Ehrenamt im Betreuungsverein des Diakonischen Werkes Niederlausitz e.V.

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Über den Betreuungsverein

 Manchmal können Menschen aufgrund einer psychischen Erkrankung, einer geistigen, seelischen oder schweren körperlichen Behinderung ihre persönlichen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst regeln.

Nach dem Betreuungsgesetz haben diese Menschen Anspruch auf rechtliche Vertretung durch einen Betreuer, der durch das Betreuungsgericht bestellt wird.

Der Betreuungsverein des Diakonischen Werks Niederlausitz e.V. existiert in Cottbus seit 1994 und startete damals mit 2 Mitarbeiterinnen. Heute arbeiten dort 5 Mitarbeiter:innen als Betreuer:innen und eine Mitarbeiterin im Sekretariat. Die Mitarbeiter:innen des Vereins führen selbst rechtliche Betreuungen, beraten ehrenamtliche Betreuer:innen und Vorsorgebevollmächtigte und informieren über Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Diese Tätigkeiten werden durch die Stadt Cottbus und das Land Brandenburg gefördert.

Im Interview diesmal Jürgen Balzar, der Bereichskoordinator des Betreuungsvereins, sowie Annelies, die seit 10 Jahren ehrenamtlich betreut.

Wie wichtig ist das Ehrenamt für den Betreuungsverein?

Jürgen Balzar: Auch, wenn wir mit dem Ehrenamt die etwas einfacheren, emotional aushaltbaren Fälle abdecken, sind diese Aufgaben dennoch von großer Bedeutung und Verantwortung. Die ehrenamtlich Helfenden arbeiten nah an den Klienten und können, wenn es passt, auch mal Aufgaben außerhalb der rechtlichen Vertretung übernehmen. Es ist vorteilhaft, dass die Ehrenamtler mehr persönliche Zeit für die Betroffenen haben, da sie nur eine bis wenige Menschen betreuen.

Welche Aufgaben werden mit dem Ehrenamt erfüllt?

Jürgen Balzar: Es geht vorrangig um die Aufgabe der rechtlichen Vertretung in den Bereichen Wohnung/Heim, Ämter und Behörden, Vermögenssorge/Finanzen (Geld verwalten), Verträge abschließen, Anträge stellen, Krankenhausbesuche (Absichern der Rechte). Bei diesem Ehrenamt ist eine große rechtliche Verantwortung gefragt.

Es soll allerdings nicht über Menschen entschieden werden, sondern gemeinsam Entscheidungen getroffen werden.

Manchmal müssen über einen Richter begründete Einwilligungsvorbehalte ausgesprochen werden, zum Beispiel, wenn eine zu betreuende Person bereits den vierten Handyvertrag abschließt, obwohl sie diesen gar nicht mehr bezahlen kann.

Zu den Aufgaben gehört auch die Betreuungsplanung, wenn jüngere Menschen bestimmte Ziele erreichen wollen (Geld einteilen, wieder allein leben können). Dann wird – abhängig von der Situation der Person – geplant, wie sie dies erreichen kann.

Beim Betreuerstammtisch. Foto: MB

Wie viele Menschen helfen ehrenamtlich?

Jürgen Balzar: Derzeit sind im Betreuungsverein 50 ehrenamtliche Betreuer angemeldet, davon sind 26 als Angehörige und 24 als ehrenamtliche Fremdbetreuer aktiv. (Angehörige) Eltern behinderter Kinder wollen diese manchmal auch nach deren 18. Geburtstag weiter betreuen. Ähnlich ist das bei älteren Menschen, wenn sich die Kinder um ihre Eltern kümmern. Beides zählt dann als Ehrenamt, weil die Betreuung außerhalb einer Berufstätigkeit ausgeführt wird.

Es gibt definitiv mehr Potenzial ehrenamtlicher Hilfe. Die Betreuungsbehörde fragt immer wieder nach, ob es ehrenamtliche Betreuer mit Übernahmebereitschaft gibt. Wenn dann kein Ehrenamtler zur Verfügung steht, übernimmt ein beruflicher Betreuer diese Aufgabe.

Was plant der Betreuungsverein in den kommenden Monaten?

Jürgen Balzar: Wir bieten ab Mai einen Einführungskurs für an ehrenamtlicher Betreuung Interessierte an (siehe Infobox). Da wollen wir diese mit den Grundlagen der rechtlichen Betreuung vertraut machen und im Weiteren schauen, ob der Person das Ehrenamt passt und ihren Vorstellungen entspricht. Wir hoffen natürlich auf neue engagierte Helfer:innen.

 Annelies, bekommt man denn einfach eine zu betreuende Person zugeteilt?

Annelies: Ein erstes Kennenlernen ist sehr wichtig, es muss einfach passen. Da sollte man offen kommunizieren und auf sein Bauchgefühl hören.

In meiner Zeit beim Betreuungsverein habe ich zwei Betreuungen abgelehnt. Ich spürte schon beim ersten Gespräch, dass das nicht passen wird. Es war nicht schwer, das mitzuteilen, da ich mich bei meiner freiwilligen Arbeit ja nicht schlecht fühlen oder verausgaben möchte. So wäre ich für niemanden eine Hilfe.

Gibt es eine Betreuung, die Ihnen sehr am Herzen liegt?

Annelies: Herrn S. betreue ich seit 12 Jahren, anfangs sind wir zweimal pro Woche rausgegangen und haben etwas unternommen. Damals konnte er noch normal reden und laufen, dann kamen Krücken, dann Rollator, dann Rollstuhl, bis er gar nicht mehr konnte.

Seit 2 Jahren liegt er total verkrampft im Bett und kann sich gar nicht mehr bewegen, auch nichts sagen. Dass er aber noch alles mitkriegt, merke ich an seinen Augen. Am 21. Februar 2022 ist Herr S. 86 Jahre alt geworden. Da habe ich ihm eine Geburtstagskarte geschrieben und vorgelesen. Mich berührt, dass er niemanden sonst hat. Sein Zustand beschäftigt mich sehr. Eine Vollmacht hat er leider auch nie ausgeschrieben.

Was haben Sie durch ihr Ehrenamt lernen können?

Annelies: Zuwendung und Aufmerksamkeit sind das Wichtigste. Die Formalien gehören natürlich dazu, aber nichts geht über das Zwischenmenschliche. Vertrauen und Partnerschaftlichkeit bedeuten viel. Früher habe ich den Schwestern und Ärzten immer mal meine Meinung zu den Dingen gesagt, aber mit der Zeit verstand ich, dass es bestimmte Abläufe gibt, die einfach so sind. Ich bin so dankbar, dass ich ehrenamtlich betreue, mein Horizont hat sich durch diese Aufgabe sehr erweitert. Ich bin auch dankbar für den Betreuerstammtisch. Der ständige Austausch der Ehrenamtlichen untereinander ist auch für die Betreuung in der Praxis hilfreich.

Martin Bremer

 

„Einführung in die Betreuung Teil 1 & 2“ –

03.05.22 16 Uhr, Karl-Marx-Str. 67 Raum 1.001

10.05.22 16 Uhr, Karl-Marx-Str. 67 Raum 1.001

„Information über Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung“

17.05.22 16 Uhr, Karl-Marx-Str. 67 Raum 1.001

Eine Anmeldung ist aufgrund der begrenzten Platzkapazitäten unbedingt erforderlich!

 

Kontakt:

Jürgen Balzar (Bereichskoordinator)
0355 / 383 2470
betreuungsverein@diakonie-niederlausitz.de
www.diakonie-nl.de

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