WIllkommen, willkommen, steht in großen Lettern am Cottbuser Staatstheater. Es ist wieder FilmFestival-Zeit in Cottbus. Zum 27. Mal schon trifft sich in der Stadt (fast) alles, was „Film“ aus Osteuropa interessant macht. Immer einen Tag vor der offiziellen Eröffnung findet, nun schon zum 15. Mal, die Cottbuser Filmschau zusätzlich zum FilmFestival-Programm statt – die Schau auf der junge Filmemacher ihre Werke präsentieren können.
Auch „Hermann – das Magazin aus Cottbus für die Lausitz“ mischt wieder mit und hat gemeinsam mit radioeins drei Filmkritker berufen, die vom und über das FilmFestival berichten. Judith Lippelt, Marie Bernards und Henning Rabe greifen für HERMANN in die Tasten.
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Den Anfang macht Judith. Sie war bei der Filmschau dabei:
Eindrücke zur 15. Cottbuser Filmschau
Was für ein Abend! Kurz vor Beginn des 27. FilmFestivals Cottbus gab es bereits diesen Montag, den 06.11 für Filmliebhaber einen besonderen Kino-Leckerbissen: die 15. Filmschau Cottbus präsentierte ab 19:00 im Weltspiegel ein ganzen Genre-Feuerwerk unterschiedlicher Kurzfilme von Newcomer-Filmemachern aus der Region. Vom Musikvideo über Reportage bis hin zum Horrorfstreifen war so ziemlich alles vertreten. Umso schwerer muss es der Jury und dem Publikum gefallen sein, hier eine Entscheidung zu treffen, an wen die beiden Hauptpreise und der Publikumspreis gehen sollen – am Ende gewannen verdient zwei sehr junge Filmteams: der Preis der arvato Services Cottbus GmbH ging an den Film „5 Minuten“, gedreht von drei jungen Mädchen aus Cottbus. „5 Minuten“ ist ein sehr authentischer, erfrischender Kurzfilm über eben jene berüchtigten 5-Ausrast-Abdreh-Verrücktspiel-Minuten die jeder (vor allem jeder Teenager) gerne mal hat.
Der Film „Heimatliebe“ gewann gleich zwei Preise, denn er war nicht nur der Liebling des Publikums, sondern auch der Favorit der Stiftung für das sorbische Volk: mit sehr viel Humor und Witz, aber eben auch mit einem nachdenklichen Unterton behandelte er die Themen Rassismus gegenüber der sorbischen Bevölkerung und die Bedeutung sorbische Identität in der Lausitz.
Beide Filme gehörten auch für mich zu den interessantesten und bewegendsten dieses abwechslungsreichen Abends. Ich habe bei beiden Filmen viel gelacht und auch wenn es teilweise an der technischen Ausführung (durch das wahrscheinliche kleine Budget) noch mangelte, brachten beide Kurzstreifen ihre Thematiken mit so viel Herz rüber, dass sie einem gleich im Gedächtnis blieben. Dass genau diese beiden Werke gewonnen haben, ist wirklich eine tolle Anerkennung an die ganz jungen und neuen Talente im Medium Film!
Ich persönlich hatte – und da sieht man mal wieder, dass die (Film)kunst auch immer sehr persönlich und subjektiv ist – trotz großem Gefallen an beiden Gewinnerfilmen einen anderen Top-Favoriten. Da ich selbst aus einer Kohleregion im Westen komme, hat mich der Film „Bückgen – die verschwundene Heimat“ sehr berührt. Das Thema Umsiedlung und Heimatverlust durch die Braunkohle ist mir persönlich gut vertraut; wahrscheinlich hat der Film deshalb genau die richtigen Emotionsknöpfe drücken können. Gefallen hat mir besonders, dass man an den Menschen von Bückgen selbst – buchstäblich – sehr nah dran war: die Close-Up Interviews geben der Reportage eine ganz persönliche Note gelebter Geschichte.
Ebenfalls toll fand ich den Film „Wassermann“. Er war, wie auch „Heimatliebe“ ein Film über das sorbische Erbe und erzählte von der Sage des Wassermanns, der laut Legende Groß Neida und Umgebung und vor allem das Haus des Müllers unsicher machte, bis ein Bär ihn schließlich verschrecken konnte. Bei diesem Film hat mir vor allem der klare Erzählstrang der Sage und die einfache, aber visuell ansprechende Umsetzung gefallen: die Regisseurin hatte sich entschieden, die Sagenwesen- und Orte durch Papierzeichnungen in den real- gefilmten Hintergrund der Landschaft zu transportieren. Meiner Ansicht nach ein sehr gelungener Ansatz mit Augenzwinkern!
Wenn ich so anfange zu überlegen, fallen mir noch viele andere Filme der Filmschau ein, die hier in meinen Augen eine Erwähnung verdienen. Da ich dann aber Gefahr laufe, am Ende doch noch alle aufzulisten, kommt hier ein Cut und offenes Ende- bis zur nächsten Filmschau!
von Judith Lippelt
Bild: Film ab. Foto: TSPV