Kleine Fahrradkirchentour um Cottbus

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Von Cottbus nach Dissen, Briesen und Werben

Im April freuen wir uns alle auf Ostern! So sind wir in dieser Frühlingsausgabe den kulturhistorisch wertvollen Gotteshäusern nahe Cottbus auf der Spur.  Vom Altmarkt bis nach Dissen radelt man auf Fahrradwegen entlang der Hauptstraße über Sielow etwa zehn Kilometer. Länger, dafür aber ein Naturgenuss, ist die Route entlang der Spree, auf halbem Wege zwischen Maiberg und Fehrow überqueren wir den Fluss und nähern uns Dissen von Norden.

Der Kirchenschlüssel wird im Heimatmuseum verwahrt. In der Fachwerkkirche gefallen die mit Pflanzenornamenten verzierten Deckenbalken und die Jesusbildergeschichte an der Empore mit deutsch-wendischen Sprüchen. Mitte der 1930er Jahre überlistete Pfarrer Bogumil Šwjela die braunen Machthaber. Für die Renovierung bat er um die Erlaubnis, zu beiden Seiten der Bilder kurze Texte anbringen zu dürfen. Dass jeweils einer in der verbotenen wendischen Version vorgesehen war, verschwieg Šwjela. Im April 1945 fanden Soldaten der Roten Armee in der Schule Hakenkreuzfahnen. Sie wurde wie die Pfarrscheune angezündet. Die Rotarmisten wollten anschließend auch die Kirche abfackeln, aber innen sahen sie slawische Buchstaben. Als die Texte ins Russische übersetzt waren, gab der Offizier den Befehl: Die Kirche bleibt stehen! Wer sich auch für wendische/sorbische Trachten interessiert, findet diese im Heimatmuseum neben der Kirche. Am 8.4. um 14 Uhr findet dort das beliebte sorbische Ostereierverzieren für jedermann statt.

Von Dissen radeln wir auf dem gelb markierten Wanderweg über vier Kilometer nach Briesen. Die Briesener Kirche trägt ein gotisches Gewand. Solide aus Backstein erbaut, schmückt ein Staffelgiebel die Ostwand. Bewunderungswürdig sind die farbigen Kalkmalereien aus dem Mittelalter. Eine Bilderbibel für die meist leseunkundigen Dörfler, bäuerlich und naiv, aber prall mit Leben gefüllt. So sieht man die guten Taten des Gottesvaters und die bösen Laster der Menschheit.

Durch eine gewölbte Pforte sind Menschen auf dem Weg zum Jüngsten Gericht. Sünder ziehen Grimassen und tragen Narrenkappen. Daneben bläst ein Dudelsackpfeifer, begleitet von einer lautespielenden splitternackten Frau – die Versuchung des Leiblichen – vielleicht war sie einer der Gründe für das spätere Übertünchen. Erst in den 1950er Jahren kamen die Fresken beim Renovieren wieder zum Vorschein, jüngst wurden diese fachmännisch wieder aufgefrischt.

Von Briesen gelangen wir auf dem Radweg über Guhrow nach Werben. Die spätgotische Backsteinkirche aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts besitzt einen markanten Zinnenkranz, der schon von weitem einen wehrhaften Eindruck vermittelt. Doch nur die Außenmauern sind noch original. Nach dem Einmarsch der Roten Armee im April 1945 beschoss die SS die Kirche, weil man dort einen gegnerischen Beobachtungsposten vermutetete, was aber keinen Brand auslöste. Niemand weiß heute, ob deutsche oder sowjetische Soldaten das Feuer legten, welches erst die Kirche und zehn Tage später auch den Turm zum Einstürzen brachte. Ab 1947 begann der Wiederaufbau, welcher 1962 vollendet war. Bänke und zwei umlaufende Emporen sind der alten Ausstattung nachempfunden, barocker Altar, Kanzel sowie Taufengel kamen aus der Kirche in Riedebeck bei Luckau nach Werben. Sehr dekorativ wirken die Deckenmalereien im Kirchenschiff mit Blumen und Gemüse: Dank schwarzer, humusreicher und grundwassernaher Böden galt Werben als das beste Gemüseanbaugebiet weit und breit! Spreewaldkoch Peter Franke war beim ersten Anblick begeistert und nannte sie scherzhaft unsere „Gemüsekirche“. Von Werben gelangen wir auf dem Radweg über Briesen oder vom östlichen Ortsausgang Werben über Ruben und Zahsow zurück nach Cottbus.

Text und Fotos: Kerstin & André Micklitza

INFO
Gesamtstrecke ca. 30 km

Kirchenbesichtigung Briesen: Anmeldung bei Frau Hotzkow, Tel. 035606/259.
Mai-Sept. sonntags 14-18 Uhr

Heimatmuseum und Kirche Dissen:
Di, Mi, Do 9-16 Uhr, ab Ostern auch Fr 9-15, Sa 11-15 und So (bzw. Feiertag) 13-17 Uhr oder nach Vereinbarung, Tel. 035606/256.

Kirche Werben: Offene Kirche ab Ostern bis zum Reformationstag

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