Kein Label für Trallala-Musik

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BuschFunk, das erste unabhängige ostdeutsche Label, fördert seit 30 Jahren ambitionierte Musik. Zu Gundermann hat es eine besondere Beziehung.

Der Film „Gundermann“ von Regisseur Andreas Dresen war der Preisabräumer 2019. Das hat mit der Story zu tun, mit der filmischen Umsetzung und natürlich mit der Musik, dem Filmsoundtrack. Es gibt auch ein Doppelalbum, auf dem Hauptdarsteller Alexander Scheer zusammen mit Band, zu der unter anderem Andreas Dresen gehört, die bekanntesten Gundermann-Lieder wiedergibt. Auf diese Platte ist Klaus Koch besonders stolz, denn er hat sie auf seinem Label BuschFunk veröffentlicht. So wie er im Laufe der Jahre schon viel Gundermann-Musik veröffentlicht hatte, unter anderem „Das letzte Konzert“ 1998. Auch Film-DVDs mit Dokumentationen oder ein Gundermann-Filmkalender gibt es bei BuschFunk.

Klaus Koch ist Gundermann seit Jahrzehnten und über den Tod hinaus geschäftlich eng verbunden, aber noch mehr gedanklich. Er war immer auch ein großer Fan des singenden Baggerfahrers aus der Lausitz. So eine Fanbeziehung pflegt er nicht zu allen Künstlern, deren Musik, Bücher und Filme er vertreibt, aber doch zu überdurchschnittlich vielen – im Vergleich zu anderen Leuten seiner Branche. Die dort weit verbreitete Stückzahlengläubigkeit und Chartsanbeterei war dem aus Wittenberg stammenden 66-Jährigen stets zuwider. „Ich bin Kunstinteressierter und erst danach Unternehmer“, hat er mal gesagt. Nur was ihn auch persönlich interessiere, habe die Chance, in sein Verlagsprogramm aufgenommen zu werden. Bei manchen Platten hätten sie von vornherein gewusst, das sie geschäftlich nicht mal auf null kommen. Gemacht haben sie sie trotzdem. Ein riskantes Geschäftsprinzip, das eben zwei Seiten zu vereinen versucht: Das Geschäftliche und die eigenen Prinzipien. Es ist nicht immer einfach, klappt letztlich aber doch seit mittlerweile 30 Jahren.

 Am 13. Dezember 1989 hatte der studierte Kulturwissenschaftler Klaus Koch zusammen mit einem Freund im Berliner Prenzlauer Berg ein „Büro für zeitgenössische Kunst“ eröffnet. Der Name BuschFunk war Programm: Hier sollten nur Künstler stattfinden, deren Qualität sich herumgesprochen hatte und die nicht mithilfe eines Hypes an den Kunden gebracht werden mussten. Das erste Konzert organisierten die BuschFunker Ende Dezember 1989 in Leipzig mit dem Duo Pannach & Kunert, zwei Ex-Mitgliedern der legendären Rockband Renft, die in der DDR Auftrittsverbot bekommen hatte. Koch hatte Pannach schon als Achtzehnjähriger für Konzerte engagiert und von ihm eine Biermann-Platte geschenkt bekommen. Nach dem Mauerfall besuchte er beide in ihrer Westberliner Stammkneipe und gewann sie für ein Comeback-Konzert in Leipzig.

Doch schon 1991 schien das Abenteuer Kunst in der Marktwirtschaft wieder beendet. Kochs Kompagnon hatte wegen „fehlender Gewinnaussichten“ das Handtuch geworfen. Er machte allein weiter und BuschFunk zum größten unabhängigen ostdeutschen Musikverlag und Label mit eigenem Vertrieb, inklusive Mailorderversand, der Kunden in ganz Deutschland mit Büchern, Filmen und vor allem mit „poetischer, engagierter, deutschsprachiger“ Musik bedient. Namen wie Bettina Wegner, Wenzel & Mensching, Gerhard Schöne, Freygang, Engerling oder Gerhard Gundermann standen auf dem Programm. So wurde BuschFunk ein besonderer Anlaufpunkt mainstreamferner Musiker mit DDR-Background. Am liebsten hätte Klaus Koch 1993 auch die einst staatliche DDR-Plattenfirma Amiga gekauft. Doch er konnte lediglich einige Lizenzen erwerben. Das große Rock- und Poparchiv sicherte sich die Münchner BMG.

Trotzdem hat sich BuschFunk als vielseitig ausgerichtete Indie-Firma etabliert, weil es Heimat geworden ist für Künstler mit Anspruch und Haltung. Und das längst nicht nur für solche mit ostdeutschem Hintergrund. So hat die Firma irgendwann die Platten der David Volksmund Produktion, des legendären Labels von Ton Steine Scherben, in seinen Vertrieb genommen. Koch hat schließlich immer auch interessiert, „was im Westen an Kulturgeschichte da ist“. Deshalb hat er zum Beispiel auch von Stoppok ein Songbuch veröffentlicht und das Debütalbum von Axel Prahl. Der wird übrigens in der nächsten Zeit auch in der Lausitz gastieren. Am 12. Juni ist ein Konzert im Amphitheater in Senftenberg geplant.

Thomas Lietz

 

 

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