Innerstädtisch Visionen bauen – Helmut Rauer im Interview

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Die Neugestaltung der Meldehöfe mit dem gleichzeitigen Umbau der Kornbrennerei Gustav Melde zu einem Wohnhaus nähert sich dem Ende. Das Areal zwischen Karl-Liebknecht- und August-Bebel-Straße hat sich zu einem modernen Lebensraum mit industriellem Flair entwickelt. Fast alle Wohnungen sind inzwischen verkauft.
Wir sprachen mit dem Geschäftsführer der BAUTEC Cottbus, Helmut Rauer, über seine Vorstellungen vom Wohnen in der Innenstadt, Bomben im Keller und das nächste große Bauprojekt.

Baut lebenswert für alle Generationen: Helmut Rauer.

Baut lebenswert für alle Generationen: Helmut Rauer.

Herr Rauer, warum bauen Sie auf Arealen in der Cottbuser Innenstadt und nicht in den Dörfern ringsum, wo es sicher günstiger und einfacher ist?
Ich komme eigentlich aus Ruhland. Ich liebe aber Cottbus. Die Stadt. Die Region. Die Menschen. Ich finde, dass Cottbus eine wahnsinnig lebenswerte Stadt ist, der man nicht alles sofort gleich ansieht. Wir haben hier eine wunderschöne Innenstadt. Je schwieriger eine Baustelle ist, desto mehr Spaß macht es mir. So ein Gelände, wie die Meldehöfe, lassen unendlich viel Möglichkeiten der Entwicklung zu.

Wie groß ist eigentlich das Areal?
Etwa 17.000 Quadratmeter. Die Meldehöfe teilen sich mehrere Besitzer. Von der Gesamtfläche haben wir mehr als die Hälfte entwickelt.

Die Melde ist ein altes industriell genutztes Gelände. Bestand da nicht von vornherein auch die Gefahr, dass sich dessen Geschichte auf die Bautätigkeit auswirkt – denken wir bloß an den Bombenfund im vergangenen Jahr?
Eigentlich nicht. Die Melde wurde nach der Wende noch als Spirituosen-Fabrik geführt – sie war weder Munitionsfabrik noch Öllager, zwischendurch war sie auch mal eine Brauerei. Die Bomben, die hier gefunden wurden, waren einfach nach dem Krieg abgelagerter Müll. Es waren keine hier abgeworfenen Bomben.

Welche Visionen haben Sie vom innerstädtischen Bauen?
Lebenswert für alle Generationen. Alle unsere Wohnungen sind barrierearm. Wir haben den Spielplatz vor dem Haus. So viel Grün, wie nur irgend möglich. Ich mag Neubauflächen nicht, bei denen man keinen eigenen Fernseher braucht, weil man von seinem Balkon aus den des Nachbarn in dessen Wohnzimmer nutzen kann. Wir versuchen sehr großzügig zu bauen. In den Meldehöfen zum Beispiel haben alle Erdgeschosswohnungen einen kleinen Gartenanteil. Wir haben Käufer und Mieter aller Altersklassen. Von ganz Jung bis Fortgeschritten. Ich glaube, es fühlen sich alle wohl.

Besteht denn die Gefahr, dass das derzeit sehr offen angelegte Gelände doch noch weiter zugebaut wird?
Nein, die Gefahr besteht nicht. Hier kommt nichts mehr rein. Hier sind  Parkplätze, der Spielplatz und die Bäume. Das bleibt so.

Ein schöner alter Klinkerbau ist noch unbearbeitet. Was soll mit ihm geschehen?
Das Gebäude gehört mir nicht. Vielleicht finden wir eine gemeinsame Lösung mit dem Besitzer.

Was ist das besondere am Wohnen in den Meldehöfen?
Die Großzügigkeit. Man wacht früh auf und hört keinen Straßenlärm, keine Autos, nur Vogelgezwitscher. Das ist toll. Abends kann man auf seiner Terrasse, seinem Garten oder Balkon sitzen und hört absolut nichts, außer vielleicht Kinderlachen. Es ist einfach ein Traum. Das kann ich so ehrlich sagen, weil ich selbst hierher gezogen bin. Ich habe vor Kurzem noch im Grünen gewohnt und fühle mich hier jetzt schon zu Hause.

An wen richtet sich ihre Idee vom innerstädtischen Wohnungsbau?
Es sollte jemand sein, der in Cottbus bleiben möchte. Es gibt zwei Richtungen: Der klassische Eigennutzer, der irgendwo zur Miete wohnt und wenn er keine anderen  Anlagemöglichkeiten für sein Geld hat, sich sagt, ich kaufe eine Wohnung. Die Belastung nach dem Kauf ist dabei geringer als seine derzeitige Miete. Nach 15 bis 17 Jahren hat dieser Nutzer dann eine abgezahlte Wohnung und kann ganz entspannt seine Rente genießen. Der zweite ist der Anleger. Das sind Leute, die wissen, dass sie mit ihrem Geld derzeit wenig anstellen können. Sie kaufen die Wohnung und vermieten sie. Sie wissen, hier werden ordentliche, solide Mieten erzielt, die Kaufpreise sind in Ordnung. Es gibt eine Menge Leute, die hier schon geraume Zeit mit einer Wohnung Überschüsse erwirtschaften.

Ist innerstädtisches Wohnen für den normalen Cottbuser überhaupt bezahlbar?
Cottbus ist eine Insel der Glückseligkeit. Im Gegensatz zu Städten wie Berlin, Dresden oder Leipzig sind hier die Preise für Wohnungen um die Hälfte günstiger, bei fast ähnlichen Mieten. In Cottbus ist Wohnen im eigenen Heim so günstig wie nirgends sonst in einer ostdeutschen Großstadt.

Sie erschließen gerade ein neues Baugebiet, in der Wernerstraße..?
Ja. Neben dem großen städtischen Parkplatz werden wir auf 3700 Quadratmetern drei Häuser bauen mit je 13 Eigentumswohnungen, die sich in einer ähnlich guten Lage befinden, wie die Häuser der Meldehöfe: Einbahnstraße auf der einen Seite und nach vorn zur vielbefahrenen Bahnhofstraße steht bereits ein Riegel hoher Häuser, die den Lärm abfangen. Die Wohnungen sind noch kultur- und kneipennäher als die in den Meldehöfen, sie liegen im Theaterdreieck Piccolo, Kammerbühne und Großes Haus des Staatstheaters. Auch durch die Nähe zum Schillerpark gibt es hier eine traumhafte Wohnlage wie in den Meldehöfen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Heiko Portale.

Foto: TSPV

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