„Schön, dass es Euch gibt!“

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Gibt es denn ein besseres Kompliment, als dieses? Sehr oft hören die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Cottbuser „Kost-Nix-Ladens“ diese Worte von ihren Besuchern. Wenn auch  der Titel der Einrichtung anderes vermuten lässt, sind es keine „Kunden“, die zur Cottbuser Deffke-Straße kommen. Obwohl man ja eigentlich in einen Laden geht, sich etwas aussucht, bezahlt und von dannen zieht. Hier aber spielen die ersten beiden Wörter der Einrichtung die größerer Rolle, denn die hier ausgesuchten Dinge, wie Kleidung, Spielzeug, Bettwäsche „kost“en tatsächlich „nix“.

Mit ihrem Konzept stellen die die tätigen 14 Ehrenamtler eine gelebte Alternative zur Wegwerfgesellschaft dar. Ein vernünftiges Konsumverhalten soll über diesen Weg entwickelt werden. Den eigenen Überfluss sinnvoll und kostenlos an andere Menschen weiterzugeben, denen diese Dinge noch immer gute Dienste leisten, ist das Ziel. Um aber auch bei den Nehmern nicht neuen Überfluss aufzubauen, werden die hier verkehrenden Menschen dazu animiert, tatsächlich nur drei Dinge mit heim zu nehmen. „Es ist doch so, wie beim richtigen Einkauf. Man sieht etwas, dann noch was und auch das Nächste und Übernächste meint man unbedingt zu brauchen. Und dann liegen die ersten Stücke schon eine Woche später unbeachtet in de Ecke. Solchen Erlebnissen wollen wir mit unserer Beschränkung vorbeugen“, sagt Anke Eichhorn. Die Rentnerin ist nicht nur an den drei wöchentlichen Öffnungstagen im Laden anzutreffen. Auch zwischendurch sieht man sie beim Ordnen und Sortieren im Raum, der anscheinend aus allen Nähten platzt. „Gerade deshalb ist es erforderlich, außerhalb der Öffnungszeiten eine gewisse Grundordnung herzustellen, um die Angebote gut sichtbar präsentieren zu können. Deshalb nehmen wir derzeit keine Wintersachen an, erst ab Oktober können diese saisonalen Stücke wieder zu uns gebracht werden“, so die Frau, die mit ihrer gelebten Herzlichkeit maßgeblich zur so angenehmen Atmosphäre im Kost-Nix-Laden beiträgt. Unverzichtbar ist inzwischen auch Jihad Nassro aus Syrien, der seit acht Monaten nicht nur für manch körperliche Herausforderung, wie dem Aufstellen von Regalen und dem Transport schwerer Gegenstände zuständig ist. Auch für Putzarbeiten, den „Dienst“ an der Kaffeemaschine und die Kommunikation mit der fremdsprachigen Kundschaft ist er hilfreich.

Manch fleißige Helfer aus den Reihen der hier verkehrenden Cottbuser bereichern durch ihre fleißige Heimarbeit das Angebot des Ladens, wie Anke Eichhorn erzählt: „Wir haben da unsere ,Strick-Omi‘, deren Namen ich nicht einmal kenne. Sie holt sich bei uns im Laden viele Wollknäuel, nimmt sie mit heim und kommt dann oft schon wenige Tage später mit gestrickten Socken in allen Größen und Farben zurück. Mit diesen können wir dann andere Kunden gut versorgen.“ Auch Irene Strahl gilt als gute Seele des Landes. Sie sorgt für Kuchen, Kaffee und kleine Süßigkeiten. Mit diesen Aufmerksamkeiten sagt sie regelmäßig auf besondere Weise „Danke“. Mit „Reni“ Strahl kommen die hier tätigen Ehrenamtler oft ins Gespräch, aber auch mit anderen Kunden entwickeln sich lose Freundschaften. Insofern bietet der Laden auch Raum für Begegnungen und einen sozialen Austausch, unabhängig von Alter, Herkunft und Schichtzugehörigkeit.

Zu den gern gesehenen Dauergästen in der Deffkestraße zählt Gisela Röhl. Ihrem Motto folgend, dass Dinge, die bei ihr lange unbeachtet herum liegen, anderen Menschen durchaus noch gute Dienst leisten können, bringt sie bestens erhaltene Kleidung vorbei, um im Gegenzug nachzusehen, ob vielleicht ein für sie interessantes Buch abgegeben wurde. Für Leute, die sich von größeren Dingen trennen wollen, beispielsweise  von funktionstüchtigen Fernsehgeräten, Möbelstücken oder Fitnessgeräten, ist im hinteren Ladenbereich eine Biete-Suche-Pinwand eingerichtet. „Auch über den Weg konnten wir schon oft hilfreicher Partner sein. Für beide Seiten übrigens. Für die, denen das Entsorgen ihrer Dinge in Richtung Müllkippe widerstrebte, genauso wie für Menschen, denen wir so helfen konnten“, so die hier seit drei Jahren tätige Anke Eichhorn.

Selbstverständlich gilt ein Reglement zu den Dingen, die hier angenommen werden und zu denen, die konsequent abgelehnt werden. Zu Letzteren zählen: defekte technische Geräte, verschmutzte oder kaputte Textilien, Unterwäsche aller Art, Medikamente, Kosmetika und Drogerieartikel, sowie auch alle Formen von Drogen und Rauschmittel. Dass natürlich auch die Annahme von Waffen und Kriegsspielzeug verweigert wird, versteht sich von selbst.

Die hilfreichen Seelen aus dem Kost-Nix-Landen tragen bei aller Freude an ihrer humanitären Hilfeleistung einen Wunsch in sich: „Weil dieser Raum hier erkennbar an seine Grenzen stößt, und wir ja eigentlich keinen, der seine Dinge zu uns bringt, wegschicken wollen, wäre es schön, wenn wir irgendwo zu erschwinglichen Mietpreisen größere Räumlichkeiten bekommen könnten. In unserem Vorstand haben wir schon häufig diese Not diskutiert und uns umgesehen und umgehört. Aber das Richtigem vor allem das für uns auch Machbare war noch nicht dabei. Allein deshalb, weil wir ja für all unsere anfallenden Kosten auf die freiwilligen Spenden der bei uns verkehrenden Menschen und auf die Unterstützung durch unseren lieben Hilfe der Mietpatenschaftler angewiesen sind.“

Georg Zielonkowski
Titelfoto: Anke Eichhorn mit Gisela Röhl. Foto:

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