Olympia ist verschoben, deshalb an dieser Stelle eine Erinnerung an akustische Beiträge von Lausitzern: Die Olympischen und Paralympischen Spiele in Tokio hätten in diesen Wochen wohl viele Millionen Deutsche vor die Fernsehgeräte gezogen, darunter auch tausende Lausitzer. Nicht zuletzt, um den Cottbuser Sportlerinnen und Sportlern, wie dem viermaligen Bahnradsport-Weltmeister Maximilian Levy, die Daumen zu drücken.
Die Spiele sind bekanntlich auf 2021 verschoben worden, was für die Sportler am bedauerlichsten ist. Aber auch das sportbegeisterte Publikum zu Hause verpasst natürlich etwas. Zuallererst guten Sport, darüber hinaus allerdings auch Musik und Unterhaltung, denn Olympische Spiele sind längst auch Megaevents, die von allerlei Songs und musikalischen Aufführungen umrahmt werden. Was werden wir also verpassen? Natürlich eine offizielle Olympiahymne in Dauerschleife. Zu der hatten die Japaner „Tokyo Gorin Ondo“ gekürt, das bereits 1964 bei den damaligen Spielen in Tokio das offizielle Olympia-Lied war. Es ist bereits 2017 mit aktualisiertem Text neu aufgenommen worden, diesmal von Enka-Sängerin Ishikawa Sayuri, Pop-Sänger Kayama Yūzō und dem Musiker Takehara Pistol. Außerdem wurden zwei Tanzvideos (für stehend und mit Rollstuhl tanzend) veröffentlicht, die choreografisch an Bewegungen der neuen olympischen Sportarten Karate, Baseball, Softball, Sportklettern, Skateboarden und Surfen sowie der neuen paralympischen Sportarten Badminton und Taekwondo erinnern.
Auch wenn die Olympischen Spiele nun erstmal gar nicht stattfinden, können sich Hardcore-Olympiafans zum Trost zumindest die Videos angucken. Und wenn sie schon mal dabei sind, können sie im Netz noch andere Sport-meets-Music-Stücke finden. Es gibt auch etliche Sportlerberühmtheiten, die sich fürs große Publikum singend versuchten. Bereits 1930 hatte Boxlegende Max Schmeling zum Mikro gegriffen. „Das Herz eines Boxers kennt nur eine Liebe“ aus dem Film „Liebe im Ring“ 1930 rangiert jedoch eher unter musikalischem Tiefschlag. 1965 besang Eiskunstläufer Hans Jürgen Bäumler ein „Wunderschönes fremdes Mädchen“ und bekam dafür sogar den Bronzenen Löwen von Radio Luxemburg. Seine einstige Eispartnerin Marika Kilius, mit der er das Traumpaar des (west)deutschen Sports bildete, hatte da ebenfalls schon einen Hit gelandet. „Wenn die Cowboys träumen“ kam im Jahr der Tokio-Spiele 1964 in die Top Ten der Hitparade.
So gab es einige Sportlerberühmtheiten, die sich als Musiker versuchten, auch Olympiasieger. Zuletzt der im Gewichtheben von 2008, Matthias Steiner. 2017 erschien sein Schlager-Debütalbum „Zurückgeliebt“. Ein Verkaufshit war es nicht.
Von Sportheroen aus der Lausitz sind weder Hits noch Flops des künstlerischen Musikmachens bekannt. Dafür ist der berühmteste Sportreporter der Region, der für die DDR auch von den Olympischen Spielen in Tokio 1964 berichtete, nebenbei ein eifriger Präsentator von Musiksendungen im DDR-Fernsehen und -Radio gewesen. Und: Der gebürtige Cottbuser Heinz Florian Oertel übte sich zudem gelegentlich als Mitsänger. Sogar seine berühmten Reportageworte beim Marathon-Olympiasieg von Waldemar Cierpinski in Moskau 1980 („Liebe junge Väter oder angehende, haben Sie Mut, nennen Sie Ihre Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig Waldemar. Waldemar ist da!“) entstammten der spontanen Erinnerung an einen Uralt-Schlager: „… und er heißt Waldemar, weil es im Wald geschah“.
Und noch eine Liveübertragung eines Marathonlaufs hat eine musikalische Note, die von einem Lausitzer eingefügt wurde. Bei den Olympischen Spielen 1936 versuchte der aus Senftenberg stammende Filmkomponist Herbert Windt, der auch die Musik für den Olympia-Film von Leni Riefenstahl geschrieben hat, den in einer Marathonlauf-Reportage kulminierenden Widerspruch zwischen Langeweile und Dramatik aufzulösen. Er hatte eine Orchester-Suite komponiert, die der gesamten Rundfunkübertragung unterlegt wurde. Ein einzigartiges wie skurriles Experiment, einen dramatischen Sportwettkampf im Moment seines Stattfindens mit musikalischen Mitteln darzustellen. Da in diesem Jahr keine Olympischen Spiele stattfinden, ist noch Zeit bis zum nächsten Jahr, so etwas ähnliches zu wiederholen. Beiträge aus der Lausitz sind gern willkommen.
Thomas Lietz