Katzensprünge in die Lausitz – Zur blauen Lagune

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Die Berzdorfer Seerunde mit dem Fahrrad

Nach der kurzen Zugfahrt von Cottbus über Spremberg nach Görlitz, steigen wir am Bahnhof Hagenwerder aus und fahren an der B99 nach rechts bis zum Kreisverkehr, biegen hier nach rechts auf die Berzdorfer Straße ab, schwenken am nächsten Kreisel wieder rechts in die Hafenstraße ein und haben den Ausgangspunkt der Rundfahrt um den Berzdorfer See erreicht.

Hafen klingt bislang hochgestapelt, denn der zeigt sich bislang nur als Ankerplatz weniger Boote, soll aber perspektivisch um markante Bauten, darunter ein kleiner Leuchtturm, wachsen. Die neue ›Görlitzer Badewanne‹ lässt für uns Niederlausitzer die Vorfreude auf den geplanten Cottbuser Ostsee wachsen! Hier bei Görlitz mussten der Kohlegewinnung wegen über 1200 Bewohner dreier Dörfer ihre Häuser verlassen. An Berzdorf auf dem Eigen erinnert heute der Name des künstlichen Gewässers. Der Bergbau begann in der Gegend um 1830.

Die industrielle Gewinnung im Großtagebau nahm erst nach dem Ersten Weltkrieg im Jahre 1919 Fahrt auf. 1946 wurde die abgesoffene Grube ausgepumpt, der VEB Braunkohlewerk Oberlausitz nahm den Betrieb auf. Bis zum Stilllegen im Jahre 1992 förderte man über drei Millionen Tonnen Kohle, die überwiegend in den Kraftwerken Hagenwerder I-III verstromt wurden. In das von Menschenhand geschaffene Gewässer passt der Görlitzer Hausberg, die Landeskrone, zweimal aufrecht und einmal auf dem Kopf stehend hinein. Der See umfasst knapp tausend Hektar, die Uferlänge beträgt 15,5 Kilometer und die maximale Tiefe 71 Meter. 2010 beschleunigte ein spektakuläres Neißehochwasser mit dem Bruch einer Talsperrenmauer in Polen das Auffüllen erheblich.

Oberhalb des Hafens steht das Wasserschloss Tauchritz, während seiner Geschichte ab 1306 Rittersitz, Dominium und Herrenhaus. Das jetzige barocke Erscheinungsbild erhielt die Residenz 1686/87, nachdem das alte Gutshaus abgebrannt war. Leider ist das imposante Gemäuer derzeit verschlossen: In mehreren Räumen sind reiche Stuckarbeiten mit anspruchsvollen Ornamenten erhalten, man sieht florale Motive aber auch figürliche Abbildungen. Sie sind künstlerisch so bedeutend, dass sie Fachleute mit denen im Dresdner Zwinger vergleichen. Im ›Gut am See‹ daneben kann der Besucher in stilvoller Atmosphäre eine gelobte Küche genießen, jetzt auch auf der herrlichen Terrasse Platz nehmen (Mi–So ab 12 Uhr, Tel. 0157/77456566).

Schon von weitem leuchtet der künstlich aufgeschüttete weiße Sandstrand an der „Blauen Lagune“ bei Tauchritz. Auch viele Gäste aus Polen und Tschechien haben das Badeparadies für sich entdeckt. Wenn die Sonne strahlt, weiße Wattewölkchen am blauen Himmel ziehen, und man sich noch ein paar Palmen dazu denkt, dann ist die Illusion von Karibik in der Lausitz fast perfekt!

Weiter am Westufer entlang rollen die Räder ins Naturschutzgebiet ›Rutschung P‹ auf dem Unteren Rundweg. Das heutige Schutzgebiet war einst das große Sorgenkind der Bergleute, denn hier kam die Erde öfters in Bewegung und bedrohte den Tagebaubetrieb. Anfang der 1980er Jahre rutschten 100 Millionen Kubikmeter auf einer Breite von knapp zwei Kilometern täglich vier Zentimeter in der Vertikalen und 15 Zentimeter in der Horizontalen in Richtung Grube. Erst in den 1990er Jahren stoppten neu angelegte Stützkippen das Phänomen. Vom tadellosen Asphalt verwöhnt, müssen wir hier etwa zwei Kilometer mit einem Schotterweg vorlieb nehmen. Überall am Nordufer liegen verstreut Sonnenanbeter, manche auch etwas versteckt und hüllenlos, jeder wie es ihm beliebt. Weit schweift der Blick von hier zum Horizont, der im Osten von den dunklen Höhen des Isergebirges begrenzt wird. Auch der Jeschken lässt sich bei schönem Wetter sehen, gut zu erkennen an seiner Krone, dem Fernsehturm.

Am Nordostufer, nahe vom Nordstrand, stehen noch einige Gebäude des Dorfes Deutsch-Ossig, bis 1986 war dies die Heimat von 700 Bewohnern. Die einstige Kirche ist als Kopiebau mit wesentlichen Teilen der originalen Einrichtung im Görlitzer Stadtteil Königshufen wiedererstanden. Kunstexperten erachten ihre Rokokoausstattung als besonders, auch im deutschlandweiten Maßstab. Das Verweilen auf der Carari-Wiese mit Liegestühlen und Imbiss ist während des Sonnenuntergangs ein Erlebnis, wenn der Feuerball die Wasserfläche erglühen lässt. Am Hafen schließt sich die Seerunde und wir fahren den Weg zurück zum Bahnhof.

Text & Fotos: Kerstin & André Micklitza

Infos:
Flyer „Kultur. Landschaft. Berzdorfer See“, mit Übersichtkarte. Kostenlos
bei Görlitz-Information, Tel. 03581/47570 erhältlich.
An- und Abreise: Im Stundentakt (Sa/So nicht um 11.04 Uhr). VBB-Tageskarte
ab Bahnhof Cottbus bis Spremberg, ab hier bis Görlitz/Hagenwerder im Zug
ZVON-Tageskarte für 1-5 Personen (12-26 Euro) lösen. Fahrradmitnahme im
Zug möglich. Für Fahrrad VBB u. ZVON-Ticket erforderlich.

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