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„Die Männer halten ja nicht so lange”

Suhrkamp, 184 Seiten, 18 EUR

Von ihrem Debütroman „Das Geisterhaus” an bis zu „Dieser weite Weg” hat Isabel Allende Romane geschrieben, die ihre Leserinnen und Leser  begeistert haben. Ihre Finger gaben dem Computer Texte ein, die von sozialem und politischem Engagement geprägt waren und deshalb (oder trotzdem?) große Unterhaltungseffekte erzielten. Ihr neuestes Buch „Was wir Frauen wollen” (Suhrkamp, 184 Seiten, 18 EUR) ist kein Roman, sondern eine Sammlung von kurzen Texten über die Frauenbewegung und den Feminismus. Ein Thema, was sie seit frühester Jugend beschäftigt. So werden philosophische, politische und soziale Belange kurzweilig mit Erinnerungen, Erlebnissen, Episoden flankiert. Mit deutlicher Stimme, aber nie mit Schaum vorm Mund formuliert sie Forderungen, Anregungen, Wünsche  für die Beteiligung von Frauen am gesellschaftlichen Leben. Männer sieht sie häufig im Licht feinsinniger Ironie. So wenn sie über die Vorstellung einer Wohngemeinschaft von ausschließlich alten Witwen schreibt, „denn Männer halten ja nicht so lange.”

Aufbau, zwischen 120 und 176 Seiten, je 18 EUR

Den Satz würde, lebte sie noch, auch die dänische Schriftstellerin Tove Ditlevsen (1917 – 1976) unterschreiben nach vier Ehen, die sie selbst beendet hat wie letztlich auch ihr Leben. Ihre Kopenhagen-Trilogie mit den leseverführerisch-dünnen Bänden „Kindheit”, „Jugend” und „Abhängigkeit” (Aufbau, zwischen 120 und 176 Seiten, je 18 EUR) hat jetzt eine fulminante Wiederveröffentlichung erfahren. Es ist ein autobiographischer Lebensroman, der von sozialen Deformationen in einer Arbeiterfamilie, vom Leben und Streben einer angehenden Schriftstellerin, von den Gefahren des Faschismus und dem Ringen mit der Medikamenten- und Drogensucht und der Niederlage in diesem Kampf. Ja, die Sucht. „Sie stirbt nie ganz, so lange ich lebe.” In diesen Satz mündet der Roman, der in diesem Thema eine höchstaktuelle Nuance erhält.

Hanser, 350 Seiten, 25 EUR

Wer etwa „Die Terranauten” oder „Das Licht” von T. C. Boyle mit Freude gelesen hat, dem ist jetzt mit „Sprich mit mir” (Hanser, 350 Seiten, 25 EUR) wieder ein echter Wissenschaftsthriller in die Hand gegeben. Erneut greift der erfolgreiche (es ist sein 29. Roman!) amerikanische Autor eine Story aus der Beziehung des Menschen zur Natur und den Möglichkeiten und Unmöglichkeiten seiner Einflussnahme auf. Auf Experimente in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts zurückgreifend, erzählt Boyle von dem Wissenschaftler Guy und seiner Assistentin Aimee, die dem Schimpansen Sam  das Sprechen beibringen wollen. Es gelingt, das Tier zu einer umfangreichen Unterhaltung in der Gebärdensprache zu befähigen. Was sich daraus im hektischen und intriganten kapitalistischen Wissenschaftsbetrieb entwickelt, hat Boyle packend gestaltet. Dem Leser stellt sich die Frage, ob die wissenschaftliche Leistung wieder – wie bei Golem und Frankenstein – ein Monster gebiert.

Aufbau, 350 Seiten, 24 EUR

„Schwäne in Weiß und Gold” (Aufbau, 350 Seiten, 24 EUR) ist ein wahrlich richtig schöner Titel. Auch für ein Sachbuch. Christine von Brühl zeichnet darin über neun Generationen bis zurück ins 17. Jahrhundert die Geschichte ihrer Familie nach. Zwei Themen interessieren besonders. Das ist die Lebensleistung von Heinrich Graf von Brühl. Da gibt es einiges zurechtzurücken. In allen Darstellungen über die Jahrhunderte hinweg dominierte der gehässige preußische Blick auf den sächsischen Minister, dem man Intrigantentum und Verschwendungssucht unterstellt. Hinter diesem Vorhang verschwanden sein Kunstsinn und seine  politisch-diplomatischen Handlungen. Immer wieder kommt die Autorin auf die Meißner Porzellanmanufaktur und die Dresdner Sammlungen zu sprechen. Diese ebenso wie die sog. Brühlschen Terrassen differenzieren das enseitige Bild eines Machtmenschen.

Klaus Wilke

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