Eine lange Planungsphase ging dem Ausstellungsprojekt „Schlaglichter“ voraus. Nun ist sie eröffnet und kann begutachtet werden. In allen Räumen des dkw. wird die Sammlung des Frankfurter Museum Junge Kunst (MJK) präsentiert. Besonderer Fokus liegt auf der Genese der Kollektion – also wann und wie kamen die Werke in die Sammlung.
Das Frankfurter Museum wurde am 2. Oktober 1965 anlässlich der Arbeiterfestspiele unter dem Namen „Galerie Junge Kunst“ gegründet und ist eine der wenigen Museumsneugründungen der DDR. Gründungsrektor war der gelernte Gebrauchsgrafiker und Kulturpolitiker Karl-Heinz Maetzke. Seine Einsetzung erfolgte seitens des Ministeriums für Kultur der DDR. Bereits 1964 nahm die Arbeit auf und tätigte erste Ankäufe für die Frankfurter Sammlung.
Bis 1990 war die Galerie eine bezirksgeleitete Einrichtung, anschließend ging sie in die kommunale Verwaltung der Stadt über. 1998 kam es zur Integration in den Eigenbetrieb Kultur der Stadt Frankfurt (Oder), Ende 2001 fusionierte das MJK mit dem Stadt- und Regionalmuseum zu den Städtischen Museen Junge Kunst und Viadrina. Dieser Abriss kommt nüchtern daher, bedeutet in der Realität jedoch einen massiven Stellenabbau. Hat das MJK Ende der 1980er Jahre noch neun wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, ist davon heute noch genau einer übriggeblieben. Das Gleiche gilt für den Ankaufsetat, vor gut 25 Jahren noch ein fester Posten im Haushalt der Institution, seit Mitte der 1990er Jahren nicht mehr existent. Ein solche Entwicklung ist nicht nur für das MJK in Frankfurt Realität sondern für viele Kultureinrichtungen im ostdeutschen Raum. Der strukturelle Abbau im Fall des Frankfurter Museums ist jedoch besonders drastisch und spiegelt nur einmal mehr die nicht enden wollenden Krise der Stadt Frankfurt (Oder).
Aber hört die Sammlungstätigkeit des MJK damit in den 1990er Jahren auf? Mitnichten. Doch beginnen wir nochmal in den 1960er Jahre, am Anfang. Das als „Gegenwartsgalerie“ gehandelte Museum in der neuen Bezirkshauptstadt Frankfurt war ein parteipolitisches Vehikel und die Zielsetzung der Sammlung somit klar: die Förderung und Bewahrung der Arbeit sozialistischer Künstlerinnen und Künstler. Somit kam zu dieser Zeit ausschließlich Werke von Mitgliedern des Verbands Bildender Künstler der DDR in den Bestand. Mit dem Beginn der 1980er Jahre kam es mehr und mehr zu einer Lockerung des sehr engen Korsetts. Experimentelle oder abstrakte Kunst spielte jedoch bis zum Ende der DDR eine untergeordnete Rolle. Bei dem was gesammelt wurde, wurde doch stets die ästhetische Qualität als Maßgabe gesehen. Somit finden wir heute in Frankfurt salopp formuliert eine nahezu lupenreine DDR-Kunstsammlung, diese ist doch von bemerkenswerter Qualität und zeigt die verschiedenen künstlerischen Strömungen bis hin zu den progressiveren Kräften, die im Laufe der 1980er Jahre das ostdeutsche Kunstgeschehen durchrüttelten.
Seit den 1990er Jahren ist den Sammlern an der Oder jede Freiheit gegeben, nur eben keine finanziellen Mittel mehr um diese auch auszuschöpfen. Mit Hilfe von Schenkungen, Dauerleihgaben, Spenden und Sondermitteln wurde trotzdem kontinuierlich weiter gesammelt. Die polnische Druckgrafik ist gar als eigenständiger Sammlungsbereich hinzugekommen ebenso konnten Werke von fast allen wichtigen Künstlerinnen und Künstlern, die in den Achtzigerjahren die DDR verließen oder verlassen mussten hinzugefügt werden. Und wie es der Name sagt galt das Bemühen auch weiterhin der Arbeit junger Kunstschaffender. Das MJK verfügt heute über einen Bestand von 11.111 Kunstwerken, die zum einen die Geschichte der DDR spiegeln, zum andern aber von dem Bestreben erzählen mit diesem Erbe umzugehen.
Diese Vielfalt ist nun in Cottbus zu sehen. Das Konzept der Ausstellung sieht vor die Bilder an Hand ihrer Erwerbungschronologie zu präsentieren und will damit sichtbar machen in wie weit gesellschaftliche und kulturgeschichtliche Brüche an der Zusammensetzung einer Sammlung ablesbar sind. Nun solche Ausstellungskonzepte lesen sich überzeugend, ob diese an der Wand tatsächlich stattfindet, kann nun jeder beurteilen, der die Ausstellung besucht. Und ein Besuch ist unbedingt empfehlenswert, denn es bietet sich nicht nur die Möglichkeit einen kaum bekannten Schatz von den Ufern der Oder zu entdecken. Ich bin überzeugt das diese Schau schon ob ihrer Mannigfaltigkeit sicherlich für jeden Kunstgenießer einen Leckerbissen parat haben wird.
Wer nun meint einer damit einer Fahrt nach Frankfurt zu entgehen, dem sein noch zu Bedenken gegeben, dass zeitgleich die Cottbuser Sammlung in den Ausstellungsräumen des MJK gezeigt wird. Und wenn man schon mal unterwegs ist dann kann man auch gleich in Eisenhüttenstadt – liegt ja quasi auf dem Weg – anhalten und sich dort den dritten Teil der Schlaglichter, mit Werken aus dem Kunstarchiv Beeskow, ansehen.
P.S.: Natürlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass es sich bei diesem Ausstellungsprojekt um einen Vorboten für die Fusion des MJK mit dem dkw. handelt. Brennpunkt ist die Erkenntnis, dass es sich bei beiden Sammlungen im Kern um Kollektionen von ostdeutscher Kunst handelt und dies wohl auch ein Hauptthema der gemeinsamen Arbeit sein wird. Alles andere ist mehr oder weniger unklar und befindet sich, wie es von offizieller Seite heißt, im Prozess. Das bietet natürlich viel Raum für Spekulationen, den ich an dieser Stelle jedoch besser nicht betrete.
Sabrina Kotzian
Titelfoto: Hans Vent, Familienbild, 1971, © MJK, Künstler, Foto: MJK, B.Kuhnert
Info
„Schaglichter“, 28.1. bis 17.4.2017, Ausstellung in drei Teilen im
- dkw. Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus, www.museum-dkw.de
- Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR, Eisenhüttenstatt, www.alltagskultur-ddr.de
- Museum Junge Kunst Frankfurt (Oder), www.museum-junge-kunst.de
Begleitprogramm in Cottbus: Offene Führungen am Do, 2.2. um 16:30 Uhr, am Mi, 8.2. um 11 Uhr und am So, 26.2. um 16 Uhr. Außerdem gibt es eine Vortragsreihe in Kooperation mit der VHS Cottbus, weiter Info’s dazu unter www.lernzentrum-cottbus.de unter der Rubrik Volkshochschule / Kurse.