Bei wohl allen Spitzensportlern hat die Verlegung der Olympischen Spiele und der Paralympics den Trainingsplan durcheinander geworfen. Was auch für Frances Hermann gilt, die seit ihrer Geburt an einer inkompletten spastischen Querschnittslähmung leidet. Allerdings unter ganz besonderen Bedingungen, denn seit Monaten trug sie ein Kind unter ihrem Herzen, was manche Übung der Speerwerferin mehr und mehr erschwerte. „Frances sitzt bei den Würfen im Rollstuhl und ist mit einem Beckengurt fixiert, so will es das Reglement“, sagt ihr Trainer beim Cottbuser Stützpunkt des Brandenburgischen Präventions- und Rehabilitationssportverein BPRSV Ralf Paulo. Dennoch war Frances zuversichtlich, trotz Schwangerschaft und Geburt, zum vierten Mal an den Paralympischen Spielen starten zu können. „Es gab mit der Hamburger Kanutin Edina Müller schon einen solchen Fall. Sie wurde letztes Jahr in der Vorbereitungsphase auf die WM Mutter und gewann sieben Monate nach der Geburt in Szeged Silber. Das hat mir zusätzlich Mut gemacht, zumal unsere Bundestrainerin Marion Peters mein Projekt der werdenden Mutter überragend unterstützt und begleitet hat“, sagt Frances Hermann.
Am 6. März, als sich die Corona-Krise auch in Deutschland mehr und mehr verstärkte, brachte sie ihren Sohnemann Henry Albin zur Welt. Hinein in die Freude ihres Mutterglücks wurden am 24. März die Paralympischen Spiele abgesagt. „Gerade nach dieser Nachricht war es für mich absolut hilfreich, dass ich durch das Baby an meiner Seite getröstet wurde. Zwar hatten wir innerhalb unserer Familien schon alles für die letzten Monate vor Tokio organisiert, was die Betreuung meines Söhnchens betrifft, doch ist es nun für mich natürlich weitaus schöner“, zeigt sich die Silbermedaillengewinnerin von 2008 glücklich. Damals in Peking wurde sie Zweite und auch beim Start 2021 in Japans Metropole will sie erneut nach Silber greifen. Platz zwei bis sechs sind reell und machbar.
Bis dahin gibt es in der jetzt verlängerten Vorbereitungsphase für die junge Familie einen weiteren Höhepunkt. Der kommt nun deutlich unaufgeregter daher, wie Frances zugibt: „Fast zur gleichen Zeit, in der die Paralympics stattfinden sollten, werden wir in unser neues Haus in Ströbitz ziehen. Das geschieht nun deutlich entspannter!“
Text und Foto: Georg Zielonkowski