Clubkultur trifft Bukowina

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Glücklich der Künstler, der einen großen Titel hat – so wie der „König des Balkan- Pop“? Nicht so Shantel, der sich das Etikett verbeten hat, als er vor Jahren mal den BBC Worldmusic  Award verliehen bekam. „Ich habe mit dieser Balkanmusik und diesem Hype eigentlich nichts am Hut“, sagte er dem BBC-Interviewer. „Mir ging es um meine Selbstverwirklichung als Musiker, als Künstler. Deshalb interessieren mich viele Sounds, nicht nur der des Balkans.“

Shantel heißt eigentlich Stefan Hantel und ist ein in Mannheim geborener Musiker, DJ und Musikproduzent mit familiären Wurzeln in der osteuropäischen Bukowina, weshalb seine musikalische Livebegleitung auch den hübschen Namen Bucovina Club Orkestar trug. Shantel ist ein Tausendsassa, der schon in den Achtzigern in der durch Migrationsgründler aller Art kulturell überbordenden Mainmetropole Frankfurt die Clubszene aufmischte. Im legendär-berüchtigten Bahnhofsviertel betrieb er einen illegalen Underground-Club, in dem eine international bunt gemischte Szene aus Kunststudenten, Bohemiens, Langzeitakademikern, jungen Musikern, Immigranten, Schwulen und Lesben und gestrandeten Freaks aus aller Herren Länder nach grenzenlosen Rhythmen gierte. Und Shantel konnte sie liefern, denn seine Devise lautete: „Vorwärts in alle Richtungen, lasst uns experimentieren und demonstrieren.“ Osteuropäische Tanzmusik zum Beinemachen für Westler, wobei Shantels Methode des kulturellen Mixing und Sampling darin lag, Dinge aus dem Zusammenhang zu reißen und in einen neuen zu überführen. Es gab  nicht viel, was es bei ihm nicht gab in puncto Experimentierpop: griechisch-türkischen Underground-Sound, Roots-, Dub-Reggae und Arab-Pop, TripHop, Jazz, Electro, wenn er im Bahnhofsviertel-Club „Lissania Essay“ an den Turntables stand, verschmolz die Weltgegenden Nordafrika, Brasilien, Griechenland, Frankreich, Jamaika zu einem kosmopolitischen Rhythmuszentrum. Shantel – ein musikalischer Austauschschüler und -meister. Schnell wurde er als einer der deutschen Pioniere des sogenannten Freestyle-Clubbing weltweit gefragt, spielte an der Seite von MC Solaar, Kruder & Dorfmeister, Gilles Peterson, Massive Attack, Björk und Howie B.

Nun schlägt Shantel mit „30 Jahre Club Guerilla“ ein neues Kapitel seiner never ending Tour unter dem Motto „Shantology // 30 Years of Club Guerilla“ auf. Und weil er ein Typ mit offenem Blick in alle Richtungen ist, ist auch Cottbus in seinen Radar gekommen. Im Bebel wird er mit seinem Bucovina Club Orkestar die Verhältnisse zum Tanzen bringen.

Thomas Lietz
Foto © PR

Ausflipp-Tipp
Shantel und Bucovina Club Orkestar
15. Juni, 20 Uhr, Bebel, Cottbus

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