Schicksalhafter Herbst für das Cottbuser Menschenrechtszentrum

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Wie wird sich das ehemalige Gefängnis in der Bautzener Straße weiterentwickeln? Dazu will die Politik in diesen Wochen gleich mehrere wichtige Entscheidungen fällen. Der Hermann sprach darüber mit Sylvia Wähling, der geschäftsführenden Vorsitzenden des Menschenrechtszentrum Cottbus e. V.

Derzeit führt ja das Institut für Industriekultur (INIK) unter der Leitung von Dr. Lars Scharnholz eine Studie zum Menschenrechtszentrum durch. Könnten Sie uns mehr dazu sagen?

  1. W.: „Die Stadt Cottbus hat diese Studie in Auftrag gegeben. Sie befasst sich mit Entwicklungsstrategien für das Gelände hier. Die Studienautoren schlagen drei verschiedene Varianten vor: Einmal die Variante, dass alles beim Alten bleibt – dass wir also unsere Arbeit als Verein und Eigentümer fortsetzen wie bisher. Die zweite und die dritte Variante sehen im Kern vor, dass der Verein weiter besteht, dass das Ganze hier aber in eine Stiftung überführt wird und dass auch das Eigentum in die Stiftung übergeht und sozusagen vom Verein abgekoppelt wird.

Das Ziel ist folgendes: Indem das Zentrum vom Verein abgekoppelt wird, wird die Verantwortung auf mehr Schultern verteilt. Aktuell ist ja der Verein Eigentümer der Immobilie und Betreiber der Gedenkstätte. Folglich entscheidet der Vorstand alles. Wir haben zwar fünf Beisitzer, doch rechtlich gesehen liegt die Verantwortung ganz beim geschäftsführenden Vorstand, also bei drei Personen: bei Herrn Dombrowski als Vorsitzendem, mir als geschäftsführender Vorsitzender und unserem Kassenwart, Dr. Jan Philipp Wölbern.

Nun, das ist natürlich nicht ideal, gerade dann, wenn man das Zentrum weiterentwickeln will. Die Anlage ist sehr groß, das Grundstück umfasst 22 000 m². Wir haben jährlich eine halbe Million Euro Fixkosten und rund ein Drittel davon – etwa 160 000 Euro – müssen wir als Verein selbst aufbringen. Das Zentrum zu sanieren und künftig mit einem umfassenden Konzept und viel mehr Menschen zu betreiben, wäre erst recht eine riesige Aufgabe für einen kleinen Verein. Deshalb empfiehlt die INIK-Studie, das Menschenrechtszentrum in eine Stiftung zu überführen. Demnächst wird die Studie abgeschlossen sein, dann ist es an der Stadt Cottbus, etwas damit anzufangen, Lobbygespräche zu führen und die Empfehlungen politisch zu verwirklichen. “

Inwieweit wurden Sie als Verein in die Studie einbezogen?

  1. W.: „Das INIK hat uns seine Zwischenergebnisse in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe vorgestellt und sich unsere Kommentare angehört. Und natürlich haben wir auch Daten beigesteuert, z. B. zu den Finanzen. Aber im Grunde ging es bei der Studie eher darum, sozusagen die Außenwelt zu recherchieren, also herauszufinden, wie mögliche Zukunftsentwürfe für das Zentrum mit der Cottbuser Realität, dem Interesse der Bevölkerung und der Gedenkstättenlandschaft zusammenpassen.“

Die Landesregierung hat dem Bund vorgeschlagen, hier eine Außenstelle der Bundesbehörde für die Unterlagen der Staatssicherheit (BStU) aufzubauen. Wie sieht es damit aus?

  1. W.: „Die Landesregierung will hier eine neue Außenstelle errichten – als Informationsort für politische Bildung. Brandenburg hat ja als einziges neues Bundesland nur eine Außenstelle – während andere über zwei oder drei verfügen. Doch ob der Bundestag dieses Vorhaben genehmigen wird, weiß ich nicht. Dort geht es um die Umstrukturierung der BStU und um die Einsparung von Mitteln, also im Zweifelsfall eher darum, Außenstellen abzubauen. Wenn man dem Vorschlag der Landesregierung folgen will, braucht es ausreichende Mittel, denn derzeit ist hier nur ein einziges Gebäude saniert. Hier ist nicht einmal Platz für einen weiteren Mitarbeiter. Doch eine Außenstelle, die als Informationsort fungiert, wäre sicherlich mit mehr als nur einer Person besetzt. Wir brauchen hier also zusätzliche Räume. Deshalb müsste zwingend ein weiteres Gebäude saniert werden – und das funktioniert nur, wenn wir die nötigen Fördergelder dafür erhalten.“

Jasper Backer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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