Editorial September 2020

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Der Sommer ist vorüber. Von mir aus hätte er gern noch etwas bleiben können. Seit 1. September ist kalendarischer Herbst. Das klingt schon so wie kalte, glitschige Schlieren auf der Straße, mit angefeuchteten Blättern auf Gehwegen und in Parks, die von Bäumen fallen, die sich mal langsamer mal schneller entlauben. Wind pfeift um die Häuser und dringt durch alle Ritzen. Die Heizungen brummen wieder. Tage bleiben dunkel. Eine Zeitlang hatte ich die Hoffnung, dass der Klimawandel wirklich kommt und es bei uns wärmer wird. Das merken anscheinend aber nur die Insekten, die fremdartig über uns hereinfallen und nichts anders im Sinn haben, als uns auszulöschen: Ammen-Dornfingerspinne, Hyalomma Zecke, Asiatische Tigermücke, Japanische Buschmücke oder die Aedes koreicus, für die es nicht mal eine deutsche Bezeichnung gibt. Alle wollen Sie uns töten, unser Blut absaugen oder sich vermehren. Oder: Heimische Organismen beginnen, Krankheitserreger zu übertragen, die ursprünglich aus Afrika stammen. So infizierten Stechmücken Rinder, Schafe und Ziegen mit der Blauzungenkrankheit. In einer Welt, in der man sich sowieso schon kaum zurechtfindet, lauert der Tod nun in Ritzen oder Wandfugen oder kommt fast unsichtbar aus der Luft. Ein Wahnsinn. Da lobe ich mir doch unsere zivilisierte Gesellschaft. Wenn Schule ist, ist Schule, die Einkaufsmärkte haben offen, da gibt es alles; aus dem Wasserhahn läuft das Wasser, mal warm, mal kalt und auf der Straße darf jeder seine Meinung frei äußern. Nur am Wetter müssen wir noch ein bisschen arbeiten. 

Heiko Portale

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