Die Diskussion um die Kreisgebietsreform erhitzt die Gemüter. Fakt ist, dass die aktuell Regierenden (SPD und Die Linke) eine Verwaltungsstrukturreform bis 2019 für nötig halten. Grund ist der demografische Wandel und die wirtschaftliche Entwicklung. Doch was genau würde das für die Cottbuser Kulturlandschaft bedeuten? Wir fragen unseren Oberbürgermeister Holger Kelch.
WELCHE KULTURELLEN EINRICHTUNGEN UND PROJEKTE UNTERSTÜTZT DIE STADT DERZEIT MIT WIEVIEL GELD?
Die Stadt Cottbus unterstützt freiwillig derzeit 13 Institutionen und Projekte. Das sind der Tierpark, die städtischen Sammlungen, das Piccolo, die Theaternative, das Konservatorium mit dem Kindermusical, die Volkshochschule, die Bibliothek, das Planetarium, die Schule für niedersorbische Sprache, das Glad-House, das Staatstheater und das dkw, die Stiftung Fürst Pückler Branitz und das Filmfestival. Insgesamt stellen wir dafür jährlich ca. 13,1 Millionen in den Haushalt ein. Von Land und Bund gibt es für einen Teil der Einrichtungen noch einmal 6,7 Millionen aus diversen Töpfen dazu.
GAB ES BEI IHNEN JE ÜBERLEGUNGEN ETWAS BEI DEN 13 MILLIONEN EINZUSPAREN?
Nein. Diese Einrichtungen sind ja in vielerlei Hinsicht unendlich wichtig und einzelne Einsparungen würden nicht signifikant zum Haushaltsausgleich führen. Zudem sind die meisten Cottbuserinnen und Cottbuser sehr stolz auf diese Angebote, und das zu recht. Neben der kulturellen Vielfalt gibt es noch einen Punkt zu beachten, denn nach der Einführung von ,Bildung und Teilhabe‘ können Kinder aus schwierigeren familiären Umfeldern partizipieren. Wenn man also hier sparen würde, organisiert man sich doch – sozial gesehen – viel größere und teurere Probleme.
WELCHE AUSWIRKUNG HÄTTE DER VERLUST DER KREISFREIHEIT IN DEM ZUSAMMENHANG?
Die Stadt würde an Mitbestimmung verlieren. Aber bislang ist beispielsweise nicht geklärt, wie strukturelle Fragen gelöst werden sollen. Wenn es tatsächlich darum geht, überregional wichtigen Einrichtungen finanziell besser auszustatten mit Geld vom Land, dann kann das heute schon gemacht werden, ohne das an eine Kreisgebietsreform zu knüpfen. Denn die Einrichtungen sind ja da und erfüllen ihre Aufgaben.
ES GEHT ALSO VOR ALLEN DINGEN UM DAS MITSPRACHERECHT?
Ja, das wäre dann sehr eingeschränkt. Im Kreisrat säßen zwar auch CottbuserInnen, aber über kurz oder lang entscheidet der Kreistag Fraktionen über Finanzierung und Realisierung unserer städtischen Angebote.
GIBT ES DENN AUCH VORTEILE EINER SOLCHEN REFORM?
Im Sinne einer Funktionalreform, ja. Bestimmte übergreifende Aktivitäten, die schon existent sind, könnten ausgebaut werden, z.B. im Bereich der Musik- und Volkshochschulen. Dabei ist aber zu bedenken, welchen Anspruch ein Angebot hat und wer den Hut auf hat. Zudem diskutieren wir ja bereits, z.B. ob und wie die beiden Stiftungen mehr Unterstützung vom Land erhalten oder wie das dkw mit dem Museum für Moderne Kunst in Frankfurt/ Oder kooperieren und über Landesmittel besser mitfinanziert werden könnte.
IST DIE KREISGEBIETSREFORM NOCH ABWENDBAR?
Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren! Ich sage für mich, es ist noch abwendbar. Das Land hätte im Moment ganz andere Probleme zu lösen. Bisher hat das Land auch noch nicht gesagt, wie der Haushalt ab 2020 aussehen soll oder kann. Was ist genau geplant? Welche Ent- und Belastungen entstehen für die Stadt? Es gab bis jetzt viele Möglichkeiten, detailliert über die Punkte zu reden. Bisher fehlen die konkreten Antworten.
IM FOKUS IST NUN AUCH DIE UNABHÄNGIGKEIT DES PICCOLO. WERDEN SIE SICH PERSÖNLICH EINSETZEN?
Der Gesprächsfaden zum Piccolo ist wieder aufgenommen worden. Ziel ist es, das Kinderund Jugendtheater in gewohnter Qualität und in der Breite mit seinen theaterpädagogischen Aufgaben finanziell dauerhaft zu sichern. Wenn die Unabhängigkeit dafür Voraussetzung ist, dann: Ja.