Kolumne Januar

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Die fetten Tage sind vorbei?

Liebe Leser, lassen Sie mich Folgendes vorwegschicken, bevor wir in die Vollen gehen: Sie sind nicht allein. Wir sitzen im selben Boot. Bleiben wir bei diesem Bild, macht es das aber genau genommen nicht unbedingt besser, sondern verschlechtert die Gesamtsituation sogar noch. Reden wir nicht länger um den heißen Brei herum: Wir sind fett geworden. Selbstverständlich nicht jeder von uns, aber Hand aufs Herz, wer hat sich eben davon angesprochen gefühlt? Und wer sollte es uns bitte verübeln? Wir kommen aus der stressigsten Zeit des Jahres. Weihnachtsbraten mit x, Plätzchen backen mit y, Glühwein trinken mit a bis z. Inklusive x und y. Klar können wir uns die Situation schönreden. Das ewige Lied vom Winterspeck singen. Von den lebensnotwendigen Röllchen, die uns helfen, die langen und dunklen Wintertage zu überstehen. Evolutionstheoretisch ist das nur leider völliger Mumpitz. Denn riskieren wir doch mal einen Blick ins Tierreich. Eichhörnchen beispielsweise fangen nicht erst im November an, Nüsse zu sammeln (Suchen Sie übrigens an dieser Stelle online ruhig mal nach dem 130 Kilo-Nüsse-Fund in einer Antenne. Fleißige kleine Biester). Solche Fettreserven entstehen nicht erst dann, wenn es schon bitterkalt ist, sondern weit vorher. Sprich: Im Sommer und Herbst. Es geht bei uns Menschen also weniger um biologische Zwänge, sondern viel mehr um das Trommelfeuer an Griffen in die Keksdose und die Extrasoße auf dem Braten. Die große Frage ist doch aber, wie gehen wir jetzt mit der Erkenntnis und den Folgen um? Akzeptieren wir, dass Hemd und Hose mehr spannen, als üblich? Mut zum Bauch? Waschtrommel statt Waschbrett? Dafür spricht, dass der Hype um Bikini-Figur und Null-Size-Modells schon lange einer neuen Vorstellung von Körpergefühl gewichen ist. Und, etwas plumper formuliert, die nächste Grillsaison kommt bestimmt. Lohnt sich der Aufwand dann jetzt überhaupt? Wer gänzlich auf fettiges Essen und sonstige kulinarische Sünden verzichtet, lebt gesünder. Aber kann man das wirklich Leben nennen? Vorschlag zur Güte: Wir achten gemeinsam darauf, dass unsere Konturen nicht völlig aus dem Ruder laufen. Ein Keks weniger hier, ein Fußmarsch mehr dort. Ein Athlet werde zumindest ich in diesem Leben zwar eh nicht mehr. Aber ich möchte auch nicht erst auf dem Altmarkt aufhören zu rollen, sollte ich auf der Spitze des Bahnhofsbergs stolpern. Die fetten Tage sind vorbei, jetzt beginnt die Schadensbegrenzung.

Sebastian Schiller

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