Tanz im Industrieschloss

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Tanzschule Daniel Kara lädt zum Tag der Architektur

Wo vor 100 Jahren noch mit schwerer, schmutziger Hände Arbeit riesige Maschinen für die regionale Tuchfabrikation gebaut wurden, schweben heute velourbesohlte, leichte Füße übers blankpolierte und schwingende Parkett. Die ehemalige Maschinenfabrik „Richard Schwanert Nachf.“ in der Cottbuser Parzellenstraße hat eine bewegte Geschichte hinter sich, die nun mit der „Tanzschule Daniel Kara“ auf ganz besondere Weise fortgeschrieben wird. Statt Maschinenlärm erklingt hier heute Musik.
„Wöchentlich widmen sich hier bis zu 600 Tanzbegeisterte jeglichen Alters in den verschiedenen Kursen entweder den ersten Grundlagen, neuen Figurenkombinationen oder ausgefeiltem tänzerischen Können“, sagt Anke Stephan, Assistentin der Geschäftsführung. Tanzclub oder Ball- und Galaveranstaltungen sowie Tanz- und Übungspartys geben darüber hinaus die Möglichkeit, außerhalb des Unterrichts das (neue) Hobby in gepflegter Gesellschaftstanzrunde auszuleben.
Schwer vorstellbar, dass an dieser Stelle im Juni 2013 ein verheerender Brand wütete und die ehemalige Fabrik Totalschaden erlitt. Das damalige Domizil von 20 Garagenbands und einer Werkstatt brannte bis auf die Grundmauern nieder.

Turniertanz in Trümmern

Nicht mal zwei Jahre später waren der Architekt Fred Wanta, Tanzlehrer Daniel Kara und sein Team sowie die Bauherren Klaus und Hanns Kisters dabei, die Idee des Wiederaufbaus umzusetzen. Geplante Bauzeit: ein Jahr! „Skeptiker sagten schon einen zweiten BER voraus“, scherzt Fred Wanta. „Zunächst mussten auch erst einmal 2500 Kubikmeter Abraum, Schutt, Sperrmüll und gefährlicher Müll sortiert, beräumt und entsorgt werden.“
Dieses anfängliche, unbegreifliche Chaos hielt einer dieser Skeptiker, der Bauingenieur und Fotograf Heiner Stephan, mit der Kamera fest. „In weiser Voraussicht, dass man sich den Ausgangszustand später gar nicht mehr vorstellen kann, und um die Verbindung zur geplanten Tanzschule zu schaffen, habe ich zwei Turniertänzerinnen in der Brandruine fotografiert.“ Mit der nur einmonatig verzögerten Fertigstellung und Eröffnung der Tanzschule im Oktober 2016 ließ Stephan die Damen an selber Stelle noch einmal posieren. Entstanden ist eine faszinierende Vorher-Nachher-Fotoreihe mit 20 Bildern, die das Ausmaß des hier Gewesenen und Geschaffenen eindrücklich erahnen lassen.
Tanzschule Kara_Heiner StephanDie Fabrik bzw. die dort nun beheimatete Tanzschule und das Medi Fit Reha Sport- und Therapiezentrum in ihrem jetzigen Erscheinungsbild tragen den Widerspruch von Alt und Neu in jedem Quadratmeter in sich. „Fabriken wie diese waren die neuen Schlösser der industriellen Revolution“, erläutert Architekt Wanta. Ihm ist es zu verdanken, dass dieses „Schloss“ mit seinen einmaligen Ziertürmen und der Klinkerfassade wieder zum Leben erweckt wurde und die ursprüngliche Idee eines profanen Blechersatzneubaus nicht umgesetzt wurde. Stattdessen baute Wanta auf die noch erhaltenen Grundmauern auf und machte so die ältere und neuere Geschichte spürbar: Die übrig gebliebene, erhaltene historische Substanz der Industriebauweise des 19. Jahrhunderts, aber auch die jüngeren Spuren des Brandes machen das Objekt – gepaart mit den hinzugefügten, modernen architektonischen Elementen – lebendig.

Vernissage und Wohlwollen

„Für die Familie der Bauherren Kisters ist diese Art der Um- und Instandsetzung vor allem eine Investition in die Familiengeschichte, aber auch für die Stadt Cottbus und die Kultur der Region“, betont Anke Stephan. Zum bundesweiten „Tag der Architektur“ am 25. Juni hat jede/r Interessierte die Gelegenheit, sich selbst ein Bild von der Sanierung der Maschinenfabrik zu machen. Fred Wanta führt dann durch die insgesamt 2000 Quadratmeter großen Räumlichkeiten der Tanzschule und des Medi Fit Reha Sport- und Therapiezentrums. Seine Führungen versprechen viel Geschichte(n) und Anekdoten rund um das Objekt und dessen außerordentlichen Wiederaufbau. Zugleich werden die beeindruckenden Fotos von Heiner Stephan erstmalig ausgestellt.
Für Staunen bei den Besuchern dürfte dabei vor allem der 600 Quadratmeter große, turniertanzfähige Tanzsaal sorgen. Auf 17,5 Meter Breite stützenfrei, ruht auf den ehemaligen Originalmauern der Fabrik die ganze Last der Dachkonstruktion. Mit dem neuen Leben voller Musik und Tanz, welches alle Beteiligten hier mit der Tanzschule haben einziehen lassen, tragen die Mauern diese Last aber ohne Frage sicher gern und mit viel Stolz, Wohlwollen und Freude.

Anne-K. Schöler-Rensch

Fotos: Lisa Herrmann posiert bereits 2015 in der Brandruine… und ein Jahr später in dem beeindruckenden Tanzsaal. © Heiner Stephan


Infos
Tag der Architektur
Tanzschule Kara + Medi Fit Reha Sport- und Therapiezentrum
25. Juni, Führungen mit Architekt Fred Wanta: 13, 15 und 17 Uhr;
Vernissage zur Fotoausstellung von Heiner Stephan

Neuer Tanzkurs für Einsteiger
ab Montag, 15. Mai, 18.15 Uhr, 9 x 95 Minuten

Tanzparty – gepflegter Gesellschaftstanz
Nächster Termin: 27. Mai, 19.30 bis 23.00 Uhr
(alle zwei Wochen)

Parzellenstraße 67-70, Cottbus
0174-609 4035
tanzschule-kara@gmx.de
www.tanzschule-daniel-kara.de

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