Die Weltstars wollen die Atmosphäre des Cottbuser Springermeetings erneut erleben

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Schon immer haben die Asse der Leichtathletik von den besonderen Meetings in Cottbus geschwärmt. Das war bei den 22 Meetings im Sportzentrum der Fall, die aus wirtschaftlichen Gründen letztmalig im Jahr 2011 stattfinden konnten. Übergreifend trifft diese Einschätzung auch auf die Springermeetings seit 2003 zu, bei denen mit dem Stabhochsprung der Herren und dem Hochsprung der Damen zwei stets stimmungsvolle Wettkämpfe in der ausgesprochen familiären Atmosphäre der „Lausitz-Arena“ die Athleten ebenso begeistern wie die Besucher. Bevor die jeweils acht Starter am 29. Januar beim „18.“ zur Vorstellung der Sportler in die Arena gerufen werden, sprachen wir mit Meeting-Direktor Ulrich Hobeck.

 

Die allseits wichtigste Frage vornweg: Wird es wieder zwei Wettbewerbe geben, bei denen es nur so von Weltstars wimmelt?

Davon können wir getrost ausgehen. Freilich ist es wie in jedem Jahr eine finanzielle Gratwanderung. Aber durch die in all den Jahren zuvor erlebte Begeisterung sind uns die meisten Sponsoren treu geblieben, so dass wir am 29.Januar ein hochkarätiges Starterfeld präsentieren können.

Bei der WM in Doha waren von den Hochspringerinnen von Platz eins bis zehn sechs Frauen, die acht Monate zuvor bei uns in Cottbus am Start waren. Diese Feststellung zeigt ganz deutlich, welch auserlesene Felder wir hier am Start haben. Beim Stabhochsprung der Männer ein ähnliches Bild. Mit Weltmeister Sam Kendricks aus den USA und dem Dritten Pjotr Lisek aus Polen sprangen der Erste und der Dritte unseres letzten Wettbewerbs bei der WM in die Medaillenränge.

Uli Hobeck

Aufgrund ihrer WM-Erfolge dürften die Antrittsgagen dieser außergewöhnlichen Damen und Herren nochmals deutlich gestiegen sein. Können Sie da mithalten, oder müssen wir uns alle nun bei allem Respekt mit der „zweiten Reihe“ begnügen?

Von drei Beispielen will ich da reden. Yaroslava Mahuchikh, unsere Vierte 2019 wurde in Doha Zweite. Die Ukrainerin wurde zwei Jahre zuvor in Nairobi U18-Weltmeisterin, also habe ich sie eingeladen. Ihr hat es bei uns prima gefallen nicht nur wegen ihres zweiten Platzes, also kommt sie wieder. Oder nehmen wir Publikumsliebling Sam Kendricks. Der ist im Januar mit einem Cottbuser Kind auf den Schultern bei der Athletenvorstellung in die Arena gelaufen, war stets locker, fröhlich und begeistert von dieser Wohnzimmer-Atmosphäre. Natürlich wird er wieder dabei sein. Das letzte Beispiel ist Marija Lasizkene, die im Januar bei uns mit 2,02 m einen umjubelten Meeting Rekord gesprungen ist. Bei der WM in Doha hat sie 2,04 geschafft. Also habe ich ihrem Manager gesagt, dies ist die Antrittsgage, die für uns machbar ist. Wenn sie aber ihren Meeting Rekord erneut verbessern kann, legen wir noch ein ordentliches Pfund drauf. Derzeit sieht es so aus, als würden beide unser Angebot akzeptieren.

Das Cottbuser Meeting findet am 29. Januar statt, Karlsruhe richtet am 31.Januar ein größeres Meeting aus. Muss man befürchten, dass die Stars dem dort sicher locker sitzenden Geld hinterherlaufen?

Sicher sind die Veranstaltungsmacher von Karlsruhe deutlich zahlungsfähiger. Aber neben Hochsprung/Frauen und Stabhoch/Männer stehen dort sechs weitere Frauen-Disziplinen und drei weitere Disziplinen der Herren auf dem Programm. Ich hoffe, dass sich durch die Vielzahl der eingeladenen und auch zu bezahlenden Athleten deren Budget schnell aufbraucht und damit nicht die Höchstpreise für die Superstars gezahlt werden können. Für uns wäre das von Vorteil.

Neben dem Sport besticht das Cottbuser Meeting durch das gefällige Rahmenprogramm, das Zuschauern und Sportlern gleichermaßen gefällt. Wollen Sie zum Meeting 2020 schon was verraten?

Wie gewohnt werden die Los Peppinos die Sportlerinnen und Sportler bei deren Einmarsch rhythmisch untermalt begleiten. Das war so, hat sich bewährt und ist bei unseren Sportlern sehr beliebt. Sehr gefreut habe ich mich, als Petra Zieger auf meine Anfrage sofort ihr Mitmachen zugesagt hat. Sie hat ja schon Meeting-Erfahrung und freut sich deshalb darauf, einige bekannte Gesichter mal wieder zu sehen.

Zum Rahmen der Meetings gehört seit Jahren eine kompetente und zugleich unterhaltsame Moderation, die die Zuschauer mitnimmt, um mit dem Klatschrhythmus die Sprünge de Athleten zu unterstützen. Bleibt es bei der zuletzt gelungenen Kombination Fink/Werling?

Ich war vor Wochen schon sehr erleichtert, als ich die Zusage der rbb-Wetterfee Ulrike Fink erhalten habe und

mir auch Michael Werling zugesichert hat, unser Meeting fest in seinem Kalender notiert zu haben. Diese Kombination hat sich prima bewährt, obwohl sich einige Besucher gewünscht hätten, dass der Moderator den Interviews von Ulrike Fink mehr Raum gegeben hätte. Aber Michael Werling, der einen unglaublichen Informations-Fundus zu unseren beiden Disziplinen besitzt, hat den Gesamtablauf im Blick. Er weiß, wohin er die Aufmerksamkeit der Zuschauer lenken muss. Da kann es schon mal vorkommen, dass er Ulrike das Wort abschneidet. Mit Björn Otto erwarten wir unseren Dauergast und Publikumsliebling, der in seinen Aussagen als ehemaliger Aktiver viel Wissenswertes aus der Sicht der Sportler weitergibt. Insofern glaube ich, dass wir auch beim Meeting 2020 wieder eine prima Kombination zur Information und Unterhaltung unserer Zuschauer gefunden haben.

Alle auf einem Bild: Ohne die Helfer geht gar nichts beim Springermeeting.

Das ganze „Drum rum“ neben den Wettbewerben erfordert eine Vielzahl helfender Hände. Ist der Stamm der „stillen Helden im Hintergrund“ nach wie vor in ausreichender Zahl beisammen?

Zunächst einmal will ich an dieser Stelle ein großes Lob an all meine Helfer aussprechen, die über so viele Jahr treu in Diensten der früheren Freiluft- und der heutigen Springermeetings arbeiten. Auch deren Aktivitäten machen unser Meeting zu dem, was es über Jahre ist. Eine perfekt funktionierende Veranstaltung, die ihren Charme hat, wie wir von allen Seiten bestätigt bekommen. Allein schon die Mammutaufgabe der Hallenausgestaltung, für die wir nur ganz knapp Zeit haben. Wir wollen und wir sind auch vertraglich dazu verpflichtet, die Banner unserer Sponsoren gut wahrnehmbar für die Besucher und die Fernsehzuschauer zu positionieren. Es müssen die Anlaufbahn der Stabhochspringer und beide Sprunganlagen aufgebaut werden. Vieles mehr wäre noch zu nennen.

In Cottbus ist es Tradition, dass die Springer zu ihrer meist rhythmisch gehaltenen Lieblingsmusik vor ihrem Sprung anlaufen und die Zuschauer klatschen mit …

Auch das ist in Cottbus anders als bei ähnlichen Meetings. Dafür haben wir Jahr für Jahr mit Frank Wenzel, den Musikredakteur von Antenne Brandenburg am Start. Zu dem kommen die Sportler, nicht selten auf den letzten Drücker, und benennen ihre Titel, die Frank dann fix aus seinem Fundus bereitstellt und die gewünschten Stellen der Titel aussucht. Zur technischen Begleitung unseres Meetings gehört in den letzten Jahren ein livestream, für den es sieben bis acht Kamerastellplätze braucht. Diese Aufgabe nimmt in bewährter Weise die Cottbuser Firma Teaserfilm in unserem Auftrag war, so dass unser Meeting über die Netzwerke weltweit verfolgt werden kann. Dies sind nur einige Bereiche, zu denen auch der Fuhrpark für das Herbeiholen der Sportler von den Flughäfen zählt, auch Dolmetscher und Versorger für unsere Zuschauer und vieles andere mehr.

Obwohl Sie übers Jahr reichlich mit der Meeting-Vorbereitung zu tun haben, sie Sie ja auch Vizepräsident des LC Cottbus. Tut es Ihnen weh, dass sie bis in die Jahre 2003 und 2004 zurückblicken müssen, um in Katja Schötz eine LCC-Springerin in den Starterlisten zu finden?

Schön ist das nicht, da haben Sie recht. Aber unsere veränderte Gesellschaftsform hat so viel auch beim Sport verändert, also auch beim Cottbuser Leichtathletik-Club. Deshalb taugen Vergleiche zu den frühen Jahren mit den Olympiamedaillengewinnern in den 70er Jahren von Rosi Ackermann bis Gunhild Hoffmeister nicht. Stefan Freigang, der 1992 in Barcelona Marathon-Dritter wurde, ist der letzte der Cottbuser Erfolgstory. Heute sind es eine Handvoll aussichtsreicher junger Damen und Herren, die vorsichtig an die Tür von Olympia klopfen. Aus meiner Sicht hat Marie Scheppan große Chancen, in die deutsche 4 x 400-Meter-Staffel für 2020 in Tokio berufen zu werden. Aber dazu muss alles passen. Seit September hat sie einen von zwei in Deutschland verfügbaren Ausbildungsplätzen bei der Bundespolizei bekommen. So lebt und lernt sie die Woche über in Kienbaum, trainiert dort nach den Trainings-Vorgaben. Aber zum Training zu ihrem LCC-Trainer Rainer Krug kommt sie nur am Wochenende. Zwei andere Talente haben wir noch in der Hindernisläuferin Bianka Dörfel und Mittelstreckler Constantin Schulz, der momentan eine Lehre bei der Bundesanstalt für Immobilien macht und der damit täglich zum Training ins Sportzentrum kommen kann. Blanka Dörfel hat ja im Juli in Baku bei den Europäischen Olympischen Jugendspielen mit der Rekordzeit von 6:39,02 Gold über die 2000 m Hindernis gewonnen.

Bedauerlicherweise hat sich dagegen vor kurzem die DM-Dritte Skadi Schier bei uns abgemeldet. Nicht etwa, um zu einem bedeutenderen Club zu wechseln, sondern sie war der Meinung, dass sie ihr Leben mit den intensiven Trainingsanforderungen nicht mehr unter einen Hut bekommt. Artur Beimer dagegen wechselt vom LC Cottbus zur DHfK Leipzig, da er in Leipzig ein Studium begonnen hat. Und so sind zwei unserer wirklich aussichtsreichen Kader nicht mehr verfügbar – schade ist das.

Sie haben Rainer Krug genannt. Den langjährigen Trainer, der sich nun zu Recht auf sein Leben nach dem Arbeitsalltag freut. Auch auf andere Übungsleiter dieser Altersklasse trifft das zu. Wie steht es um die Nachfolge dieser wichtigen Personalien?

Da will ich Ihnen ehrlich antworten und sagen, dass es darum sehr schlecht steht. Wie Sie wissen, ist zum Beispiel Rainer Krug Lehrer/Trainer. Das heißt, dass er nach dem schulischen Sportunterricht seine Trainingseinheiten abhält. An den Wochenenden fährt er mit seinen Sportlern der verschiedenen Altersklassen zu den Wettkämpfen. Und jetzt kommt’s: Wenn seine Lehrerkollegen trotz einiger organisatorischer Dinge ihre Ferien genießen, gibt es für ihn kaum Freizeit. Ein Leistungssportler kann es sich eben nicht leisten, mal sechs Wochen Trainingspause zu machen. Da würde er nach den Ferien quasi wieder bei „Null“ anfangen. Also wird fleißig weiter trainiert und zu manch einem Wettbewerb gereist. Und für diese anspruchsvolle und sehr zeitaufwändige Funktion in der heutigen Zeit Leute zu finden, ist unglaublich schwer. Um hierfür jemanden zu begeistern, braucht es jede Menge Glück. All dies betrachtend muss man fürchten, dass die Talsohle der Leichtathletik noch nicht erreicht ist.

 

Das Interview führte Georg Zielonkowski

 

 

 

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