An der eigenen Zielvorgabe vorbei – dennoch glücklich und zufrieden nach dem Iron Man: Hans Joachim Weißflog

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Schon die Qualifikation für die Triathlon-Weltmeisterschaften für den legendären Iron Man auf Hawaii war für den 66-jährigen Cottbuser Hans-Joachim Weißflog ein Riesenerfolg. Dort aber gab es für ihn nur das vordergründige Ziel, „finisher“ (dt.: „Ankommer“) zu werden. Das heißt, nach der Tortur der rund vier Schwimmkilometer im Pazifik, 180 Radkilometern und einem „echten“ Marathonlauf von 42,195 Kilometern das Ziel zu erreichen. Am Ende ist dies einem Mann gelungen, den man als den Cottbuser Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen kennt. Für den „hermann“ erzählte er nach seiner Rückkehr vom härtesten Sportwettbewerb der Welt.

Zunächst meinen großen Respekt vor Ihrer Leistung. Hatten Sie geahnt, was da auf Hawaii auf Sie wartet?

Man liest ja vorab viel im Internet und speziell über den „Iron Man“ Hawaii. Natürlich hatte ich mir die Streckenführung angeschaut und ein Freund, der vor zehn Jahren dort am Start war, hat mir von seinen Erfahrungen erzählt. Letztlich ist aber der Iron Man ein ganz besonderer Wettkampf, der für jeden ganz besondere Herausforderungen parat hat. Und mit diesen muss man halt fertig werden, wenn man das Ziel erreichen will.

Welche waren das? Hat sich der Weltmeisterschafts-Wettkampf auf Hawaii von den anderen Triathlon-Wettbewerben deutlich unterschieden, er ist ja der berühmteste „Iron Man“ der Welt.

Dieser Wettkampf war von der Organisation und der Betreuung der absolute Hammer. Rund 5.000 Volunteers waren eingesetzt. Alles Freiwillige, die sich rund um die Uhr um uns Sportler gekümmert haben. Auch war die Begeisterung der Zuschauer außergewöhnlich, vor allem freilich viele Angehörige der Sportler. Ein kleines Beispiel nur dazu. Wenn man mit Nennung des Namens und viel Trara und Beifall durchs Ziel läuft, kommen gleich zwei Helfer und nehmen jeden Athleten geradezu liebevoll unter den Arm. Bei mir war es ein deutsches Rentnerehepaar, das mich vom Ziel zum Medaillenzelt begleitet hat. Unterwegs habe ich von den beiden erfahren, dass die zwei auf eigene Kosten dorthin gereist sind, um dabei zu sein und zu helfen.

In Gedanken waren wir jetzt schon im Ziel, der Wettkampftag begann aber zeitig am Morgen.

Ja, sehr zeitig sogar. Um 4.30 Uhr geht es los mit Bodypainting, wenn man die Startnummer auf die Arme geschrieben bekommt. Danach folgt das Wiegen, dann geht man zum Rad, steckt die Trinkflaschen an, prüft die Luft, zieht die Badekluft an und ab 6.00 Uhr beginnt die Warterei. Um 6.25 sind die Profis gestartet, fünf Minuten danach die Profi-Frauen und ab 6.45 Uhr ging die erste Startwelle ins Wasser. Ich war in der sechsten Welle um 7.10 Uhr dran, in der etwa 300 Männer im Alter von über 50 Jahren gestartet sind.


Ironman geschafft: Hans Joachim Weißflog auf Hawaii. Fotos: priv.

Man spricht beim Ironman auf Hawaii oft von hohen Wellen im Pazifik, war es so schlimm?

Nein, es ging eigentlich, ein bissel unruhig war es, aber das war erträglich. Das Wasser hatte 27 Grad, alles war fein, doch bei 800 Metern kam von hinten die siebte Welle mit den schnellen Frauen der Altersklasse 18 bis 25 Jahre, die direkt über uns hinweg geschwommen sind. Nach einer Stunde und 25 Minuten kam ich dennoch zufrieden aus dem Wasser und bin zu meinem Fahrrad gerannt.

Auf dieser zweiten Etappe, der 180-km-Radstrecke lauern ja auch Gefahren.

Zunächst mal nicht, denn bis zum Wendepunkt in Hawi kam ich mit einem Schnitt von 31 km/h an und war ganz zufrieden damit. Aber auf dem Rückweg kam der Wind volle Kante von vorn, da musste ich dann aufpassen, dass ich nicht zu sehr dagegen ankämpfe und Kräfte verschwende, denn der Marathonlauf wartete ja noch. So habe ich für die 180 Kilometer dann eben sechs Stunden und 30 Minuten gebraucht, statt der geplanten sechs Stunden. Übrigens kam mir auf dem Weg zur Wendemarke der spätere Sieger Jan Frodeno entgegen, der schon auf dem Rückweg war.

Nach knapp acht Stunden Wettkampf folgt dann ja als dritte Disziplin der Marathonlauf. War das dann für Sie als früherer Hobbyläufer wirklich das leichteste Teilstück?

Ja, dachte ich auch. Aber gleich zu Beginn gab es auf 150 Meter Strecke eine Steigung von 7 Prozent. Die war zwar nur 150 Meter lang, aber da hat sich schon mein angeschlagener Oberschenkel gemeldet, also bin ich gegangen, statt zu laufen. Und das nicht nur an der Stelle, sondern in Summe wohl auf einem Drittel der gesamten Marathon-Strecke. Unterwegs hatte ich reichlich Schmerzen, aber als dann in der Dunkelheit wieder die ersten Häuser von Kailuha Kona in Sicht kamen, lief es wie von selbst.

Wie fühlt man sich in diesem Moment, wenn man durch den Torbogen den Zielstrich überquert?

Na, wie der glücklichste Mensch der Welt. Da war dann egal, dass ich mit meinen 13:26 mein Ziel, unter 12 Stunden zu bleiben, wegen der Oberschenkelprobleme deutlich verpasst habe. Aber ich war „finisher“ – das war das Entscheidende.

Hawaii gilt für Weltreisende oft als Ziel aller Wünsche. Würden Sie dorthin auch mal gern zum Urlaub fliegen?

Ich bin ehrlich, es ist zwar schön dort, aber wenn schon so eine weite Reise, würden mich eher die schönen Strände der Südseeinseln reizen.

Und der Iron Man war was den Sport betrifft eine schöne Ausnahme? Ist Hawaii 2020 schon geplant?

Direkt im Ziel denkt man an so etwas nicht, da ist man nur glücklich für den Moment und denkt nicht an eine Wiederholung. Heute aber würde ich einen Neustart in zwei, drei Jahren nicht mehr kategorisch ausschließen. Vorausgesetzt freilich, mein Körper ist einverstanden. Aber ernsthafte Gedanken mach ich mir im Moment nicht, jetzt wird erstmal erholt und geschont – jetzt ist Winterpause!

Das Gespräch führte Georg Zielonkowski

 

 

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