Gestärkt vom süßen und reichhaltigen Frühstück des Emiratis Ali und ausgiebig viel sozialer Interaktion mit ihm, den zwei Belgiern, die er im Schlepptau hatte und einer Gruppe von Philippinerinnen, freuten wir uns schon auf etwas Ruhe in unserem vorab gebuchten Hotel.
Leider hatten wir uns mit der Zeit etwas verkalkuliert und entschieden spontan auch für die kommenden zwei Tage eine Bleibe mit Internetverbindung zu suchen. Es war einfach viel zu viel zu tun und wir wollten nicht gänzlich planlos und ohne „Weiterfahrtticket“ in den Oman einreisen. So pflegten wir unsere Social Media Kanäle, besorgten uns das Visum für Indien und nach reiflicher Überlegung der groben Route die dazugehörigen Flugtickets.
Die ersten Kilometer in den Oman hinein waren etwas kurios. Obwohl unsere nächste Destination nur 7km Luftlinie von uns entfernt lag, legten wir an dem Tag ca. 50km zurück. So fuhren wir (geometrisch ausgedrückt) im Dreieck, wobei ein Innenwinkel kleiner als 10° betrug (wir übernehmen für diese Angabe keine Gewähr). Das lag hauptsächlich daran, dass der Grenzübergang für internationale Besucher 25km östlich von uns lag und wir nicht einfach die innerstädtische Grenze, wie die Emiratis passieren durften. Immerhin waren die Grenzbeamten freundlich und wir hatten auf dem Weg nach Al Buraimi ordentlich Rückenwind.
Am nächsten Tag führte uns unser Weg (übrigens fahren wir seit der VAE jeder in langen Schlafanzughosen) wieder knapp an der Grenze vorbei – mit Gegenwind die Berge hinauf. Richtig gehört: Berge, denn die Landschaft hat sich mit der Grenze komplett verändert – von soften Dünen zu schroffen und gerölligen Bergen.
Was gleichgeblieben ist, ist die Gastfreundschaft und das ständige Angebot zu helfen. So lehnten wir wieder einmal eine Übernachtungseinladung ab, denn wir sehnten uns einfach mal wieder nach einer Nacht allein im Zelt.
Im Oman fällt es überhaupt nicht schwer einen geeigneten Schlafplatz zu finden, da das Land nicht besonders dicht besiedelt ist und zusätzlich Wildcamping legal betrieben werden kann.
So zelten wir in den darauffolgenden Nächten an einsamen Orten, die meist von blassbraunen Gesteinserhebungen umrundet waren, sowie in Canyons, die einen kleinen Wasserstrom führen (sog. Wadis) und so für eine grüne und abwechslungsreiche Vegetation in der sonst kargen Bergwelt sorgen.
Durch die Diversität und die Verfügbarkeit von Wasser ist hier allerdings etwas mehr Vorsicht beim Herumstreifen geboten, da die Wahrscheinlichkeit von giftigen Schlangen und Skorpionen im Gegensatz zur „normalen“ Berglandschaft erhöht ist.
So trafen wir im Wadi Dham auf einen deutschen Auswanderer, der uns von seinem unverhofften Schlangenkuss in seiner Hängematte erzählte. Der Abend blieb bei uns aber schlangenfrei und wurde mit viel Geschichten und etwas Wodka zweier Belgier aus dem Duty-Free Bereich entspannt.
Da wir beide noch nicht im Naturpool eines Wadis geschwommen sind, wollten wir uns auch das nächste Wadi auf unserem Weg nicht entgehen lassen – Wadi Nakhr. Zufälligerweise lag dieser auch zu Fuße des höchsten Berges des Omans und wird im Volksmund auch als Grand Canyon of Arabia bezeichnet. Unserer Meinung nach auch nicht zu Unrecht. Denn trotz dessen, dass wir extra früh aufgestanden sind und über eine Stunde wanderten, erreichten wir immer noch nicht den Anfang und somit auch nicht die Quelle mit den Naturpools. Dennoch hatten wir einen atemberaubenden Blick im Canyon, der im Morgenlicht geradezu leuchtete. Da passte es nur allzu gut, dass wir im Canyon Saft, Wasser, Tee und typisches Brot geschenkt bekommen haben und somit voll und ganz genießen konnten.
Leider standen uns für den Tag aber noch 70km bis zum Guesthouse in Manah sowie der „Weihnachtseinkauf“ bevor, weshalb wir den Rückweg zu unseren Fahrrädern antraten.
Apropos: hier sind wir nicht wirklich in Weihnachtsstimmung gekommen, was in einem, vom Islam geprägtem Land vermutlich nicht unbedingt verwunderlich ist.
Am Weihnachtsabend waren wir dann aber immerhin mit einem anderen Radreisenden zum Abendessen in einem indisch-türkisch-arabischen Restaurant verabredet, sodass wir zumindest auch in Gesellschaft waren.
An dem darauffolgenden Tag peilten wir das Museum „Oman across Ages“ an. Hier wurden wir draußen zunächst von einem abstrakten Gebäude sowie einem britischen Expat empfangen, der uns ein paar Zusatzinfos zum neu-eröffneten Museum zusteckte und uns mitteilte, dass wir hier die ersten Besucher mit dem Fahrrad seien. Das Museum selbst erinnerte uns von der Aufmachung ans Futurium in Berlin, denn es bot viele Möglichkeiten des spielerischen Lernens und an jeder Ecke konnte man bewegte Bilder finden. Abgebildet wurden hier einerseits die Geschichte als auch Informationen zur Gegenwart und auch die Zukunftsvisionen des Omans (beispielsweise welche Wirtschaftszweige dieser zukünftig nach der Ölzeit ausbauen und wie schnell er unabhängig von dieser Ressource sein möchte).
Vollgepackt mit Informationen machten wir uns zunächst wieder auf zum Guesthouse, um am nächsten Tag unsere Fahrräder zu beladen und weiter in Richtung der Wüste Wahiba Sands zu fahren, wo wir den Silvesterabend verbringen wollten. Nach einem sehr kurzen Fahrtag trafen wir uns am Abend vor unserem Zelt mit Mohammed zum gemeinsamen Abendessen. Mohammed ist begeisterter Fahrradfahrer, Besitzer zweier Fahrradläden und Organisator einiger Fahrradevents im Oman. Die Basis für viel Gesprächsstoff war demnach definitiv dar. Es vergingen ein paar Stunden in denen wir uns angeregt über Gott und die Welt austauschten und es fühlte sich so an, als wären wir uns an dem Abend nicht erst zum ersten Mal begegnet.
So führte eins zum anderen und wir kehrten am nächsten Tag in seinem Fahrradladen in Izki ein, um ein paar Ausbesserungen machen zu lassen und wurden auch dort nochmal zum Essen eingeladen. Außerdem sind wir auch zu Justins Geburtstag mit ihm in Maskat verabredet und sind gespannt was uns da erwarten wird.
Doch zunächst führt uns unser Weg weiter durch die Berge in Richtung Sandwüste. Auf dem Weg dorthin werden wir von Bedr dem Mathematiklehrer aus dem Auto heraus zum Kaffe/Tee auf eine Dattelplantage eingeladen. Hier werden wir mit Obst, Tee, Kaffee, Datteln und einer Besichtigung einer alten verlassen omanischen Siedlung beglückt – einfach nur toll! Die Gespräche fanden zwar aufgrund der Sprachbarriere etwas spartanisch aus, doch irgendwie klappt die Verständigung ja immer.
Wir genossen den Ausflug, doch wir waren gleichfalls heilfroh am Abend wieder in unserem Zelt zu sitzen, sodass wir die Eindrücke der letzten Tage verarbeiten konnten, ehe am nächsten Tag wieder die Hupkonzerte und Winkproben fortgeführt wurden.
Trotz Berge und einiger Höhenmeter kamen wir sehr gut voran. Der Wind spielte mit und auch die Motivation auf zwei abgeschiedene Nächte in einem der hiesigen Desert Camps mit Sand zwischen den Füßen trieb uns an.
Auch eine durch losen Kies nicht fahrbare Strecke hielt uns nicht auf. „Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt“ hallt es in unseren Köpfen. Und glaubt mir, wenn ich euch sage, dass wir unsere Fahrräder in diesem Moment bei 30 Grad Celsius in der Mittaghitze sehr geliebt haben. Ungläubig von unserem Vorhaben, blieb jeder Truck, der an uns vorbeikam, stehen, um Hilfe anzubieten. Die Fahrer fragten uns mehrfach, ob wir nicht unsere Fahrräder auf deren Truck laden wollen, denn es wäre so doch viel einfacher.
Der vierte Fahrer konnte diesen Anblick – wie wir schweißverschmiert unsere Fahrräder über den losen Untergrund schoben – dann nicht mehr ertragen. Er stieg kurzerhand aus seinem Auto aus, klappte die Tür zu der offenen Ladefläche auf und legte selbst Hand an. An eine Widerrede war in dem Moment gar nicht zu denken und kurze Zeit später fanden wir uns bereits im Fahrerhaus seines 4×4 wieder, während die Fahrräder und unsere Taschen unbefestigt auf der Ladefläche lagen. Normalerweise wäre das vermutlich kein Problem gewesen, doch unser Fahrer bretterte mit einem sorgenerregenden Tempo durch die Prärie, worauf ich mich schon fragte, ob die Aktion so eine gute Idee war. Nach diesen schnellen 10 km stellten wir fest, dass alles noch da war. Nach der Aktion hatten wir genügend Zeit, um entspannt noch für die kommenden Tage einkaufen zu gehen und einen Schlafplatz vor den Toren der Stadt und unserem Abholort Bidiyya zu suchen.
Eine letzte Vorbereitung vor unserem Aufenthalt in der Wüste stand allerdings noch an: wir mussten unsere Fahrräder sicher unterstellen. Dies war allerdings kein Problem, denn Mohammed unser Freund hatte seine Kontakte aktiviert. So fuhren wir auf direktem Wege zu Hamad (einem Bibliothekar) und seiner Familie, stellten unsere Fahrräder auf seinem Grundstück ab und wurden auch da nochmal zum Mittagessen eingeladen, ehe wir am vorab vereinbarten Treffpunkt von einem Fahrer des Desert Camps abgeholt wurden.
Zu unserer Zeit in der Wüste und den Bekanntschaften, die wir da und auf unserer Reise nach Maskat gemacht haben, erfahrt ihr dann im nächsten Beitrag.