Sportfamilie in der Krise ideenreich

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Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass unter der gegenwärtigen Corona-Krise, trotz der neuen Entlastungen, wohl jeder Mensch leidet. Von den Schülern, über die Firmen aller Größenordnungen, bis hin zu den Menschen, denen der Sport ein wichtiger Lebensbegleiter ist. Unabhängig davon, ob als Aktiver oder als Besucher von Sportveranstaltungen. Ein wichtiger Partner der Sportfamilie ist der Stadtsportbund Cottbus, der in diesen Wochen und Monaten einmal mehr die Rolle des Beraters und Interessenvertreters innehat. Der Vorsitzende des Stadtsportbundes Olaf Wernicke und Geschäftsführer Tobias Schick geben im folgenden Gespräch Auskunft über die derzeitig zu bewältigenden Themen.

Wie haben die Vereine auf die kompletten Einschränkungen ihrer sportlichen Aktivitäten reagiert?

Olaf W.: Natürlich waren alle zunächst schockiert, dass dieser gravierende Einschnitt in das Freizeitverhalten angeordnet wurde. Bei ganz vielen Menschen gehört der Sport ganz einfach dazu, immerhin zählen wir unter unserem Dach 24.200 Mitglieder. Und denen ist ihr Hobby oder ihre große Leidenschaft von jetzt auf gleich völlig weggebrochen. Diese Anordnung tat sicher mehr weh, als manche Sportverletzung. Es wird viele geplatzte sportliche Träume und Ambitionen geben, die oft unwiederbringlich verloren gehen. Das werden wir zum Teil erst in den nächsten Jahren erkennen.

Tobias Sch.: Das stimmt und macht traurig und nachdenklich. Generell zeigten sich die Vereine sehr einsichtig, sehr kompromissbereit und schnell sehr kreativ. Aber vergessen wir nicht, die wirtschaftlichen Nöte, in die unsere Vereine geraten sind. Einige Sportvereine haben ein Sportlerheim mit einem Pächter, der nicht mehr zahlen kann. Sponsoren und Spender, die ebenfalls abwägen müssen, ob sie den Verein wie geplant unterstützen können, mussten in Gesprächen bei der Stange gehalten werden. Andere Sportvereine haben starke monatliche Belastungen aufgrund ihrer Investitionen durch Um- und Neubau ihrer Sportstätten. Liquiditätsprobleme unterschiedlicher Art mussten deshalb verzeichnet werden. Gleiches gilt für Vereine im Bereich des Gesundheits- und Rehabilitationssportes, der völlig zum Erliegen kam.

 

Ist ein Stadtsportbund in der Lage, derlei Nöte zu lindern?

Olaf W.: Diese Sorgen mit der Bitte um Hilfe haben wir gebündelt und beim LSB, dem MBJS und der Stadt vorgetragen und angezeigt. Wir begrüßen den Rettungsfonds des LSB und des MBJS zur Überbrückung von Engpässen. Ferner haben wir als Stadtsportbund den Beitragseinzug unserer Mitgliedsvereine bis Juli verschoben, um die Liquidität der Sportvereine nicht zusätzlich zu belasten. Der LSB hat dies ebenfalls getan und die städtischen Zuschüsse werden wie gewohnt an die Vereine ausgezahlt.

Tobias Sch.: Dreh- und Angelpunkt der Vereinsfinanzen sind und bleiben die Mitgliedsbeiträge. Diese bilden den Grundstock gerade in solch unübersichtlichen Zeiten. In dem Zusammenhang wollen wir betonen, dass dem Mitgliedsbeitrag keine direkte Gegenleistung gegenübersteht. Der Mitgliedsbeitrag kann daher nicht ausgesetzt werden, weil aufgrund staatlicher Verordnungen über Wochen kein Sport getrieben werden kann. Wir sind uns aber sehr sicher, dass unsere Vereine es finanziell schaffen werden, weil sie immer schon einfallsreich und erfinderisch waren. Und im Übrigen nie wirklich finanziell verwöhnt waren.

 

Das hört sich nach Vernunft und Disziplin an. Es gab aber auch uneinsichtige Stimmen, die angeprangert haben, dass beispielsweise die Energie-Fußballer von der Stadt die Genehmigung erhalten haben, das Fußball-Training aufzunehmen. Freizeitsportlern wird dagegen jede offizielle sportliche Betätigung verboten. Mit welchen Argumenten sind Sie diesen Äußerungen entgegengetreten?

Olaf W.: Wir sind solchen Äußerungen behutsam begegnet und haben die dazugehörigen Hintergründe versucht zu kommunizieren. Und haben ferner deutlich gemacht, dass es sich bei den Fußballern, genau wie bei unseren Top-Radsportlern Emma Hinze und Maximilian Levy um Profisportler handelt. Sie leben vom und mit dem Sport und sind daher besonders betroffen, wenn sie keinen machen dürfen. Natürlich wissen wir auch, dass der FCE gegenwärtig „nur“ ein Viertligist ist. Aber wir haben auch immer zu bedenken gegeben, dass die genannten Sportler auch eine Vorreiterrolle für den Amateur- und Volkssport in unserer Region spielen.

Tobias Schick.: Wichtig an der Stelle, dass zum Beispiel vom FCE alle erforderlichen Antragsunterlagen frühzeitig und umfangreich eingereicht wurden. Hauptamtliches Personal im Stadion und in der Trainerschaft machten das möglich. Sie sind auch gleichzeitig Garant für die Einhaltung der damals umfangreichen Auflagen und der jeweiligen Konzepte. Das ist von ehrenamtlich geführten Vereinen weniger umsetz- und vor allem leistbar. Der Leistungssport ging hier dem Breitensport voraus und hat auch wichtige Brücken für die Lockerungen vorbereitet.

 

Kommen wir zurück zu den Sportgemeinschaften. Hat Sie der Ideenreichtum und Erfindergeist überrascht?

Tobias Sch.: Ja. Wir waren von der Vielfalt der Ersatz-Angebote beeindruckt und hatten über Facebook gemeinsam mit unserem Partner wie der AOK Nordost und der Sparkasse Spree-Neiße dazu aufgerufen. Da wurden sehr schöne Clips für den Sport daheim gepostet und verschickt. Wie zum Beispiel von der Trainerin des Jazz Dance Clubs, von dem einstigen Trampolinass und Sportjugendvorsitzenden Nico Gärtner. Auch in Branitz, Willmersdorf, Merzdorf, im Kampfsport, Fechtsport oder Volleyball waren die Übungsleiter und Verantwortlichen sehr fleißig und konnten die individuelle Trainingsarbeit damit ein Stück aufrechterhalten.

 

Neben den Einschränkungen für die aktiven Sportler sind viele traditionelle Veranstaltungen ausgefallen, die besonders von den Zuschauern und Gästen vermisst werden.

Olaf W.: Auch das sind leider Ergebnisse, die die Corona-Krise mit sich gebracht hat. Wir hatten kein Frühlingsradeln, keinen AOK City Run&Bike und auch das 50. Sielower Reit- und Springturnier musste ins nächste Jahr verschoben werden. Und was wirklich dann im September und später noch nachzuholen ist, werden wir sehen.

 

Trotz der vielen Hindernisse erklären Sie stets, dass die Verantwortlichen des Stadtsportbundes stolz auf die Mitglieder in den Vereinen sind. Warum?

Olaf W.: Die Mitglieder und Verantwortlichen in den Sportvereinen haben mit viel Vernunft und großer Geduld alle zusammengehalten. Einen riesigen Dank auch an alle Sponsoren und Unterstützer, denen wir zugleich fest die Daumen drücken, dass sie die Krise wirtschaftlich überstehen. Unsere Vereine werden es schaffen, dabei nicht viel jammern, sondern improvisieren und anpacken. Das Bewältigen von Krisen gehört sozusagen zur DNA des Sports.

Tobias S.: Ich sehe es auch so. Die schrittweise Öffnung der Sportturnhallen muss jedoch kommen. Das Land muss die Leistungen der Menschen anerkennen. Die vielen Verbote wurden über Wochen befolgt und die Sportvereine waren lange Zeit verständnisvoll. Es ist aber an der Zeit, mehr Vertrauen in die Vereinsverantwortlichen und in ihr Wirken im Sportverein an den Tag zu legen. Gerade im Sport können wir und erst recht unsere Sportler in allen Altersbereichen mit Regeln umgehen. Aber die Verbote und Untersagungen müssen ein Ende finden.

Das Gespräch führte Georg Zielonkowski

 

 

 

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