Ballettabend „Picasso!“ – Zwei Gründe für ein Ausrufezeichen

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Der Belgier Lode Devos ist Cottbuser Theaterbesuchern und besonders den immer zahlreicheren Ballettfreunden kein Unbekannter. Anfang des vergangenen Jahres bezauberten er und die (leider immer noch) kleine, aber unwiderstehlich  feine Tanzkompagnie mit seiner Choreografie nach Oscar Wildes Roman „Das Bildnis des Dorian Gray“. Nun stellt er sich mit den acht Tänzerinnen und Tänzern einer Herausforderung, die vermutlich noch wesentlich größer ist. Er bringt das Phänomen eines der größten Maler, Bildhauer und Grafiker der Neuzeit auf die Bühne: „Picasso!“

Die erste Frage an den Choreografen hat das Zeug dazu, zugleich die letzte zu sein: „Kann man Picassos Leben auf die Bühne bringen?” Devos‘ Antwort: „Nein, kann man nicht.“  Dazu sei die Kompagnie zu klein und Picassos Werk zu groß, zu umfangreich, zu vielschichtig. Werde doch die Gesamtzahl aller seiner Arbeiten vorsichtig auf 50.000 geschätzt. Man könnte denken, das Projekt sei gescheitert, bevor begonnen. Wir sehen aber die wunderbaren Probenfotos von Theaterfotografin Marlies Kross und erfahren durch sie, auf welch faszinierende Weise Lode Devos Malerei und Tanz zusammenbringt. Das ist das Ausrufezeichen im Titel wert. Ja, Devos wäre nicht Devos, einer, der von Picasso seit vielen Jahren fasziniert ist, wenn er aus oben genannten Gründen kapitulieren würde. Für ihn hat Faszination viele Facetten. Es  stand schnell fest: Eine davon wird er mit diesen wunderbaren Cottbuser Tänzerinnen und Tänzern auf die Bühne bringen.

Picasso_Lode Devos

Choreograf Lode Devos. © Marlies Kross

„Statt von einer glücklichen oder unglücklichen Liebe, von dramatischen Auseinandersetzungen, von Freundschaften und Feindschaften erzähle ich in dem Ballett von der Wirkung eines künstlerischen Werkes, dem vermutlich Unsterblichkeit eigen ist”, erklärt Devos. „Mit der Interpretation von Werken aus seiner blauen, seiner rosa und seiner kubistischen Schaffensphase zeichne ich Picassos künstlerische Entwicklung nach. Sie wird sichtbar in Gefühlen, die mich erfassen, wenn ich bestimmte Bilder von ihm betrachte. Das ist, zugegeben, keine aktionsreiche Handlung, aber letzten Endes die spannungsreiche Geschichte, wie sich ein Mensch zu großer Freiheit entwickeln kann.”

Der Freiheitsgedanke liegt dem belgischen Künstler wahrlich am Herzen. Besorgt sieht er bestimmte politische Entwicklungen in Deutschland, in Europa und in der Welt, die ihn fragen lassen: „Haben die nichts dazugelernt, nichts kapiert?” Rassismus, Chauvinismus, falscher Nationalismus und Rechtspopulismus bedrohen die Demokratie und das Zusammenleben der Völker.  Man könnte sagen: Als hätte es Guernica (heute Gernika) nicht gegeben. Die baskische Stadt in Spanien war 1937 durch hitlerdeutsche Kampfflugzeuge in Schutt und Asche gelegt worden. Pablo Picasso hat dieses Kriegsverbrechen, das viele Opfer der Zivilbevölkerung forderte, in einem berühmten Gemälde festgehalten. Dieses Bild „Guernica” beherrscht den zweiten Teil des Ballettabends.

Lode Devos: „Immer sind es Frauen, Kinder, Greise, Kranke, Schwache, Arme, die Kriegen und Krisen zu Opfer fallen. Da kann man sich Picassos Protest nur anschließen. Das ist der zweite Grund für das Ausrufezeichen im Titel des Ballettabends. Krieg zerstört Freiheit und menschliches Zusammenleben. Todesangst ersetzt Lebensfreude. Musik und tänzerischer Ausdruck, Kostüme und Bühnenbild tragen dem Rechnung.”
Welche Musik wird Picasso gerecht? Lode Devos wählte u.a. Musik von Philipp Glass, Pierre Boulez, Krzysztof Penderecki.

Premiere ist am 11. Februar, 19.30 Uhr,  im Großen Haus. Es tanzen Greta Dato, Inmaculada Marin López/Sara Pena, Denise Ruddock, Venira Welijan, René Klötzer, Niko Ilias König, Stefan Kulhawec und Joe Monaghan.

Klaus Wilke
Titelfoto: Greta Dato und Stefan Kulhawec in einer Szene von „Picasso!” © Marlies Kross

Programminfo des Staatstheaters Cottbus

 

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