„Die Songs gehen schon ganz schön ans Eingemachte“

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Die Band Silbermond hat ein neues Album produziert. Ein Gespräch mit Sängerin Stefanie Kloß und Schlagzeuger Andreas Nowak 

 „Schritte“ ist euer sechstes Album, und man hört ihm an, dass Ihr als Personen gereift seid und einige Lebenserfahrungen gemacht habt.

Stefanie Kloß: Im Song „In meiner Erinnerung“ geht es um meine sehr private Geschichte, weil mein Vater gestorben ist, als ich sehr jung war. In dem Lied stelle ich mir auch die Frage: Sagst du mir, was bleibt übrig von der Lebenszeit? Was hinterlässt man, wenn man geht – diese Frage stellt sich doch für jeden Menschen irgendwann. Als ich darüber als junge Mutter und Frau in dieser Gesellschaft nachgedacht habe, überlegte ich mir: Was würde ich gern selbst von mir sagen wollen?

Deine Antwort?

Stefanie: Dass mein Kind später einmal von mir sagt, dass ich eine coole Mutter war, die ihm etwas Gutes mitgegeben hat. Außerdem will ich gern eine gute Tochter sein, die für ihre Mutter da ist. Ich möchte eine gute Freundin sein, eine gute Bandkollegin und ein Mensch, mit dem andere Menschen gern zusammen sind. Wenn du im Kleinen so einen Anspruch hast, gehst du auch entspannter mit deiner Musik um. Es ist am Ende des Tages eben auch nur Musik. Für uns als Band ist sie das Wichtigste, aber ein Hörer entscheidet vielleicht nach dreißig Sekunden, uns einfach weg zu skippen, weil ihn unsere Musik nicht berührt oder seine Lebenssituation nicht trifft. Deswegen ist es für mich erst mal am Wertvollsten, etwas als Mensch für meine Mitmenschen zu hinterlassen. Erst danach kommt die Musik. Wenn man jedoch einen Song, wie „Symphonie“ schafft, der zu einem Evergreen wird, dann ist das die Kirsche auf der Sahne.

 Dass Ihr auf dem Album stark über das Leben reflektiert, gehört zur Entwicklung der Band. Fiel es trotzdem auch schwer, eure Gedanken- und Gefühlswelt so weit zu öffnen?

Stefanie: Wenn man sich „Schritte“ anhört, geht das schon ganz schön ans Eingemachte. Da ist wenig verborgen gehalten an Gedanken und auch Ängsten. Was es heißt, als Band eine Platte zu machen, ist schwer zu erklären. Es ist nicht so, dass wir Songs einspielen – und wenn die den Leuten nicht gefallen, fahren wir schnell ins Songwriter-Camp und schustern einfach die nächsten zusammen. Eine Albumproduktion ist für uns ein langwieriger Prozess, so war es auch diesmal. Da sitzen wir beisammen, spielen, streiten und kritisieren uns hart, aber wir feiern uns auch ab für gute Ideen. Wir sind nach so einer Produktion auch mal echt voneinander genervt und brauchen Luft, um dann wieder zusammenfinden zu können. Mit dem Album „Schritte“ haben wir tatsächlich inhaltlich weiter „aufgemacht“ als bisher. Aber das fühlt sich gut an unterm Strich. Jetzt freuen wir uns alle sehr auf den Moment, wenn es mit den neuen Songs endlich wieder auf die Bühne geht.

Wie viel Verantwortung seht Ihr bei Künstlern, sich für eine gute Zukunft der Welt zu engagieren?

Stefanie: Das ist eine große Frage: Müssen Künstler Stellung beziehen, Haltung zeigen, Vorbild sein? Für uns als Band war es immer selbstverständlich, für eine gute oder gegen eine schlechte Sache einzustehen, zum Beispiel wenn es gegen Naziaufmärsche in Sachsen ging. Da haben wir uns nie gefragt, ob uns das imagemäßig gut oder schlecht tut. Ob man sein Engagement immer in Songs einfließen lässt, ist eine ganz andere Frage, die jeder Künstler für sich selbst beantworten muss. Wir hatten lange nicht das Gefühl, dass wir es können.

Kürzlich habt Ihr aber einen Song – „Mein Osten“ – veröffentlicht, in dem ihr die Zerrissenheit in der ostdeutschen Gesellschaft thematisiert.

Stefanie: Wir wollten damit unser Gefühl für die Situation in unserer Heimat zum Ausdruck bringen. Wenn wir das in einem Song hinkriegen, hatten wir uns geschworen, bringen wir den heraus – ganz unabhängig davon, ob es jetzt gerade ein Album gibt oder nicht.

Mit Popstars verbindet man eher einen ausschweifenden denn nachhaltigen Lifestyle. Bei  euch ist das anders?

Andreas: Das hat auch damit zu tun, wie wir aufgewachsen sind. Wenn ich an meine Oma denke, die konnte nie etwas wegwerfen. Das ist heute natürlich schwieriger. Wenn du die Straße entlangläufst, wirst du mit Werbung für neue Produkte regelrecht bombardiert: Kauf jetzt, kauf jetzt, kauf jetzt! Diesen Konsumdruck immer auszublenden ist schon eine kleine Herausforderung.

 

Interview : Thomas Lietz

 

 

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