Der Cottbuser des Jahres ist Schmellwitzer, 25 Jahre alt und Orthopädietechniker bei Zimmermann. Die ehrenvolle Auszeichnung erhielt Daniel Böttcher vor allem, weil er 2017 im krisengeschüttelten Haiti orthopädische Hilfsmittel für zahlreiche Unfall- und Katastrophenopfer angefertigt und angepasst hatte. Ohne Bezahlung und während seines Urlaubs. Die 1.000 Euro, die Daniel bei der Wahl zum Cottbuser des Jahres als Preisgeld gewonnen hatte, spendete er dem Brandenburgischen Präventions- und Rehabilitationssportverein.
Wie bist Du auf den Gedanken gekommen, in einem der ärmsten Länder der Welt „Arbeitsurlaub“ zu machen?
Die Hilfsorganisation „medi for help“ ist dort schon seit langem erfolgreich tätig. Ich habe mich ihr angeschlossen, weil ich finde, dass Geldspenden allein nicht ausreichen. Die Haitianer brauchen vor allem unsere unmittelbare, hautnahe Hilfe vor Ort. Aber es gab noch einen anderen Grund: Ich wollte auch einfach mal wissen, ob ich im Job auch dann noch etwas hinkriege, wenn die Arbeitsvoraussetzungen sehr viel schlechter sind als im wohlhabenden, durchorganisierten Deutschland. Ich musste viel improvisieren, aber immerhin habe ich Hilfsmittel gebaut, mit denen Menschen jetzt laufen können. Nur gut, dass ich einige Passteile, Gelenkschienen und Bandagen vom Orthopädie- und Reha-Team Zimmermann mitnehmen durfte.
Warst Du jeden Tag in anderen Gebieten unterwegs oder irgendwo fest stationiert?
Wir waren in der Regel in nur einem Krankenhaus, da hatte ich einen eigenen Arbeitsplatz, nur selten ging es in andere Gebiete.
In den Medien wurde bereits alles über Deinen schönen Auslandsaufenthalt berichtet. Aber war er denn wirklich immer schön? Wie war das Auftreten der Haitianer Dir gegenüber?
Na ja, das kann man schlecht verallgemeinern. Manche waren unglaublich dankbar, aber es gab auch einige Patienten, die mehrmals eine Prothese haben wollten, um diese dann weiterzuverkaufen. Die erkannte ich jedoch wieder. Wenn wir draußen, außerhalb des Krankenhauses, unterwegs waren, begegnete mir viel Rassismus, Misstrauen und Unmut. Ein prägendes Bild waren auch Voodoo-Priester. Diese Art von Glaube ist da sehr verbreitet und auch beängstigend. Ist schon eigenartig, wenn da eine mit roter Farbe beschmierte Puppe vor einem Haus an einem Baum hängt.
Wow… So etwas möchte ich nicht erleben. Wie hast Du eigentlich mit Kollegen und Patienten kommuniziert? Gab es weitere Helfer aus Deutschland?
Manche können Englisch, was ich auch sehr gut spreche. Der Leiter des Projektes, bei dem ich mitwirkte, war der einzige, der außer mir aus Deutschland kam. Ansonsten gab es unzählige Amerikaner und viele Schweizer und eben auch Haitianer, die für die Patienten übersetzten, die keine zweite Sprache beherrschen.
Was war die prägendste Erfahrung?
Besonders schlimm anzusehen war für mich, als eine junge Frau mit zertrümmerter Wirbelsäule zu uns kam und um Hilfe bat. Der Grund für diese furchtbare Misere war ihre Mutter, die nach einer verbalen Auseinandersetzung mit einem Stein auf den Rücken ihrer Tochter schlug. Das war sehr schlimm für mich anzusehen.
Und was hat sich für Dich nach dem Haiti-Aufenthalt geändert?
Ich glaube, ich bin geerdeter geworden. Ich achte auf meinen Lebensmittelverbrauch, versuche, nichts wegzuwerfen.
Luna
Titelfoto: Daniel Böttcher mit seinem „medi for help“-Team. Fotos: privat