Hilflos in einem fremden Land

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Kristinas Geschichte wirkt wie aus einem überzeichneten Roman. Eine Geschichte, wie es sie in der Wirklichkeit eigentlich nicht geben darf. Die 25-Jährige lebt normalerweise in Kiew, belegt dort einen Studiengang, ähnlich unserem Hotel- und Gaststättenmanagement. Und wie viele junge Leute, aufgewachsen in einer globalisierten Welt, möchte sie etwas von eben jener sehen. Vor fast 2 Monaten fliegt sie mit einer Freundin nach Dresden. Auf dem Plan stehen die üblichen Aktivitäten: Einkaufen, bummeln und natürlich: Sightseeing.

Das sie noch hier ist, grenzt an ein Wunder

kristina-2Aber es kam dann doch alles anders. Heute steht fest: Kristina hat akute Leukämie, zusätzlich leidet sie an einer Hepatitis B. Schon im Flugzeug ging es ihr schlecht, sagt sie: „Ich dachte, das liegt vielleicht am Flug, schließlich bin ich das erste Mal geflogen.“ Die Symptome ähneln anfangs einer vergleichsweise harmlosen Erkältung. Über einen Bekannten in Cottbus kommt sie in ein Gemeinschaftslabor im Cottbuser Süden, in dem auch die Mikrobiologin Inna Perkas arbeitet. „Ihr Zustand war zu diesem Zeitpunkt schlimm. Wir haben sie gebeten, ihren Namen und ihre Adresse aufzuschreiben. Das konnte Kristina aber schon nicht mehr.“ Die einfachsten Aufgaben fallen ihr schwer, der Laborbefund bringt dann die traurige Gewissheit: Leukämie. „Die Ärzte haben ihr zu diesem Zeitpunkt noch eine Woche gegeben“, so Inna Perkas weiter. „Dass sie jetzt, über 5 Wochen später noch hier ist, grenzt an ein Wunder.“

Das größte Problem ist die Mischung aus Leukämie und Hepatitis. „Normalerweise müsste man die Hepatitis behandeln, bevor man sich um die anderen Krankheiten kümmern kann. In dieser Zeit hätte der Blutkrebs sie allerdings umgebracht. Anders herum genauso.“ Man sieht Inna Perkas an, dass es ihr schwerfällt, darüber zu reden. Auch wenn sie Kristina vorher nicht kannte, ist sie seit der Diagnose an ihrer Seite geblieben. „Die Ärzte im Carl-Thiem Klinikum haben hier unglaubliche Arbeit geleistet.“

Das, so sind sich alle Beteiligten sicher, wäre ein Todesurteil

Wie lange diese gute Arbeit noch weitergehen kann, ist aber fraglich. Kristina ist in Deutschland nicht krankenversichert. Ist sie wieder einigermaßen stabil, droht ihr die Überführung in die von schweren Krisen und teilweise bürgerkriegsähnlichen Zuständen erschütterte Ukraine. Das, so sind sich alle Beteiligten sicher, wäre ein Todesurteil für die 25-Jährige. Freund und Familie sammeln nun Spenden. Auch aus der Ukraine haben sich viele Menschen daran beteiligt, über 2000 Ukrainische Griwna kamen so zusammen – umgerechnet gut 80 Euro. Die Kosten für die Behandlung hingegen werden auf bis zu 250.000 Euro geschätzt. Auch in Deutschland läuft die Spendensammlung nun an, eine Kirchgemeinde hat ein Konto eingerichtet, Medien berichten über den Fall, Flugzettel versuchen aufzuklären. Für Kristina hängt womöglich eine Sache davon ab, die zeitgleich alles bedeutet: Ihr Leben.

Sebastian Schiller

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