„Eine Antenne in das Stadtgebiet”

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BürgerSprechChor bereitet Uraufführung vor / Biografien als Stoff für Theaterstück

 Genau ein Jahr vor der Premiere (25. Juni 2020) gaben Dramaturgin Wiebke Rüter und Schauspieler Michael von Bennigsen uns einen ersten Einblick in ihr Projekt, mit dem BürgerSprechChor ein eigenes Theaterstück zu entwickeln und aufzuführen. Es soll „Fluchtpunkt” heißen und seinen Stoff aus den Biografien und Erfahrungen der Chormitglieder beziehen. HERMANN wird die Stückentstehung in Jahr lang interessiert und sympathisierend begleiten.

Am Anfang hatten die Dramaturgin und der Schauspieler unabhängig voneinander ihre Idee, die, gebündelt, den „Urknall” auslösten. Wiebke und Michael brennen leidenschaftlich für den BürgerSprechChor, der erfolgreich in „1984” seinen Einstand gegeben hatte. Wiebkes Idee: Der Chor sollte doch mit einem eigenen Stück im nächsten Spielplan verankert sein. In Michael war der Wunsch gewachsen, das Thema Heimat auf die Bühne zu bringen. Da Schauspieldirektor Jo Fabian Heimat, Zukunft, nationale Identität als wichtigste Themen für die neue Spielzeit ausgegeben hatte, standen die Türen offen.

Natürlich ist das eine Aufgabe für „unseren Chor”, war sich die Dramaturgin sofort sicher und mit ihrem Schauspielkollegen einig. „Wir Schauspieler kommen von weither”, erklärt von Bennigsen, „aber die Frauen und Männer im Chor sind in der Lausitz verwurzelt, stehen mitten im Alltag, kennen die Sorgen und Probleme, aber auch günstige Entwicklungen aus dem Effeff.” Wiebke Rüter findet das schöne Bild, der BürgerSprechChor sei eine willkommene „Antenne in das Stadtgebiet”, durch die die öffentlichen und privaten Diskurse zu den Fragen der Zeit gefördert werden können. „Ich hatte und habe das Bedürfnis, die Leute kennenzulernen, für die wir Theater machen, und ihnen in die Seele zu schauen.”

Und warum „Fluchtpunkt”? Michael von Bennigsen: „Weil dies ein Thema ist, das kaum einen außen vor lässt. Es geht um das kollektive Nachdenken über unser Verhältnis zu Flucht und Flüchtlingen. Viele Menschen in der Region haben selbst einen Migrationshintergrund, Eltern und Großeltern kamen aus Schlesien oder Ostpreußen oder stammen aus Hugenottenfamilien. Wie gehen wir mit unseren Erfahrungen von 1945 unter den heutigen Bedingungen um?” Wiebke Rüter: „Fast jede Biografie kommt einmal in die Situation, in den (Flucht-)Punkt: ,Jetzt gehe ich.’”

Die Beiden haben erste Interviews mit ihren Chormitgliedern geführt. Weitere Gespräche mit ihnen werden folgen, wie auch sie selbst mit anderen Cottbusern sprechen werden, recherchieren. Die Wege zum Stück sind noch weit, Begeisterung und Interesse groß. Da kann man wohl sagen, dass es für dieses Projekt einen Fluchtpunkt nicht geben wird.

Klaus Wilke

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