Theatergeflüster – SONNENALLEE

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Manchmal, wenn ich auf dem Weg zu meiner Tochter von Cottbus nach Berlin-Friedrichshain bin, sagt das Navi: Fahr mal besser auf der A 113 an der Johannisthaler ab, dann aber nicht hoch zur legendären 96a, denn da ist Stau, sondern hinein in den Königsheideweg und rauf auf die Baumschulenstraße und dann nach links ins „kürzere Ende der Sonnenallee“. – In Gedanken mache ich eine Vollbremsung! Hier also haben sie den „Aufstand geprobt“, denke ich.
Micha, Mario, Wuschel, Appel und Brötchen, die glorreichen Fünf aus Leander Haußmanns Film, aus Thomas Brussigs Roman und aus beider und Detlef Bucks Theaterstück. Hier, am kürzeren Ende der Sonnenallee. Ist ja noch ziemlich weit draußen, denke ich, die Allee kommt wie eine vierspurige Stadtautobahn daher, und wo einst die Mauer stand, geht nur eine schmale Pflasterzeile quer übern Asphalt. Dennoch: Hier haben die Jungs „den Aufstand geprobt“. Womit sich – im wirklichen DDR-Leben der siebziger Jahre wie im Film, im Roman und im Theaterstück – auf den ersten Blick nichts Politisches verbindet. Kein felsenfeste Überzeugung, kein alternatives Programm und keine geheime Organisation, nur ein Lebensalter. Zu dem bin ich gerade unterwegs, zu meiner Tochter im Friedrichshain. In Gedanken löse ich die Bremsen und gebe vorsichtig Gas. Von diesem Lebensalter, dem meiner Tochter wie dem von Micha & Co., lässt sich nur ausgelassen-heiter erzählen, weil Lebenslust und Lebensmut so wenig kalkuliert und so ganz und gar nicht „regulierbar“ scheinen. So ganz anders eben als das durchregulierte und auskalkulierte Leben in den DDR-Siebzigern …  – denke ich und bin schon drüben in Neukölln auf dem „längeren Ende“ der Allee, die heute die „arabische Straße“ Berlins genannt wird. Syrische Lokale, arabischer Schick, Barbiere, Juweliere … und so viele Menschen aus der Ferne und so ausgelassen und heiter …

SONNENALLEE, Schauspiel mit Live-Musik
ab 19. Februar 2017 wieder im Großen Haus

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