfrachtet. Neben der Information hat uns die Grenzpolizei allerdings keinerlei Tipps oder Hilfestellung gegeben, damit wir so schnell wie möglich den Berg überqueren konnten, um aus dem Gebiet zu entfliehen. Mit einem „viel Erfolg“ verabschiedeten Sie sich von uns und rieten uns dazu uns zu beeilen oder die Autobahn zu benutzen. Leider war das nicht ganz so einfach mit dem Gepäck, dem unbefestigten Weg und achja dem Anstieg. Die Autobahn zu benutzen war für uns auch keine Option.

Wir gaben uns dennoch die größte Mühe das Grenzgebiet hinter uns zu lassen und erreichten 25 km später unseren Campingspot (leider nicht so weit wie erwartet) völlig fertig und ein wenig verängstigt.

Der nächste Tag war geprägt von schlechten Straßen, vielen Schlaglöchern und einem Umweg von 5 km Länge. Außerdem können wir berichten, dass es in höher gelegenen Regionen Morgens und Abends schon gut frisch wird. Das Thermometer kratzt an der Einstelligkeit. Wir heulen an der Stelle aber mal nicht zu sehr rum, denn das wird vermutlich im Verlauf der Reise bestimmt nochmal schlimmer.

An einem Supermarkt in einem kleinen Dorf werden wir außerdem von einem Mann auf bulgarisch angesprochen. Nach kurzer Zeit realisierten wir, er aber irgendwie nicht, dass die Kommunikation zwischen uns harperte. Davon ließ er sich aber nicht abhalten und drückte mir kurzer Hand einen Telefonhörer in die Hand. Am Apparat war eine Frau, die, genauso wie ich, sehr verduzt darüber war, mit einer fremden Person übers Telefon sprechen zu müssen. Das Gespräch endete schnell. Nachdem der Mann uns dann ein Zeichen gegeben hatte, dass er nur schnell in den Laden ging und in wenigen Minuten zurück sei, machten wir uns schnell auf den Weg. Denn auch wenn nichts passiert war und er prinzipiell die ganze Zeit lächelte, war uns seine Anwesenheit unangenehm.

In Sofia haben wir dann festgestellt, dass die bellenden Hunde bereits ein Stückchen größer geworden sind. Dennoch ließen auch diese sich durch ein zurückbellen vertreiben. In Sofia haben wir allerdings außer einer Wechselstube nicht viel gesehen – von daher fällt unser Kommentar zu Bulgariens Hauptstadt eher knapp aus.

Außerdem durften wir ein Stück weit in den Genuss des „Autobahn Flairs“ kommen – hat uns nicht wirklich gefallen.

Der Kontakt mit den bellenden Hunden war übrigens nicht unser letzter Tierkontakt an dem Tag. Am Abend gesellte sich eine Eule auf unserem dornigen aber geschützten Campingplatz zu uns. Wir waren ihr etwas suspekt, glauben wir. Denn sie kreiste mehrfach über uns und teilte uns etwas in Eulensprache mit. Eventuell wollte sie uns über den Luchs informieren, der in der Gegend herumstreifte, denn auch sein rufen vernahmen wir in der Nacht.

Nachdem wir dann am nächsten morgen losfahren wollten, ereilte uns der zweite Platten. Das war nicht verwunderlich bei dem Dornengestrüpp, durch dass wir uns zweimal inklusive Räder durchkämpften. Justin behob dann den Fehler fix, adjustierte den Spiegel, woraufhin die Halterung brach. Na toll! Das war ungünstig, denn er bereitete uns schon öfters auf sehr nah fahrende Fahrzeuge vor.

Viel Zeit zum aufregen blieb nicht, denn es rollte eine neue Bekanntschaft heran. Ein Radreisender aus Slowenien schob sein Fahrrad den Berg, auf dem wir standen, herauf. Ein sympathischer Geselle, der durch deutsches Kinderfernsehen unsere Sprache perfekt beherrscht. Das vereinfachte die Kommunikation enorm. Witzigerweise begegneten wir ihm vor der Mittagspause ein zweites Mal und verbrachten dann ein wenig Zeit zusammen bei einer Trinkwasserstelle. Obwohl er auch gern noch ein Stück mit uns gefahren wäre, trennten sich dann unsere Wege. Tatsächlich wäre unsere Tour gleich verlaufen, hätten wir uns nicht gegen die zusätzlichen 2000 Höhenmeter und für ein paar Pausentage in Plowdiw entschieden. Nun gut, die Entscheidung steht fest.

Für uns ging es dann auch noch 400m hinauf bis die Abfahrt dann endlich auf uns wartete. Auf dem Weg hinauf wurden wir von zwei Schwärmen Fliegen geplagt, die aggressiv in alle Öffnungen im Gesicht flogen und nicht einmal reißaus nahmen, wenn wir kräftig nach ihnen schlugen. Nerviger als jeder Hund, dem wir bisher begegnet waren.

 

Wir belohnten uns dann noch mit einem leckeren Eis bestehend aus Schokolade, Schokolade und Schokolade und begaben uns kurz darauf auf die Campingplatz-Suche für die letzte Nacht vor Plowdiw.

Ein geiler Spot war das! Zum ersten Mal hatten wir von unserem Platz eine Sicht auf die umliegenden Berge und Täler – beeindruckend und gleichzeitig einschüchterd. Einschüchternd auch deshalb, weil wir gelesen haben, dass es in Bulgarien viele Bären gibt. Zufälligerweise befanden wir uns an dem Abend in den Ausläufern des Balkan Gebirges (die namensgebende Gebirgskette der Balkanhalbinsel bzw. des „Balkans“) , wo sie sich unter anderem herumtreiben sollen. Bei einem mulmigen Gefühl ist es geblieben – wir verhalten uns wie bekannt und kochten und aßen an einer anderen Stelle als an unserem Schlafplatz. Unseren Müll und unser Essen verstauten wir auch weit vom Camp entfernt. Alles blieb ruhig. Nicht einmal Hunde haben wir in der Nacht gehört.

 

Wenn der Morgen mit einer Abfahrt beginnt, dann sind alle Happy – so war das auch bei uns. Generell kamen wir an dem Tag fix voran, denn es ging hauptsächlich bergab. So fühlten sich die 80 km viel weniger an als erst vermutet. In Plowdiw angekommen gönnten wir uns dann ein weiteres Schokoladeneis, gingen bulgarisch essen (probiert unbedingt einmal Omlet Kawarma, das war ein Traum) und begegneten unglaublich vielen Katzen.  Apropos Katzen: da entwickelt sich eine Vorfreude auf Istanbul in uns, denn das kennen wir so auch noch vom letzten Jahr.

Tschau ihr Lieben und bis Istanbul!

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