Editorial Januar 2019

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Weit, weit weg in einer Stadt am Fluss namens Hudson River gleich gegen über von Manhatten im Stadtteil Brooklyn in New York fanden sich ein paar Freunde zusammen und kreierten Anfang der 70er-Jahre Dancemoves (dt. Tanzbewegungen), die aussahen, als hätten die Menschen, die sie ausführen keine Knochen im Leibe. Folgerichtig nannten sie das Breakdance. Sie sammelten sich auf Straßen, in leerstehenden Häusern, die es damals zuhauf gab, und beschlossen, sich nicht mehr gegenseitig die Köpfe einzuschlagen und sich abzustechen oder zu erschießen, sondern sich in Dancebattles (dt. Tanzkämpfe) zu messen. Wer die besten Bewegungen auf die Dancefloors (dt. Tanzflächen) bekam, hatte den Respekt der anderen und war der King. Ein paar Jahre später nahm sich Harry Belafonte des Themas an und machte daraus den Film „Beatstreet“ – ein Welterfolg. Diese sprühende Kreativität und der Wille, aus Nichts Kunst zu schaffen, war so beeindruckend, dass sich daraus eine Jugendkultur entwickelte, die bis heute hält.

Nah, ganz nah in einer Stadt am Fluss namens Spree, gleich gegenüber dem Staatstheater fanden sich vor sieben Jahren ein paar Freunde zusammen und kreierten einen Club namens Scandale. Junge Leute trafen sich zu Beats von Platten und Laptops und tanzten zusammen, sangen, spielten Spiele und hielten seitdem eine ganze Stadt, Cottbus genannt, mit einer unfassbaren Kreativität in Atem. Plötzlich tauchten neue Restaurationen mit teils wunderlichen Namen auf, Wilde Barbara, Auguste Bergmann, Seitensprung, PrimaWetter – und alle hatten eins gemeinsam: Es steckten immer dieselben Leute dahinter und ihre Veranstaltungsorte wurden bundesweit zu Geheimtipps. Im Scandale gab sich zu den Eröffnungs- und Abschlussparties des Cottbuser FilmFestivals die osteuropäische Filmszene die Klinke in die Hand, gemeinsam mit dem Staatstheater traf sich Jugendstil mit Jugendstyle, es legten auf legendären Festen weltbekannte DJs, wie DJ Hell oder Markus Kavka auf. Hier spielten die Beatsteaks das einzige Wohnzimmerkonzert Deutschlands, bevor sie zwei Mal die Berliner Wuhlheide ausverkauften. Hier tauchte Marteria auf, Jennifer Rostock servierte Schnäpse, skandinavische Bands rockten den Keller bunt. Das PrimaWetter knallte eine Strandidylle mitten in die Stadt, die Leute kamen aus den umliegenden Großstädten, um das zu sehen. Auguste Bergmann zeigte, wie urbane Gärten aussehen können. Allein, um die Vielfalt der Aktionen, dieser Kreativgruppe aufzuzeigen, könnte man locker ein ganzes Heft vollschreiben.

Diese Truppe schafft also eine Kreativität, die für die Stadt ein großer Schatz ist, der nur gehoben werden muss. Sie holen mit ihren Einrichtungen Leute nach Cottbus und machen ganz uneigennützig auf die Stadt aufmerksam und das, obwohl da meistens nicht mal 100 Leute Platz fanden. Bestes Marketing ever! Wenn man die Leute machen ließe, wäre die Stadt innerhalb kürzester Zeit voller liebenswerter HotSpots. Was denen aber fehlt, ist, wie meistens bei den Kreativen: Geld und Unterstützung. Nun soll die Bude dicht gemacht werden. Nach Wilde Barbara, PrimaWetter und Auguste Bergmann der vorletzte Laden. Wie tief die Gründe dafür sind, soll hier nicht das Thema sein, sondern: Die Schließung des Scandale ist ein fatales Signal für Cottbus.

In diesem Sinne

Bleiben Sie offen

ihr

Heiko Portale

Chefredakteur, hermann

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