Von Siebenbürger Brot, Haschisch und Häppchen

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Unser Filmfestival-Reporter Henning Rabe berichtet vom 32. FilmFestival Cottbus.

Nächstes Mal wird es wieder richtig“, sagte bei der Abschlussfeier letztes Jahr ein Bekannter aus dem Glad-House zu mir. An diese Worte musste ich denken, als ich in strahlendem Sonnenschein aus dem Hauptbahnhof Cottbus trat. Nun ja, uns alle plagen nun neue Besorgnisse, und doch: Warum sollte nicht dieses Filmfestival mal wieder richtig rauschen?

Los geht´s. Foto: Henning Rabe.

Zumal uns gleich als erster Film im Weltspiegel

R. M. N.

von Cristian Mungiu erwartete. Der Rumäne brachte 2007 mit „Vier Monate, drei Wochen, zwei Tage“, einem Paukenschlag in die Magengrube, mithin einem Meisterwerk von Abtreibungsdrama, seine Heimat erst wieder in die Wahrnehmung der internationalen Filmwelt.

Heute führte er uns in die winterliche Berglandschaft Siebenbürgens: Deutschland-Heimkehrer Matthias will mit seinem überkommenen Bild von Familie nicht recht in die Umgebung passen. Zwei Frauen, die Mutter seines Kindes und seine Geliebte, lassen ihn immer wieder spüren, dass er mit seinem Macho-Gehabe in ihrem Leben nichts zu melden hat.

Geschickt verknüpft Mungiu die Beziehungskonflikte mit der Ankunft dreier Gastarbeiter aus Sri Lanka, die in der örtlichen Bäckerei schuften. Vor allem die ungarische Minderheit ist es, die gegen die Neuankömmlinge hetzt. Nur, wer soll denn das Brot backen, wenn fast alle Arbeitsfähigen des Fleckchens im Ausland angeheuert haben? Das Drehbuch des Regisseurs stellt die Positionen aller Beteiligten dar, ohne Schuld oder Dummheit an den Pranger zu stellen: Er zeigt nur lückenlos eine vorhandene, nicht aufzulösende Situation auf, die schließlich in einem (zunächst) rätselhaften Finale nur noch als unumkehrbar postuliert wird.

Von der Mystik, die im Film teilweise anklingt, hätte ich mir durchaus mehr Anteile gewünscht in diesem sehenswerten, wenn auch nicht meisterlichen Beitrag. Dann aber schnell hinüber ins Staatstheater zum Eröffnungsfilm.

Auf dem Weg zum Eröffnungsfilm. Foto: Henning Rabe

 

Luxembourg, Luxembourg

von Antonio Lukitsch aus der Ukraine steht auf dem Programm. Zwei Zwillingsbrüder, deren mafiöser, bosnischer Vater sich irgendwann nach Westeuropa abgesetzt hat, stehen im Mittelpunkt der Handlung. Der eine, ein Polizist, versucht, sein Leben rechtsschaffen und nach den Regeln zu leben. Der andere ist das schwarze Schaf der Familie, dealt gern mal mit Haschisch und fährt ein marschrutnoje taksi, einen Linien-Minibus, auf der unattraktivsten Strecke überhaupt. Seine Drogenvergehen reichen inzwischen für fünf Jahre Haft, die Beförderung des Bruders liegt damit auf Eis. Könnte man den Delinquenten nicht vielleicht ins Ausland schaffen?

Antonio Lukitsch und ich. Foto: TSPV

 

Im Spannungsfeld der ungleichen Brüder, die übrigens beide auf ihre Art nicht viel auf die Reihe kriegen, entsteht eine wirklich urkomische Geschichte, die das Publikum mehrfach zum Lachen bringt. Lukitsch hat ein treffsicheres Gefühl für Witz und köstliche Situationen, die teilweise in hoher Dichte von der Leinwand prasseln. Dann und wann indes kommt eine melancholische Note zum Tragen. Sie lässt das autobiografische Anliegen und Nachdenklichkeit zum Vorschein kommen, ohne dem Streifen insgesamt an Fahrt zu rauben. Die Reise der beiden nach Luxemburg, wo ihr Vater offiziell wohnhaft ist (oder war?), birgt jedenfalls immer noch genug Turbulenzen …

Ein gelungener Auftakt, der – wie jedes Jahr – durch den Empfang im Theaterfoyer abgerundet wird: Häppchen und Getränke, Wiedersehen und Kennenlernen, hier ein Winken, da ein Zeigefinger-Gruß, und am Ende gehen alle mit einem Strahlen aus dem hohen Hause.

Häppchen im Staatstheater. Foto: Henning Rabe

Mehr Infos und das gesamte Programm zum 32. FilmFestival Cottbus:

www.filmfestivalcottbus.de

Und hier noch ein paar Impressionen von der Eröffnungsfeier im Großen Haus des Staatstheaters Cottbus.

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