hermann präsentiert: Spreewälder Sagennacht

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Wenn Stefanie häkelt

Das besondere Pfingstereignis der Niederlausitz findet am Bismarckturm der Spreewaldgemeinde Burg statt. Täglich, vom 13. bis 15.05., ist hier die Spreewälder Sagennacht zu erleben. Wie im vergangenen Jahr versetzen uns das Sorbische National-Ensemble mit allen seinen Sparten und Schauspielern des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters Bautzen in die Welt von Wassermann, Schlangenkönig, Mittagsfrau und Lutki. Die Inszenierung leitet der Regisseur mit Openair-Erfahrung und Choreograf Stefan Haufe. Mit dabei auch eine junge Cottbuserin: Stefanie Masnik.

Sie ist auf den Tag so jung wie das wiedervereinigte Deutschland. „Ich kenne die DDR aus der ,Sonnenallee‘ im Staatstheater Cottbus“, erklärt sie mit Bezug auf ihr Geburtsdatum. „Ich habe mich darüber amüsiert, lauthals gelacht, kenne die Lieder meiner Eltern, und weiß auch, dass die DDR noch ein anderes Gesicht hatte. Das habe ich in Gesprächen mit den Eltern erfahren.“ Ja, Stefanie ist eine, die sich nicht mit einfachen Antworten begnügt, sondern hinterfragt, um auf das Schwierige zu stoßen. In Harmonie aufgewachsen, interessiert sie sich doch für Widersprüche.

Nun spielt sie als Gast die Woda, die Tochter des Wassermanns. Stefanie erzählt: „Das war immer ein verwöhntes Mädchen, das bekommen hat, was es wollte. Wenn es Woda langweilig wird, wirft sie Dinge, Lebewesen und auch Menschen einfach weg wie Spielzeug. Sie ist die Frau des Wendenkönigs Prebislav und liebt ihn, obwohl die Heirat eigentlich erzwungen worden war. Der aber liebt das Wendenmädchen Lina, das ein Kind von ihm erwartet. Aber Woda wird auch hartnäckig bis von Wuhsch, dem Sohn der Schlangenkönigin, umworben. Es gibt genügend Situationen, in denen sie mächtig, bedrohlich, intrigant wirken kann. Dieser Charakter ist eine Herausforderung für mich; denn ich will es nicht bei einer dummen Zicke belassen. Dazu ist sie zu gefährlich. Sie ist wie Wasser: unberechenbar.“

In Stefanie Masnik haben die Bautzener Veranstalter eine Schauspielerin gefunden, die in wenigen Jahren etliche Lebenspläne angegangen ist, diese nicht verworfen, sondern für neue genutzt hat. Als Sprachtalent (englisch fließend, französisch fortgeschritten und sogar Gebärdensprache) wollte sie Lehrerin, dann als begeisterte Tanzschulabsolventin Tanzlehrerin werden. Dann entdeckte sie für sich das Staatstheater. Jugendklub, Statisterie, Sprechchor, kleine Rollen: „Wer hat Angst vor Oliver Twist?“, „Salome“, „Lehrer sollten nackt nicht tanzen…“, „Antigone“ und „Der Hauptmann von Köpenik“. Mit Begeisterung und Fantasie. Da war die Schauspielschule nicht mehr weit, genau genommen in Berlin-Charlottenburg. „Ich fand dort hervorragende Dozenten und Lehrer, die keine Luftschlösser bauten, sondern auf alle Probleme des Berufes vorbereiteten. Danach wusste sie: „Das Leben ist wie Wasser: unberechenbar.“ Ihre Woda ist also aus dem Leben gegriffen.

Die junge Schauspielerin, mit der sich faszinierend und unermüdlich plaudern lässt, gehört zum Weimarer Kultur-Express, einem freien Jugendtheater im Tourneebetrieb, das von Nord- und Ostsee bis ins Alpenland spielt. Die Truppe hilft Kindern, Schülern, Lehrlingen anschaulich, hinter die Dinge (also ganz in Stefanies Sinne) zu schauen: „Ob Drogen, Alkohol, Mobbing, Internet – die Welt ist voller Fragen und oft verdeckter Interessen, dass es einem allein schwerfällt, Antworten zu finden. Dabei wollen wir helfen.“

Die Woda-Darstellerin sucht auch immer wieder Hilfe. Sie will lernen. Das ist ihr wichtig. Sie erklärt, gern älteren, erfahrenen Mimen zuzusehen oder mit ihnen auf der Bühne zu stehen, um ihnen hinterher „Löcher in den Bauch“ zu fragen. Sie hat ja selbst sorbische Wurzeln im väterlichen Zweig der Familie. Daher weiß sie um die Gefahren, die der sorbischen Sprache drohen. Und tut selbst was dagegen, indem sie in die Geheimnisse des Niedersorbischen eindringt. Nicht nur in die richtige Aussprache. Sie will auch wissen, wie man Sorbisch flucht oder seine Freude ausdrückt.

Das Hobby der Schauspielerin: Häkeln. „Immer wenn ich ein Problem habe, häkle ich. Wenn ich fertig bin, habe ich die Lösung und eine Mütze.“

Klaus Wilke

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