Henning Rabe:
Cottbus, 6. November 2019 (Dienstag)
Cottbus empfängt mich mit einem brandneu fertiggestellten Tunnel am Hauptbahnhof. Tusch – es geht voran. Und mit hastig wandernden grauen Wolken, aus denen hin und wieder streifiger Niesel herabregnet – bestes Filmwetter.
Zur Eröffnung des Festivals im Staatstheater moderiert, wie vor vier Jahren, Axel Ranisch. Er ist auch Regisseur des Trailers vom letzten und von diesem Jahr. Und wieder leitet er locker, witzig, gekonnt und sympathisch durch den Abend. Herrlich, wie er Olaf Scholz, den Schirmherren des Festivals, überredet, sich mit ihm einfach auf den Bühnenrand zu setzen und ganz ungezwungen zu plaudern.
Scholz erhält Zwischenapplaus bei seiner Rede, danach sprechen Platzeck und Bernd Bude. Auffällig ist, dass die Eröffnung gerafft wurde, was ihr keinerlei Abbruch tut. So kürzt Ranisch charmant die Applaus-Arien für Sponsoren und Beteiligte auf einen finalen Beifall und spart so einiges an Zeit.
Positiv zu erwähnen auch die Musik. Das Duo „Ledazzo“ unterhält mit Jazzigem oder Bossa Nova und hält dabei den Zuhörer in der Schwebe, weil er rätselt, in welcher Sprache Sängerin Lena singt. Einige im Saal ahnten es schon – sie sang sorbisch; mit klarer, interessanter Stimme, Gitarrist Dan begleitete mit warmer, gefühlvoller Gitarre. Gute Idee!
Dann folgte der Eröffnungs-Film „Smuggling Hendrix“ des griechisch-zypriotischen Regisseurs Marios Piperides. Sein Held Yannis bekommt rein gar nichts auf die Reihe. Seine Freundin und seine Band ist er los. Er schuldet seiner Vermieterin fünf Monatsmieten, einigen mafiösen Gangstern Geld. Dann rennt auch noch sein Hund Jimmy davon – ausgerechnet auf die andere, die türkische Seite im geteilten Nikosia. Er findet ihn dort, darf ihn aber nicht wieder auf die griechische Seite mitbringen. Es beginnt eine verworrene Odyssee von Mühen, den kleinen Freund wieder nach Hause zu bringen …
Der Film hat auf zahlreichen Festivals rund um den Globus zahlreiche Preise errungen. Ehrlich gesagt kann ich diese Begeisterung nicht so ganz teilen. Ohne Zweifel war die Geschichte, die den Zypern-Konflikt beleuchtet, interessant; genauso wie die Landschafts-Totalen und die Aufnahmen um die Grüne Linie, die die seltsame Grenze zwischen den beiden Teilen Zyperns bildet.
Aber der erzählerische Ansatz des Films kam mir reichlich altbacken vor. Der wirklich niedliche, struppige Mischling Jimmy als Aufhänger allein hatte für mich nicht genug Zwingendes. Hinzu kommt, wenn der Zuschauer die Aussage des Films nach der Hälfte verstanden hat, hätte dieser dann bei erneuten Wendungen mit mehr Würze und Überraschung aufwarten müssen, und nicht zum Beispiel mit dem Ansatz einer Love-Story. Er wurde jedoch irgendwie behäbig und verlor an Schwung.
Ich möchte indes auf keinen Fall verschweigen, dass auch gelacht wurde im Saal, kaum jemand ging und der Applaus beim Abspann kräftig war. Morgen will ich aber schwerere Kost.