hermann- und radioeins-Filmkritiker berichten vom 27. FilmFestival Cottbus

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Nervenkitzel im Weltspiegel

Freitag, 10. November
Heute war ich nicht nur nervös weil ich nicht wusste welche Filme mich erwarten, sondern auch, weil ich heute selbst vors Mikro treten musste. Um 19 Uhr begann Knut Elstermann die 3. Radioeins Lounge dieser Woche und holte uns 3 Filmkritiker für 10 Minuten auf die „Bühne“.
Anfangs war ich sehr nervös, doch als die Sendung losging war ich voll in meinem Element. Doch jetzt genug über meine kurze Zeit im Rampenlicht, hier geht es um die mutigen Filmemacher, die sich diese Woche beim Festival präsentieren dürfen. Aus Zeitgründen konnte ich es heute nur gerade so zu meinem U18 Film „LOMO – The Language Of Many Others“ von Julia Langhof gehen.
Ich hatte auch die Ehre, für den Filmtalk mit der Regisseurin dabei sein zu dürfen. Ich wünschte, ich könnte täglich, oder jedenfalls öfter, so tolle Filme mit der Präsentation eines Pressecodes in meinen Wissenspool hinzufügen. Auch heute hat mich der Film wieder total umgehauen! Er kommt noch nicht ganz an Hikikomori, den Film aus „Halblangxdrei“ ran, aber er war definitiv in meinen Favoriten. Aber das ist auch kein Wunder. Der Film hat 2017 schon beim Münchener Filmfestival den „Young German Cinema Award“ gewonnen und war für zwei weitere Preise dieses Jahr nominiert. Das besondere an diesem Film ist nicht etwa die Thematik, die das klassische Missverständnis der jüngeren Generation durch die ältere Generation darstellt, sondern wie die heutige Social-Media-Welle darin eingeflochten wird. Heutzutage werden Probleme viel schneller größer, da Menschen jede Emotion mit anonymen Usern teilen können. Der Film handelt vom schönen Karl, der in einem privilegierten Milieu von Berlin aufwächst. Er hat einen Blog namens LOMO, auf dem er nicht nur Gefühle, sondern auch intimste Videos aus seinem Privatleben postet. Dies zieht ihn in eine Spirale aus Problemen, die er sicherlich am Anfang unterschätzt hat. Typische „Symptome“ des Teenage-Daseins, wie die sinkende Lust am Schulalltag, die erste große Liebe und Zukunftsangst verschärfen die Lage noch erheblich. Karl verliert sich komplett im Internet mit seinen namenslosen Wegweisern und lässt niemanden mehr an sich ran nachdem ihm das Herz gebrochen wurde.
Das Besondere an diesem Drama ist, dass es zeigt, das auch jemand der scheinbar alles hat nicht unbedingt glücklich sein muss. Karl hat keine boshaften Eltern, eine nette Schwester und ist auch kein Einzelgänger. Dennoch kann die analoge Welt ihn nur wenig begeistern. Regisseurin Julia Langhof suchte lange um die perfekte Besetzung für den depressiven Karl zu finden und hat definitiv geniale Arbeit dabei geleistet! Die Emotion und rohe Energie die der junge Schauspieler Jonas Dassler in diesem Film portraitiert, hat mich sehr berührt! Meiner Meinung nach ist dieser Streifen eine wichtige Warnung an die Jugend sich nicht einzigartig im Internet zu fühlen und vor allem nicht zu denken, dass man mit dem was man sagt, einfach nicht bemerkt wird.
Eine tragische Szene am Ende zeigt, dass oft das falsche Wort eine große Auswirkung hat und das man nie jemanden im Internet idealisieren sollte. Jeder kann online sein wer er will und im wahren Leben das genaue Gegenteil sein. Hätte Karl den Menschen in seinem Leben mehr Aufmerksamkeit geschenkt, hätte er sich viel Leid erspart. Doch man kann nicht verleugnen das sowohl seine Eltern, als auch seine Liebhaberin oft falsch mit ihm umgehen. Ich fand den Beitrag absolut klasse und auch die Regisseurin absolut sympathisch und wortgewandt! Ein absoluter Knaller!
Marie Bernards

Bild: Live bei Knut Elstermann von radioeins. Foto: TSPV

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