Das 2-16 Trauma

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An manchen Tagen will aber auch so gar nichts klappen. Das Wasser wird nicht warm, der Toast landet im Katzenfutter, und der Kaffee schmeckt, als würde er in der Landwirtschaft bessere Verwendung finden. Wenn es dann auch noch nasskalt-diesiger Dezember ist, kann man davon ausgehen: Besser wird’s nicht. Nach unten aber, das lehrt die Zeit jeden, der es nicht wissen will, ist alles offen. Zum Beispiel, wenn sich 2016 mit einem Knall verabschiedet: Stephen Hawking muss für ein paar Tage ins Krankenhaus: Schnappatmung am Morgen, nicht doch der auch noch! Ein paar Tage später Entwarnung, soweit alles gut. Aber dieser Moment verdeutlicht ein Trauma, dass 2016 als Abschiedsgeschenk dagelassen hat. Das Bild eines Prominenten im Internet reicht schon aus, um vom Schlimmsten auszugehen. 2017 ist Bundestagswahlkampf. Nun stellen Sie sich doch einmal vor, was das für Pegidisten und angehängte Glaubensgeschwister für ein Wechselbad der Gefühle wird! Freude, weil führende Politiker im Fernsehen und auf Plakaten sind. Ernüchterung, weil dann doch nur der Wunsch Vater des Gedankens war. Die Vorstellung ist makaber, keine Frage. Sie verdeutlicht aber eine Problematik, die zwar immer irgendwie da war, in den letzten zwei Jahren aber Hochkonjunktur hatte. Hysterie verdrängt Diskussionen, Fakten verschwinden hinter dem Geifer nach dem Unglück anderer Menschen. Und wer trotz alledem den Mund noch aufmacht, versinkt in Zynismus und missverstandenem Sarkasmus. Ich selbst habe mir vorgenommen, 2017 etwas ruhiger anzugehen. Möglich wird das durch die eben erst von mir neu entdeckte Technik der tauben Ohren: Nicht jeder Kommentar im Internet oder am Kneipentisch bedarf einer hysterischen Reaktion, gepaart mit platzendem Kragen und pochenden Adern an der Schläfe. Stattdessen wäre es vielleicht ratsam, manchmal Arsch eben Arsch sein zu lassen, Chauvi eben Chauvi. Nicht im Allgemeinen, versteht sich. Das ist keine Kapitulation. Aber im Speziellen ist in den meisten Fällen beispielsweise der Kampf gegen Unterhopfung am Tresen erfolgversprechender als der Kampf gegen offensiv nach außen getragene Dummheit an eben jenem. Bessere Laune macht Ersteres sowieso.

Etwas mehr Gelassenheit. Damit ziehe ich selbst die Reißleine, bevor die Empathielosigkeit der trägeren Masse mich zermürbt oder „social media“ mich zu einem Smombie verkommen lässt, der fremden Menschen im Restaurant Facebook-Daumen auf das Essen klebt. Like! Verabschieden wir uns zeitgleich noch vom ewig gleichen Paradigma der guten Vorsätze, wird das erhoffte Mehr an Gelassenheit ein Selbstläufer und das 2-16 Trauma Geschichte. Zumindest für eine Nacht. Denn 2017, da können Sie sich sicher sein, hat seine ganz eigenen Überraschungen im Gepäck.

Sebastian Schiller

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