Belebend, bildend, ansteckend, ecoesk
Umberto Ecos Bücher, mithin auch seine Person, hatten in allen Gazetten, italienischen wie deutschen wie anderweitigen, diejenige Prominenz, die ihnen immer gebührte. Es war also nicht nötig, dass der großherrliche Sensenmeister mit seinem kalten Finger auf ihn zeigte. Nun, er hat es getan, als könnte Ecos Berühmtheit auf ihn in gleicher Betriebstemperatur übergehen.
Ecos Prominenz gründete sich auf seiner so ansteckenden, anregenden Klugheit, auf seinem genussverbreitenden Umgang mit Sprache, mit Literatur, mit den Erscheinungen des menschlichen Alltags. Für Utopien hatte er die richtigen Fahrpläne – 1987 beschrieb er einmal anhand seiner zwei Lieblingsbibliotheken, der Sterling Library in Yale und der neuen Bibliothek der Universität Toronto, den Weg zur Bibliothek als Modell des paradiesischen Universums. Er zeichnete sie als Orte gespendeter Seligkeit, weil der Benutzer (also der Mensch schlechthin?) nämlich gerade nicht als Feind (jeglicher unselig scheinender Serviceerfindungen?) gesehen wurde.
Gerade im vergangenen Jahr hat der Hanser-Verlag ein weiteres Mal ein so schmales Eco-Bändchen herausgebracht wie schon 1987. Die Texte darin sind neu, wegen ihrer Kürze aber bereits als sogenannte Streichholzbriefchen bekannt. Eco nimmt sich als listiger Freund des gelungenen Textes darin wiederum der Sprache, der Literatur, des Nachrichtenwesens an und lässt nicht nach, schlechte Texte ebenso wie schlechte neuzeitliche Umgangsformen zu kritisieren. Seinem Urteilsvermögen ist vor allem deswegen zu trauen, weil er die Urteile mit Fakten und Erfahrungen begründet. Das ist alles andere als neu, aber Umberto Eco hat es mit seinem immer seltener werdenden Feinsinn getan, der gerade scheinbar mit ihm himmelwärts für immer entschwunden ist. Die Apokalypse scheint nun trotz der vielen schönen Bibliotheken dieser Welt nicht mehr aufzuhalten. Kathrin Krautheim
Umberto Eco: Bücher sprechen über Bücher. Carl Hanser Verlag. München, 2015. 3,50 Euro.