Kolumne Juli 2018: Sicherheitsbedenken

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Sicherheitsbedenken

Wenn Sie diese Zeilen lesen, dann rufen Sie sich bitte eines ins Gedächtnis: Sie leben in der bald sichersten Stadt des Landes. Oder im Umland dieser Bastion der Stabilität. Vielleicht lehne ich mich mit dieser Einschätzung etwas weit aus dem Fenster, aber es deutet nun einmal vieles darauf hin. Getrunken werden darf in der Innenstadt schon lange nicht mehr, seit einem guten Jahr werden Teile derselbigen kameraüberwacht. Jeder zweite Passant zwischen Stadthalle und Spremberger Turm ist zur Zeit ein Polizist, zumindest fühlt es sich so an. Und nicht zuletzt hat Cottbus eine bemerkenswerte Dichte an Security-Unternehmen, nur mal so am Rande. Ich meine, die Politik passt außergewöhnlich gut auf uns auf. Böse Zungen würden behaupten, man hält uns durch die Bank weg alle für potentielle Zeitbomben, denen die Lausitzer Gelassenheit abhandenkommt, wenn man uns nicht streng reglementiert. Aber ich war noch gar nicht fertig mit meiner Beweisführung. Denn auch die offiziellen Statistiken der Polizei sprechen eine eindeutige Sprache: Die Zahl der erfassten Straftaten in der Stadt ist 2017 wieder massiv gesunken. Nehmen wir den Spree-Neiße-Kreis dazu, so ist die Zahl auf dem niedrigsten Stand seit 2008. Die Zahlen sinken, obwohl, wie oben schon erwähnt, wesentlich mehr Polizisten durch die Stadt patrouillieren und Straftaten demenentsprechend schneller auffallen müssten. Das klingt geradezu paradiesisch, richtig? Falsch! Denn trotz all der Fakten lässt die gefühlte Wahrheit nur einen Schluss zu: Cottbus ist ein Brennpunkt, ein Hotspot der Gewalt. Sagen zumindest Leute aus Golßen, die regelmäßig die einstündige Autofahrt auf sich nehmen, um uns zu erklären, welche Probleme wir haben. Dass es Probleme gibt, ist unbestritten. Schlägereien, Drogen oder sonstige Kriminalität, es gibt leider nicht eine einzige Großstadt auf der ganzen Welt, die nicht damit zu kämpfen hat. Aber trotzdem, eine Frage an Sie: Wann haben Sie das letzte Mal eine Schlägerei in der Stadt selbst miterlebt? Ich bin fast täglich in Cottbus unterwegs, zu allen Tages- und Nachtzeiten, oft im Zentrum, seltener in der Peripherie. Spontan könnte ich diese Frage trotzdem nicht beantworten. Ich wundere mich regelmäßig, wie erfolgreich das Geschäft mit der Angst läuft, trotz der harten Fakten, die dagegen sprechen. Es läuft so gut, dass sogar die Politik ihr Stück abhaben möchte und mit vermeintlichen Wohltaten reagiert: Sicherheitszentrum und Waffenverbotszone. Ich denke, die im kommenden Jahr anstehende Landtagswahl hat damit nichts zu tun. Wirklich sicher fühle ich mich bei dieser These aber nicht.

Sebastian Schiller

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