Porträts einer ausgewöhnlichen Liebe

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Eine junge Frau lehnt nachdenklich am Fenster, die Hände im Schoß verschränkt, den Blick gesenkt. Ihre Augen verraten Traurigkeit und Erschöpfung. Im nächsten Moment erblicken wir dieselbe ausgelassen im Umfeld einer Partynacht, dann wieder freizügig in den eigenen vier Wänden. Ihren selbstbewussten, beinahe herausfordernden Blick richtet sie dabei nicht selten direkt in die Kamera.

Derartige Aufnahmen machte der in Berlin lebende Fotograf Philippe Gerlach wohl Hunderte. In seiner Serie „LIN“, die während der Jahre 2009 bis 2013 entstand, porträtierte er in beinahe obsessiver Weise seine damalige Partnerin Talin Seigmann. Kaum eine Facette ihres gemeinsamen und intensiven Lebens, in dem sie Stationen wie London, Paris, Linz und Berlin durchliefen, wurde nicht Teil seiner Dokumentation. Die Grenze zwischen Privatleben und fotografischer Arbeit, zwischen Intimität und Selbstdarstellung scheint dabei regelrecht zu verschwimmen.

Dabei sind Gerlachs Arbeiten die Zeugnisse einer Liebesgeschichte, die genährt wurde von deren künstlerischer Wechselbeziehung. Sie, Filmstudentin und Schauspielertochter, suchte stets das Spiel mit seiner Kamera. Er, ein junger Nachwuchsfotograf, fand in ihr eine schier unerschöpfliche Inspirationsquelle.

Noch bis zum 21. Oktober werden etwa sechzig Arbeiten des Langzeitporträts in den Räumen der Cottbuser Galerie Haus 23 gezeigt. In Großformaten direkt an die Ausstellungswände tapeziert, konfrontieren sie ihr Gegenüber unmittelbar mit dem privaten Kosmos des Paares. Mit seinen bestechend ehrlichen und unverblümten Fotografien, die an eine Art bildhaftes Tagebuch erinnern, versetzt Gerlach seine Betrachter dabei ganz bewusst in einen Zustand, der sich zwischen Anteilnahme und Voyeurismus bewegt.

Frederike Breuer
Titelfoto: bath, Foto: © Philippe Gerlach

Termin
Galerie Haus 23 | Philippe Gerlach | „LIN“ – Photographien 2009 – 2013
15.09. – 21.10.2017 | Öffnungszeiten: Do – Sa  18 – 21 Uhr

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