Neulich, ich blätterte in meiner Zeitung herum – ich mag dieses Haptische, das Rascheln beim Umschlagen der Seiten und die Geschichten, die mir da erzählt werden – da sprang irgendwoher ein Typ heran, stellte sich vor mich groß auf – das muss einer erst mal schaffen – und  brüllte mich an: „Tach, Angst!“ Ich so: „Hä?“ Er so: „Is mein Name, kann nichts dafür!“ Ich wieder: „Warum sollte ich den kennen? Warum sollte ich Sie kennen?“ Er: „Ich stehe doch jeden Tag in Ihrer Zeitung!“ Ich: „Nein, stehen Sie nicht.“ Er: „Na klar. Kannste lesen. Auf jeder Seite.“ Ich: „Jetzt, da du es sagst. Fällt es mir auch auf.“  Er: „Es soll ja Leute geben, die lesen, hören, sehen ja keine Nachrichten mehr. Stimmt ja eh alles nicht. Die Welt ist aus den Fugen. Terror, Tod, Alimente. Nicht mal im Wetterbericht freut man sich über das schöne Wetter. Gleich brennt‘s, saufen wir ab, trocknen wir aus, wandeln wir Klima oder ersticken. Ich kann es nicht mehr lesen, hören, sehen. Da fällt mir eine Geschichte ein: Neulich bin ich trotz angekündigtem Hagel und Gewitter morgens aus dem Haus gegangen, um zur Arbeit zu gehen. Schaffte noch schnell die Kinder zur Schule. Fuhr weiter. Arbeitete bis abends. Und fuhr nach Hause. Schloss zu Hause die Tür auf. Die Kinder waren schon da. Nachmittags gehen die neuerdings allein nach Hause. Muss man sich mal vorstellen.“
„Und, die Geschichte?“
„Hab ich doch erzählt.“
„Ist doch aber gar nichts passiert.“
Sagt er: „Eben. Woanders, fährt morgens ein Schiff durchs Haus, kippen die Busse mit Schulkindern um, fährt ein weißer Lieferwagen an der Schule vorbei, gibt es Fleisch zum Mittag, werden die Spreeufer geräumt, explodieren Leute vor Sehenswürdigkeiten, dürfen Frauen nur Auto fahren, wenn sie ihren Mann gefragt haben, töten Drohnen aus Versehen Leute, ist Krieg, gibt es kein sauberes Wasser.“
„Schön bei uns, oder?“
„Ja! Aber, könnte auch bei uns passieren. Klima ist überall. Und wenn die Amis Deutschland destabilisieren wollen, schaffen sie es auch. Ist ja alles so fragil hier.“
„Moment, eine starke Demokratie hält das aus.“
„Echt? 24 Stunden Stromausfall?“
„Verdammt. Der war gut. Voll erwischt.“

Apropos Angst: Die haben derzeit die Leute in Cottbus, die in der Wohngemeinschaft Karlstraße 29 wohnen. Das Haus wurde/soll verkauft, die Mieten danach steigen und die WG so aufgelöst werden. Warum, fragt man sich allerorten? Schließlich kommen von den Leuten dort schöne Impulse, zuletzt  die Living Room Galerie oder das Karlstraßenfest. Vielleicht geht es denen ja derzeit einfach auch ein bisschen zu gut, da muss ein bisschen Angst rein, damit die wieder leise werden.

Ein bisschen Angst hatte ich auch vor gar nicht langer Zeit um den FC Energie. Irgendwie brodelte es da. Inzwischen haben sich gleich 3 Top-Clubs angemeldet und machen die Bude voll. Schöne Idee haben die auch mit dem fiktiven Spiel im Januar, zum Beispiel. Rhythmus, wo man mitmuss, sagte meine Oma immer. Und plötzlich ist die Angst weg. Erstaunlich, wie einfach das geht. Ein bisschen aufräumen – gerade sehe ich Mamba im vorletzten Spiel den Ball freistehend vor dem Tor, der Keeper sprang schon in die andere Ecke, direkt neben das Eckige setzen … Aber man soll ja nach vorne schauen. Hätte der mal … Ein Tor mehr … Ist ja nicht mehr lange, dann feiern wir wieder Aufstieg!

Apropos Angst weg: Der Großenhainer Bahnhof wird schick. Noch vor den Eröffnungsfeierlichkeiten durften wir schon mal exklusiv reinschauen. Da ist Kunst mit Verstand am Werkeln. Schauen Sie mal vorbei. Blättern Sie vor bis Seite 30, da können Sie was erleben.

In diesem Sinne

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