(K)ein fahrender Geselle

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Nils Stäfe singt im 1.Philharmonischen Konzert Gustav Mahlers Liederzyklus

 Nein, als fahrenden Gesellen sehe er sich nicht, antwortet Nils Stäfe auf eine entsprechende Frage, auch wenn er, der Bariton aus dem Staatstheater Cottbus, demnächst im 1. Philharmonischen Konzert der neuen Spielzeit die „Lieder eines fahrenden Gesellen” von Gustav Mahler im Arrangement von Arnold Schönberg  interpretieren wird. In Saalfeld geboren, sei Thüringen seine Heimat. Seit 2017 im Staatstheater Cottbus fest engagiert, räumt er ein, auch Cottbus hat für ihn jetzt Heimatliches. Ihn quäle nicht das Bedürfnis, seinen Wohnort oft zu wechseln. Er sei gern sesshaft. Wie die Handwerksburschen seit dem 12. Jahrhundert, um die Meisterurkunde zu erwerben, durch die Lande zu tippeln, sei seine Sache nicht.

 Anders ist es damit, in die Person des „fahrenden Gesellen” hineinzuschlüpfen. Als GMD Alexander Merzyn ihm die Rolle anbot, konnte er vielleicht ahnen, dass er auf offene Türen bezw. Ohren treffen würde, aber nicht wissen, dass Mahlers Lieder schon lange auf Stäfes Wunschzettel standen. „Schön dieses Zusammentreffen”, freut sich der Dirigent. „Mein Beweggrund war das Wissen, dass Nils Stäfe genau die richtige Stimme für diese Partie hat. Seit seinem großartigen Mandarin in ,Turandot‘, seiner ersten größere Solopartie in unserem Haus, weiß ich, was für ein guter Bariton er ist. Ich freue mich, ihn mit etwas  zu Gehör zu bringen, was er so in Cottbus noch nicht gesungen hat.”

Nils Stäfe

Der 32-Jährige liebt das Singen seit seiner Kindheit, seit ihn seine Eltern, da war er sieben, zu den  Thüringer Sängerknaben brachten. Dass er bald, auch noch als Kind, in Rudolstadt den 3. Knaben in Mozarts „Zauberflöte” spielen durfte, stellte die Weichen für den Beruf. Er hätte auch Arzt werden können. Aber er, der alles so genau nimmt, wie es in jeder Partitur steht, scheute sich vor Budgetwahnsinn und mangelnder Zeit für Patienten.

Alle Zeit der Welt bringt er für seine Konzertzuhörer auf, um sich auf seine Aufgaben vorzubereiten. So auch auf den „Fahrenden Gesellen”. Mahler hat diese Lieder einer unerfüllten Liebe  einer jungen schönen Sängerin hinterhergedichtet und -komponiert. Sein Wehklagen und Liebes- und Lebensschmerz stehen ebenso darin wie sein Traum und die Hoffnung auf eine Wende. Nils Stäfe über seinen Aneignungsprozess: „Ich musste mich in den Komponisten hineinversetzen, dann in die Gestalt, die er geschaffen hat, deren Stimmung und Gefühle. Dann suchte ich nach einer Antwort darauf: Wie wäre ich mit dieser Situation umgegangen, was wäre ich für ein Geselle gewesen? Danach kann ich aus Mahler, seinem und meinem Gesellen den Nils Stäfe machen.”

Einer Partie auf diese Weise Konturen zu geben, braucht es Erfahrungen. Die hat der junge Sänger. Noch als er an er Hochschule für Musik „Franz Liszt” Weimar studierte, klopfte das Erfurter Theater an seine Tür. Im 5. Semester erhielt er ein festes Engagement. Er gastierte – alles Thüringen! – auch in Nordhausen und Weimar in anspruchsvollen Opernpartien. Wenn man dann noch erfährt, dass er des öfteren in der Wiener Hofburg in Operettenprogrammen auftritt, mag man ihn   vielleicht nicht als fahrenden Gesellen, aber als fahrenden Sänger sehen. Dass er wie ein solcher viele Fans hat, versteht sich von allein. Er liebt die Operette: „Fantastisch, wie diese oft den Ernst auf die leichte Schulter nimmt. Wenn die Welt eine Operette wäre, wie wäre das Leben doch leicht!”

Nils Stäfe – ein Glücksfall für Cottbus. Aber warum verließ er die Musikbastion Thüringen? „Es war  in Erfurt eine wunderbare Zeit, die mir viel gegeben hat. Aber ich fühlte mich immer als Student. Da kam das Angebot aus Cottbus, von einem Staatstheater, zu dem ein anerkanntes Musiktheater gehört. Lange Zeit wurde ich hier vor allem im Chor gebraucht, ehe ich – wie wunderbar! – Solistenaufgaben erhielt.”  In Opern, Operetten, Konzerten ist er nun auch in Cottbus zu Hause. Eben doch eine Art „fahrender Geselle”, nur dass er nicht von Ort zu Ort, sondern von Genre zu Genre wandelt.

Und auch diese zwei Hobbys gehören zu Nils Stäfe: „Ich sitze gern in der Natur, im Wald oder an einem See. Was ich da beobachte, hilft mir, Musik zu verarbeiten und mir anzueigenen. Und dann bin ich auch ein Freund der Kulinarik – Na, das sieht man ja wohl.”

Klaus Wilke

Info

Konzert am 18. und 20. September.  Weiter im Programm: Vier Klavierstücke von Johannes Brahms, op. 119,  arrangiert von Detlev Glanert (*1960), und Arnold Schönbergs „Verklärte Nacht” nach einem Gedicht von Richard Dehmel.

 

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